Cisco, Microsoft & IBM
18.12.2014, 11:54 Uhr
Neue Cloud-Tools für die Bürokommunikation
Cisco, Microsoft und IBM bringen neue Versionen von Kommunikationsplattformen für Business-Kunden auf den Markt, die einen tiefgreifenden Wandel anzeigen. com! zeigt welchen.
Neue Wege in der Bürokommunikation: Mehrere Hersteller haben in den vergangenen Tagen und Wochen ihre Kommunikationsplattformen für Business-Anwender präsentiert, die sie zum Grossteil aus der Cloud als Software as a Service anbieten.
Allen gemein ist, dass sie Funktionen aus sozialen Netzwerken in ihre Angebote einbinden – auf diese Weise sollen vor allem jüngere Anwender in Unternehmen für die Systeme begeistert werden. Ein aktuelles Beispiel ist Project Squared, das Cisco auf seiner Hausmesse Cisco Connect Mitte November in Berlin vorstellte.
Auf den ersten Blick erinnert Project Squared stark an Circuit von Unify, das erst vor wenigen Wochen offiziell gelauncht wurde und früher unter dem Namen „Project Ansible“ bekannt war. Auch Project Squared kombiniert Funktionen für Chat, Audio, Video, Meetings und Content Sharing in einer Plattform.
Anwender können so – auch firmenübergreifend – die einzelnen Funktionen nutzen, wobei die Lösung entweder über eine App auf mobilen Endgeräten oder direkt im Browser verfügbar ist. Cisco nutzt hier den Standard WebRTC, die Echtzeitkommunikation über den Browser, die auch bei Unifys Kommunikationsplattform Circuit zum Einsatz kommt.
Anders als bei Circuit lässt sich Project Squared schon heute mit weiteren Business-Anwendungen kombinieren. Dazu gehört beispielsweise WebEx von Cisco, aber auch das Collaboration-Tool namens Box vom gleichnamigen US-Hersteller. Weiterhin bietet Cisco für Project Squared bereits von Beginn an Apps für Apple iOS und Android an. Unify hat sich im ersten Schritt auf iOS beschränkt, Android-Geräte sollen im nächsten Jahr ebenfalls eingebunden werden können.
Das System unterstützt Chrome, Firefox und Safari, Sprach- und Videoübertragungen mit HTML5 sind indes nur mit Firefox möglich. Beim Thema Sicherheit gewährleistet der Hersteller nach eigenen Angaben eine garantierte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung über die Cisco-Collaboration-Cloud-Plattform.
Zum Start bietet Cisco Project Squared unter http://projectsquared.com ab sofort als kostenlose Testversion an. Weitere Funktionen sollen folgen, voraussichtlich wird es dann auch eine kostenpflichtige Version geben.
Microsoft mit Skype for Business statt Lync
Neben Cisco und Unify stellt sich auch Microsoft im Markt für Bürokommunikation neu auf – und nennt seine UCC-Plattform Lync künftig „Skype for Business“. Die Umstellung soll in der ersten Jahreshälfte 2015 erfolgen und einige Neuerungen mit sich bringen, ohne dabei Lync-Funktionen zu entfernen.
So soll die Bedienoberfläche mehr dem klassischen Skype ähneln. Darüber hinaus wird Skype for Business künftig auch Videotelefonie unterstützen und zu herkömmlichen Skype-Konten kompatibel sein. Anwender in Unternehmen können so auch mit Partnern oder Kunden kommunizieren, die das herkömmliche Skype verwenden.
Gleichzeitig hat Microsoft angekündigt, sein Software-Angebot aus der Cloud – Office 365 – weiter auszubauen. Anwender können künftig Videoinhalte aus dem Web bereitstellen und mit anderen teilen. Office 365 Video basiert auf SharePoint Online und Azure Media Services (AMS). AMS soll dabei dafür sorgen, dass sich die Videos unabhängig vom Endgerät betrachten lassen – und sie auch an die zur Verfügung stehende Bandbreite angepasst werden. Dieser Dienst dürfte ebenfalls im ersten Halbjahr verfügbar sein.
IBM will mit Verse die E-Mail neu erfinden
IBM wiederum will mit „Verse“ nichts Geringeres, als die E-Mail neu erfinden und „fit für die Zukunft der Arbeit machen“. Dabei ist Verse weit mehr als ein Mail-System: Das User Interface fasst verschiedene Kommunikationswege zusammen, dazu gehören beispielsweise Meeting, Kalender, Instant Messaging, Social Media, Videochat – und natürlich auch noch E-Mails.
Um die Nutzer bei der Priorisierung der Nachrichten zu unterstützen, hat IBM Verse darüber hinaus eine Analytics-Funktion spendiert. Diese soll nach einiger Zeit die Vorlieben und Prioritäten des jeweiligen Anwenders „lernen“ und so die Vorschläge verbessern.
