Serie, Teil 1
17.10.2015, 08:45 Uhr
Conversion-Optimierung: So werden aus Besuchern Kunden
A/B-Testing gilt als Mittel der Wahl, um den Effekt von Optimierungsmassnahmen zu messen. Ohne langfristige Planung verpufft jedoch die Wirkung der Experimente.
(Quelle: shutterstock.com/Danang Setiawan)
von André Morys, Geschäftsführer WebArts
Die Harvard-Psychologin Ellen Langer kam 1978 zu einem interessanten Forschungsergebnis: Menschen, die ohne Nennung von Gründen darum bitten, in einer Schlange am Kopierer vorgelassen zu werden, haben eine 60-prozentige Erfolgschance. Liefern sie zudem eine Begründung für ihren Wunsch, erhöht sich diese auf 94 Prozent. Selbst eine irrelevante Begründung führte in 93 Prozent der Fälle dazu, vorgelassen zu werden.
Die Beobachtung von Ellen Langer ist eines von vielen bekannten irrationalen Verhaltensmustern und wird als "Reason Why"-Effekt bezeichnet. Auch im Internet werden Erkenntnisse aus der Psychologie häufig genutzt, um die Besucher zur Conversion zu animieren. In der Praxis wird A/B-Testing eingesetzt, um herauszufinden, welche Auswirkung das eingesetzte Element auf das Nutzerverhalten hat. Der Reisevermittler Booking.com etwa nennt gute Gründe, seine Seite zu nutzen. Ein solches Element steht nicht zufällig auf der Seite, es ist Ergebnis vieler Tests.
Realistische Ziele als Fundament für den Erfolg beim A/B-Testing
Der "Reason Why"-Effekt wurde erst kürzlich im A/B-Testing des Versandhändlers Frontlineshop überprüft. Was in der Psychologie "Begründung" genannt wird, heisst im Marketingjargon "Value Proposition". Der korrekte Einsatz solcher "Value Propositions" auf der Website des Modehändlers (Nennung einer Hotline-Telefonnummer und Hinweis auf Zusammenarbeit mit anerkannten Logistikpartnern) führte zu einem signifikanten Anstieg der Bestellungen in Höhe von 15,57 Prozent.
Solche Ergebnisse sind keine Zufallstreffer, sondern oft Resultat eines geplanten Vorgehens. Viele Unternehmen nutzen bisher gelegentlich A/B-Testing, um die eine oder andere Idee zu überprüfen. Kommt A/B-Testing jedoch im Rahmen eines auf Kontinuität ausgerichteten Optimierungsprogramms zum Tragen, wird es zum bedeutsamen Element einer Wachstumsstrategie.
Denn die Aufgabe eines Verantwortlichen für die Optimierung - nennen wir ihn "Head of Conversion Optimization" - besteht darin, diesen Effekt zu skalieren und einen möglichst optimalen ROI zu liefern.
Möglichst viele verschiedenartige Optimierungsrunden durchführen
Konkret bedeutet dies: Er sollte möglichst viele verschiedenartige Optimierungsrunden durchführen lassen. Nur so ist die Wachtsumskurve des Unternehmens positiv zu beeinflussen. Von der ersten Idee bis zum Abschluss des A/B-Testings vergingen beim Frontlineshop-Beispiel rund 6 Wochen - am Ende konnte die Variante der Seite, die sich in den Tests als stärkste herausgestellt hatte, per Knopfdruck "ausgerollt" und so der Uplift realisiert werden.
Ausgehend von dem Gedanken, dass sich diese Erfolge wiederholen lassen, stellen sich aus Planungssicht eine Reihe von Fragen: Ist der Uplift aus dem Frontlineshop beispielhaft für eine valide und realistische Zahl von E-Commerce-Optimierungen? Wie hoch ist die Erfolgsquote? Wie viele solcher Optimierungsrunden lassen sich pro Jahr durchführen? Wie hoch ist der kumulierte Effekt?
Fehlende eigene Erfahrungswerte
Vielen Unternehmen fehlen eigene Erfahrungswerte für ihre Planung und damit belastbare Daten für ihre Investitionsentscheidung. Doch Tools und Ressourcen für ein effektives Conversion-Optimierungsprogramm kosten Geld. Die Investition muss folglich einem erwartbaren Nutzen gegenübergestellt werden.
Strategische Grundlage für ein effektives Optimierungsprogramm sind zunächst klar definierte Ziele. Ein häufiges Versäumnis vieler Unternehmen ist, dass unterschiedliche betriebswirtschaftliche Szenarien und die damit verbundenen Investitionen und Ziele nicht sauber untersucht und entsprechend umgesetzt werden.
Booking.com nutzt den "Reason why"-Effekt und nennt Argumente
Quelle: booking.com