Microsoft flirtet mit Linux und Open Source

Mobile first, Cloud first

Unter dem aktuellen Geschäftsführer Satya Nadella verfolgt Microsoft eine neue Unternehmensstrategie, die unter dem Slogan „Mobile first, Cloud first“ bekannt geworden ist. Demnach kommt dem mobilen Markt eine genauso hohe Relevanz zu wie der Cloud-Sparte.
Auf der WSJD-Live-Konferenz des „Wall Street Journals“ vergangenen Oktober nahm Satya Nadella kein Blatt vor den Mund. Bereits auf dem Eröffnungsdinner gab er unverblümt zu, Microsoft habe „das Smartphone (als Trend) verpasst“, und fügte hinzu: „Da gibt es keinen Zweifel dran.“ Damit hat Microsoft einen weiteren guten Grund, sich in Bescheidenheit zu üben. Und das scheint dem Konzern auch ganz gut zu gelingen. Von Microsofts pragmatischer Grundhaltung zeugen unter anderem die Portierung des relationalen Datenbank-Management-Systems SQL Server auf Linux sowie ein neues Lizenzmodell.

Das Lizenzmodell von SQL Server

Mit der Portierung von SQL Server in der Version v.Next auf Linux macht Microsoft auch vor den eigenen Kronjuwelen nicht mehr Halt.
Die Bezeichnung SQL Server v.Next on Linux suggeriert zwar, dass es sich bei der Software um eine native Linux-Applikation handelt, doch das ist nicht der Fall. SQL Server läuft in einem isolierten Container, den Microsoft auf den Namen Drawbridge getauft hat. Hierbei kommt ein Windows-Kernel innerhalb einer geschützten Container-Umgebung zum Zug. Diese kommuniziert mit dem Linux-Host-Betriebssystem über die Drawbridge-API.
“Microsoft liebt Linux. 33 Prozent von Azure sind bereits Linux. Für Linux werden wir immer erstklassige Unterstützung bieten.„
Satya Nadella
CEO von Microsoft
Microsoft möchte also offenbar die Relevanz der Windows-Plattform nicht infrage stellen. Vielmehr geht es dem Un­ternehmen darum, sich Marktanteile in der Linux-Welt zu sichern, ohne das bestehende Windows-Ökosystem zu schwächen.
Die Anwender von SQL Server dürfen sich auf ein neues Lizenzierungsmodell freuen. Microsoft strebt eine vollständige Funktionsparität zwischen SQL Server auf Windows Server sowie auf Linux an, aber auch zwischen den Editionen Standard, Developer und Enterprise. So müssen Unternehmen sich nicht mehr darauf beschränken, nur für die kostengünstige Standard-Version von SQL-Server zu entwickeln, da nun alle Funktionen in allen Versionen zur Verfügung stehen. Bisher achteten Firmen aus Kosten- und Praktikabilitätsgründen häufig darauf, lediglich für den kleinsten gemeinsamen Nenner der verschiedenen Editionen zu programmieren. Programmier-Code, der die kostspielige Enterprise-Edition vo­raussetzt, nutzen nur wenige Unternehmen.

Microsoft möchte in die Rechenzentren

Microsoft möchte in den Rechenzentren im grossen Stil Fuss fassen, deshalb hat das Unternehmen sein Lizenzmodell neu konzipiert. Erstmals kommt SQL Server Standard in den Genuss von Funktionen der Enterprise-Version wie In-Memory-Datenbanktransaktionen, Data Warehousing und transparente Datenbankverschlüsselung. Die Unterschiede zwischen der Standard- und der Enterprise-Version beschränken sich jetzt nur noch auf Leistungsmerkmale wie die Anzahl der erlaubten CPU-Kerne, den maximal unterstützten Speicher, die Hardware-Skalierung oder die Lizenzierung für virtuelle Maschinen.
Von SQL Server auf Linux erhofft sich Microsoft zweierlei: Mittelständischen Unternehmen, die ihre IT unter Linux betreiben, wird der Einstieg ins Microsoft-Ökosystem schmackhaft gemacht. Diesem Ziel dient die erwähnte Funktionsparität. Ausserdem hegt Microsoft die Hoffnung, dass die Verfügbarkeit von High-End-Funktionen von SQL Server Enterprise in der Standard-Edition die Loyalität auf der Anwenderseite stärkt.
Zurzeit ist Windows SQL Server für Linux erst als Public Preview verfügbar. Doch die praktischen Implikationen für die Unternehmens-IT sind bereits abzusehen: Mit SQL Server v.Next auf Linux hat Microsoft eine crossplattformfähige Datenbank geschaffen, die betriebssystemübergreifend sowohl in On-Premise-Umgebungen als auch in einer beliebigen Cloud läuft. Der Software-Konzern hat damit offenbar eine leistungsstarke und dabei erschwingliche Alternative zu Oracle im Sinn.




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