Fachkräfte finden und entwickeln
25.01.2023, 10:05 Uhr
Grosse Erwartungen an HR & Recruiting
Die Personal-Abteilungen sind zum Schlüsselfaktor für den Unternehmenserfolg geworden. Sie müssen sich wandeln und neue Aufgaben wahrnehmen.
Zu all den Krisen, mit denen sich Unternehmen derzeit herumplagen müssen, kommen weitreichende Herausforderungen im Personalsektor: Kurzarbeit und Homeoffice haben die Unternehmensbindung gelockert, hybrides Arbeiten hat ungeahnte Erwartungen an die Work-Life-Balance geweckt, Personal- und Fachkräftemangel lähmen ganze Branchen.Die Human-Resources-Abteilungen müssen nicht nur geeignete Mitarbeiter finden, sondern auch dafür sorgen, dass sie dem Unternehmen lange erhalten bleiben.
Aufgaben für HR
Wieland Volkert ist Country Manager Central Europe & Netherlands bei UKG. Die Ultimate Kronos Group ist ein Technologieunternehmen, das Dienstleistungen in den Bereichen Workforce-Management und Human-Resources-Management anbietet. Seine Lagebeurteilung fällt kritisch aus: «Die Unternehmen müssen sich gerade mehreren Herausforderungen gleichzeitig stellen. Zum einen dem eklatanten Fachkräftemangel, der in Zukunft noch zunehmen wird. Die Babyboomer gehen in Rente und hinterlassen eine Lücke, die sich auf absehbare Zeit kaum füllen lässt. Zum anderen sehen wir gleichzeitig – bedingt durch die Pandemie –, dass Arbeitnehmer den Wert von Arbeit radikal anders definieren.» Es gehe vermehrt um Werte wie Sinnfindung, Selbstbestimmung und Nachhaltigkeit, und das quer durch alle Altersgruppen.
Hinzu kommt: Mitarbeitende wollen heute, dass die Unternehmen auf ihre individuelle Lebenssituation eingehen. Haben sie früher das Privatleben um die Arbeit herum organisiert, geht es jetzt darum, Leben und Arbeit so zu gestalten, dass sich beides gut in Einklang bringen lässt.
«Die Beschaffung von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und die Reaktion auf Beschaffungsversuche von anderen Unternehmen bei unserer Belegschaft gehören derzeit zu den grössten Herausforderungen in der HR-Branche», meint deshalb Christian Diestelkamp, Senior Consultant und Mitglied der Geschäftsleitung bei Abat, einem SAP-Dienstleister und Produktanbieter, der sich vorwiegend auf die Sektoren Automotive, diskrete Fertigung und Logistik spezialisiert hat. Ziel müsse es sein, Abwerbeangebote von anderen Unternehmen in vielerlei Hinsicht unattraktiv erscheinen zu lassen.
Auch Kristina Gerwert, Leiterin Human Resources beim Dortmunder IT-Dienstleister Adesso, zählt den Fachkräftemangel zu den grössten Herausforderungen für ihr Aufgabengebiet. Sie weist darüber hinaus auf die digitale Transformation des HR-Managements als weiteren Stressfaktor hin und fordert: «Human Resources muss eine Balance zwischen den Anforderungen von New Work und Mitteln zur Mitarbeiterbindung finden. Flexible Arbeitsgestaltung und räumliche Freiheit dürfen der emotionalen Bindung von Mitarbeitenden zum Unternehmen nicht im Weg stehen.»
Social-Media-Recruiting
Unter dem Begriff Social-Media-Recruiting sind alle personellen Massnahmen zusammengefasst, bei denen Unternehmen soziale Netzwerke nutzen. Neben den bekannten Plattformen wie Facebook, Instagram und Youtube und Karriere-Netzwerken wie Xing und Linkedin gehören dazu auch Diskussionsforen oder Dienste, die nur in speziellen Branchen bekannt sind.
Das Arsenal des Social-Media-Recruitings umfasst passive Massnahmen wie die Pflege eines Karriereportals, aber auch die Moderation von Communities und die aktive Suche und Ansprache von Kandidaten. Die Vorteile liegen in der schnellen und unkomplizierten Kommunikation mit potenziellen Kandidaten. Zudem können diese sich via Mobile Recruiting schneller bewerben, was die viel zitierte Candidate Experience verbessert. «Social Media wird in jeder Hinsicht eine wichtige Rolle übernehmen», ist Volkert überzeugt. «Für die Imagepflege, Positionierung oder Direktansprache sind Plattformen wie Xing oder Linkedin heute nicht mehr aus dem Personalwesen wegzudenken. Die Plattformbetreiber arbeiten kontinuierlich daran, zusätzliche Services rund um die Rekrutierung anzubieten.»
«Recruiter müssen dort aktiv sein, wo sich potenzielle Fachkräfte ohnehin tummeln», sagt Kristina Gerwert. «Besonders erfolgreiches Social-Media-Recruiting betreiben Unternehmen, die ihre eigenen Mitarbeitenden als Markenbotschafter einspannen. Sie geniessen grosses Vertrauen in ihren Netzwerken und öffnen mit ihren Social-Media-Aktivitäten Türen zu Talenten, die der HR-Abteilung verschlossen bleiben.»