Mensch und KI arbeiten Hand in Hand
Beispiel 3: Wartung ohne Warten
Eng verzahnte Produktionsprozesse müssen absolut reibungslos ablaufen, denn schon die geringsten Störungen schlagen unmittelbar unliebsam auf die Versorgungskette durch. Systeme von derart hoher Komplexität sind für Menschen längst nicht mehr überschaubar. Dabei bergen viele Wertschöpfungsketten erhebliche Potenziale für eine höhere Produktivität und/oder geringeren Verschnitt. Doch nur die wenigsten Unternehmen loten diese Potenziale voll aus. Mit der «ergänzenden Intelligenz» kognitiver Systeme können viele Firmen diesem Ziel näherkommen.
Wie das geht, macht zum Beispiel BASF in Texas vor. Im Jahr 2019 wurde dem Management klar, dass deren unternehmenskritischen Öl- und Gasanlagen quasi mit angezogener Handbremse liefen. Ausfälle der Ausrüstung drohten, die Produktivität der gesamten Wertschöpfungskette zu dämpfen. BASF entschied daher, im Werk in Beaumont ein neues Umspannwerk zur Energieverteilung zu bauen. Dem Management war dabei die überragende Bedeutung datengesteuerter Dienste für die Produktivität der Anlage bewusst. Den Zuschlag für die Modernisierung des Standorts bekam der französische Elektrotechnikkonzern Schneider Electric. Im Rahmen der Modernisierung führte Schneider Electric eine Industrial-Internet-of-things-gestützte Lösung ein, die einen Überblick über den Zustand der wichtigsten Stromverteilungsanlagen des Standorts samt der Fähigkeit zur Fernwartung bietet. Mithilfe fortgeschrittener IIoT-Sensorik konnte BASF über 100 Variablen pro Anlage erfassen; die Messwerte fliessen kontinuierlich in Schneider Electrics Cloud-Plattform EcoStruxure ein. Diese greift dem Fachpersonal auf Basis von Big-Data-Analytics und Künstlicher Intelligenz mit Informationen über den Zustand der Anlagen unter die Arme. Stichwort: Prescriptive Maintenance - handlungsempfehlende Wartung. Anhand von kumulierten Erfahrungswerten aller Installationen kann EcoStruxure Asset Advisor anfallende Wartungsarbeiten punktgenau vorhersagen. «EcoStruxure Asset Advisor hilft uns, katastrophale Ausfälle zu verhindern», freut sich Lee Perry, Electrical Design Engineer bei BASF in Texas. Durch den Wegfall ungeplanter Produktionsstopps habe BASF seit der Inbetriebnahme der Lösung rund
1 Million Dollar pro Tag an Kosten eingespart.
1 Million Dollar pro Tag an Kosten eingespart.
“Ich bin Optimist. Augmentation, also die Zusammenarbeit von Maschinen und Menschen, ist in Zukunft wahrscheinlicher als [rein KI-getriebene] Automatisierung.„
Thomas Davenport, Professor am Fachbereich Technology, Operations and Information Management (TOIM), Babson College
Laut Schneider Electric geht bei Wartungsarbeiten meist «der halbe Dampf in die Pfeife», was so viel heisst wie: Mindestens jede zweite Minute entfällt auf nicht wertschöpfende Aktivitäten, etwa die unproduktive Suche nach Informationen wie Betriebsdaten oder Montageanleitungen. Für Wartungsarbeiten hat Schneider Electric die beiden Lösungen EcoStruxure Augmented Operator Advisor und Machine Advisor entwickelt, die moderne Konnektivität, KI/ML und Augmented Reality nutzen.
EcoStruxure Augmented Operator Advisor setzt unter anderem auf AR-Visualisierungen. Benutzer können etwa Schaltschranktüren auf einem Tablet virtuell öffnen. EcoStruxure Machine Advisor wiederum verleiht Geräten von OEM-Maschinenbauern Fähigkeiten zur weltweiten Standortverfolgung sowie zur Fernüberwachung und Fernwartung ihres bei Kunden installierten Maschinenparks per Augmented Operator Advisor. OEM-Partner von Schneider Electric könnten so neue Einnahmequellen aus ihren Maschinendaten erschliessen.
«Menschliche Expertise, kombiniert mit vernetzten Datenquellen und Analytics-Werkzeugen, erlaubt es, Probleme zu lösen noch bevor sie entstanden sind», bringt Kevin Brown, SVP, EcoStruxure Solutions und CMO bei Schneider Electric, die Vision auf den Punkt. Sofern genügend hochwertige und aktuelle Big-Data-Bestände vorlägen, könne BI-Software wie EcoStruxure zeitnahe Einblicke in die Abläufe und andere Entscheidungshilfen liefern.
Deutsche Unternehmen können mit den nötigen Voraussetzungen bereits aufwarten. Laut Bundeswirtschaftsministerium sind rund 60 Prozent mit ihren Geschäftskunden digital vernetzt, jedes dritte Unternehmen nutzt «Smart Services», jedes fünfte Big Data.