Anschlussnetze in der Schweiz
Kupfer lebt weiter
Seit Ende der 1990er-Jahre hat sich das Anschlussnetz («letzte Meile») massiv weiterentwickelt. Hier fallen etwa 80 Prozent aller Netzinvestitionen an. Um sie zu schützen, leben auf dem Teilnehmeranschluss die guten alten Koaxialkabel der Kabelnetzbetreiber sowie die Kupferdoppeladern der traditionellen Telkos weiter. Trotzdem ist das Glasfaserkabel bei beiden längst in die Quartiere vorgedrungen, wenn auch noch nicht überall. Breitbandige Videoanwendungen (Internet-Fernsehen [IPTV], Videostreaming, Online-Spiele etc.) heizen den Geschwindigkeitsbedarf im privaten Sektor gewaltig an. Breitbandige Anschlussnetze begegnen dem stetig steigenden Bandbreitenbedarf wirksam. Dabei verfahren die Netzbetreiber meist zweigleisig. Die Glasfaserkabel werden möglichst nahe an die Gebäude geführt, etwa zum Quartierverteiler oder zum nahen Kabelschacht. Von dort aus wird das bestehende Koaxial- respektive Kupferkabel weiterverwendet, wodurch die Hausinstallationen weitgehend unangetastet bleiben.
Kompensation von Störsignalen
In den Städten beflügeln Glasfaserkabel die Übertragungsgeschwindigkeiten (mit FTTH bis zu 10 Gbit/s symmetrisch). Denn für urbanen oder stadtnahen Wohnraum besteht eine ungebremste Nachfrage, während etwa ein Drittel aller Geschäftsliegenschaften leer stehen. Vor allem in ländlichen Gemeinden arbeiten Glasfasern im Verbund mit möglichst kurzen Kupferanschlussleitungen. Auf diesen letzten 100 Metern erhöhen neuere Übertragungsverfahren wie beispielsweise das Vectoring oder G.fast die Datenströme und bieten in der Praxis einige Hundert Mbit/s.
Vectoring kam 2016 erstmals bei Swisscom und A1 in Österreich mit Fibre To The Curb (FTTC) auf der Kupferstrecke zum Teilnehmer zum Einsatz (Curb, engl.: Bordsteinkante). Danach folgten British Telecom (BT), Fastweb (Italien), Belgacom und einige private Netzbetreiber in Deutschland. Hier gelangen die Glasfaserkabel von der Anschlusszentrale bis zu einem Quartierverteiler.
Beim Vectoring werden Störsignale wie Rauschen oder Nebensprechen durch künstliche Aufschaltung von Kompensationssignalen eliminiert. Dazu sind aufwendige Berechnungen in Echtzeit erforderlich. Nach der Ermittlung der Störsignale werden diese mit Gegenwellen weitestgehend eliminiert. Vectoring wird auf Kupferleitungen bei einer Distanz von bis zu 500 Metern eingesetzt und bietet rund 100 Mbit/s (Downstream). Je grösser die Distanzen, desto tiefer sind die erzielbaren Bandbreiten und je höher die Störeinflüsse.
Autor(in)
Rüdiger
Sellin