Auch wird Verse aktuelle Informationen zu laufenden Projekten oder Teammitgliedern liefern. Weiterhin unterstützt Verse unterschiedliche Endgeräte – sowohl stationär als auch mobil.
Angeboten wird das System aus der Softlayer-Cloud von IBM, derzeit befindet sich Verse noch im Beta-Test und ab Ende des ersten Quartals 2015 soll die Lösung dann über den IBM Cloud Marketplace und Partner verfügbar sein. Die Preise stehen noch nicht fest.
Business-Kommunikation im Wandel
Die Business-Kommunikation verändert sich – wie dramatisch dieser Wandel allerdings ausfallen wird, ist noch offen. Denn es wird weiterhin einen Kundenkreis für traditionelle Lösungen geben, warum beispielsweise sollte die Buchhalterin eines Schreiners künftig hipp und cool via WebRTC mit einem Kunden telefonieren?
Viele Anwender sind nicht Technik-affin, sie wollen schlicht den Hörer in die Hand nehmen und eine Nummer wählen. Dennoch wäre es falsch, die neuen Angebote mit einem Schulterzucken abzutun – und vor allem die aktuelle Entwicklung zu ignorieren. Denn neben der besagten Buchhalterin gibt es auch viele Anwender, die privat all die Gadgets nutzen und nur auf die Dienste warten, die Circuit oder Squared nun auch für das Business anbieten.
Innovative Lösungen künftig primär über die Cloud
Unsere Schwester com! professional sprach mit Andreas Stiehler vom Beratungs- und Analyseunternehmen PAC über die neuen Lösungsansätze und künftige Trends.
Andreas Stiehler: Principal Analyst Connected Enterprise bei PAC
Andreas Stiehler: Sie stellen die Zusammenarbeit als solches und nicht einzelne Technologien in den Fokus – mit dem Ziel, die User Experience signifikant zu verbessern. Es geht hier nicht um eine neue Lösung für Web- und Videokommunikation, sondern darum, Zusammenarbeitsszenarien ganzheitlich, mit Möglichkeiten der Echtzeitkommunikation genauso wie mit klassischen Collaboration-Werkzeugen zu unterstützen. Damit entsteht eine neue Generation von Arbeitsplatz–Lösungen, die noch grosses Potenzial für viele weitere Funktionen und Möglichkeiten hat.
In welche Richtung werden sich die Lösungen weiterentwickeln?
In welche Richtung werden sich die Lösungen weiterentwickeln?
Stiehler: Ich sehe insbesondere die Integration von Geschäfts-, Dokumenten- sowie Projektmanagement-Anwendungen, auch von sogenannten Third-Party-Anbietern, als grosse Chance. Cisco hat bei Project Squared ja bereits die Möglichkeit angekündigt, dass der Storage-Dienst Box eingebunden werden kann. Ich bin davon überzeugt, dass durch die Kombination verschiedener Lösungen künftig ein neues Eco-System entsteht, dass die Business-Kommunikation einschlägig verändern wird.
Die Plattformen werden aus der Cloud angeboten. Das Modell der Zukunft?
Die Plattformen werden aus der Cloud angeboten. Das Modell der Zukunft?
Stiehler: Kommunikations-Tools aus der Cloud zu beziehen, hat signifikante Vorteile – vor allem wenn man den Rollout von neuen Systemen und auch deren Updates in Betracht zieht. Die Entwicklungszyklen im Kommunikationsbereich haben sich verändert. Plante man früher in Jahresschritten für ein neues System oder Updates, so sprechen wir heute von Monaten oder gar Wochen. Innovative Lösungen werden künftig zuerst und primär über die Cloud bereitgestellt.
Dennoch lehnen viele Unternehmenskunden Cloud-Services ab …
Dennoch lehnen viele Unternehmenskunden Cloud-Services ab …
Stiehler: Ja, natürlich. Und diese Bedenken dürfen nicht wegdiskutiert, sondern müssen ernsthaft adressiert werden. Dazu zählt auch, Partner verstärkt in die Vermarktung einzubeziehen. Angestammte Systemhäuser und Integratoren haben die grössten Chancen, als Cloud-Vertragspartner von den Kunden akzeptiert zu werden. Das zeigt auch unsere jüngste Studie zum Thema.
Und die traditionellen Lösungen – haben die künftig noch eine Chance?
Und die traditionellen Lösungen – haben die künftig noch eine Chance?
Stiehler: Kurz- und mittelfristig werden sie sicher noch die wichtigste Säule in den Verkäufen darstellen. Jedoch sollten sich die Hersteller und auch die Dienstleister darauf einrichten, dass sich mit diesem neuen Lösungstyp auch der Wettbewerb öffnet und sich die Kräfteverhältnisse im Markt ändern werden.