Kundenmeinungen 02.03.2015, 19:34 Uhr

Bewertungsportale: Pro und Contra

Sollten Geschäfte ihre Kunden gezielt dazu auffordern, sie auf Bewertungsportalen positiv zu bewerten? Oder verfälscht dies das Bild für die Meinungsbildung?
Zufriedene Kunden
(Quelle: Shutterstock.com/docstockmedia)
Ärzte und Arbeitgeber, Reiseanbieter und Restaurants, Handwerker und Haarstylisten: So gut wie jede Berufsgruppe wird inzwischen auf Bewertungsportalen beurteilt. Entsprechend gedeiht im Web eine Vielzahl von Plattformen, auf denen die User ihre Erfahrung zu allen möglichen Produkten, Dienstleistern und Marken äussern können.
Knapp 75 Prozent der Internet-Nutzer haben auf einem der Bewertungsportale schon einmal eine Online-Bewertung abgegeben. Die Plattformen nehmen damit in der Meinungsbildung eine dominante Rolle ein. Schon immer war die ­persönliche Empfehlung wichtig, die Bewertungsportale haben ihr aber jetzt eine völlig neue Reichweite beschert.
Die Mehrheit der User bleibt bei ihren Bewertungen fair - sie will niemanden in die Pfanne hauen, sondern anderen Usern Orientierung geben. Entsprechend fallen die Kritiken auf den Bewertungsportalen überwiegend wohlwollend aus.
Fehlen allerdings kritische Töne, wirkt dies auch wieder verdächtig. Es ist der Mix aus unterschiedlichen Meinungen und Eindrücken, der ­eine nützliche Entscheidungsgrundlage darstellt. "Es ist unwahrscheinlich, dass Geschäfte ausschliesslich posi­tive Bewertungen erhalten, weil man nicht 100 Prozent seiner Kunden zu 100 Prozent zufriedenstellen kann", sagt Maximilian von Garnier, Manager beim Bewertungsportal Yelp.
"Ein Geschäftsinhaber sollte sich immer bewusst machen, dass dasselbe Detail möglicherweise von dem einen Kunden positiv wahrgenommen und von dem anderen als störend empfunden werden kann." Beide Rückmeldungen auf Bewertungsportalen seien wichtig, um einen authentischen Gesamteindruck zu vermitteln.
Dies spricht dafür, Kunden nicht zu einer Bewertung zu drängen, damit das Bild möglichst authentisch ausfällt. Andererseits aber warnen Marketingexperten wie Susanne Büttner davor, alles dem Spiel der freien Kräfte zu überlassen.
Denn dann kann die schlechte Bewertung eines einzelnen verärgerten Kunden ein ganzes Profil auf einem Bewertungsportal verhageln. Ihr Tipp deshalb: Positiv eingestellte Kunden sofort zu positiven Bewertungen anhalten - gewissermassen als vorbeugende Massnahme.

Pro: Positives Image sorgt für den meisten Umsatz

Susanne Büttner
Susanne Büttner
Expertin für Trust-Marketing und Inhaberin der Agentur Büttner Marketing, Unterschleissheim
www.susannebuettner.de
Quelle: www.susannebuettner.de
 Sorgen Sie für begeisterte Kunden und bitten Sie diese proaktiv um Referenzen und Online-Bewertungen. Und das aus vier Gründen:
1. Gute Bewertungen steigern den Umsatz. Unterschätzen Sie nicht die Macht der Sterne. Produkte mit guten Bewertungen werden öfter gekauft. Produkte, Marken und Leistungen mit schlechten Bewertungen haben es oft schwerer oder unterliegen einem Preiskampf.
2. Gute Bewertungen erhöhen Ihre Reputation. Positive und viele Bewertungen spiegeln ein Image wider. ­Einen guten Ruf, kann man sich nicht kaufen. Man muss ihn sich erarbeiten. Viele begeisterte Kunden sind das ­Ergebnis einer gelebten Kultur und Ihrer Werte. Dies lässt sich schwer von der Konkurrenz kopieren.
3. Gute Bewertungen stärken das Vertrauen. Kunden glauben den blumigen Werbeaussagen von teuer ­bezahlten Agenturen nicht mehr. Wenn jedoch andere, fremde Personen von Produkten oder Dienstleistungen ins Schwärmen geraten, haben diese ­Aussagen eine stärkere Gewichtung. Das trägt zur Glaubwürdigkeit bei.
4. Gute Bewertungen steigern den ­Gewinn. Wenn Sie viele gute Bewertungen haben, müssen Sie weniger Akquise betreiben. Ihr Produkt verkauft sich „von alleine“, weil andere es auf Bewertungsportalen empfehlen. Sie erhalten damit kostenlos Mundpropaganda. Und das ist bekanntlich die beste und günstigste Werbung.

Contra: Aus freien Stücken bewerten ist am fairsten

Maximilian von Garnier
Maximilian von Garnier
Manager für lokale Geschäftsbeziehungenbei der Bewertungsplattform Yelp, Coach für Geschäftsführer
www.yelp.de
Quelle: www.yelp.de
 Millionen von Menschen nutzen täglich Bewertungsportale, um Informationen zu lokalen Geschäften zu bekommen, bevor sie eine Kaufentscheidung treffen. Auf Yelp wollen wir deshalb sichergehen, dass man diesen Bewertungen auch vertrauen kann. Geschäftsinhaber, die ihre Kunden darum bitten, Bei­träge auf Yelp zu schreiben, bitten aber meistens nur zufriedene Kunden darum.
Diese selbst gewählten Beiträge erzählen nur einen Teil der Geschichte, und das finden wir nicht fair.
Die glaubwürdigsten Bewertungen stammen von Kunden, die sich aus freien Stücken entschieden haben, ­ihre Erfahrung zu teilen.
Sei es, weil sie einen wundervollen Abend hatten und ihre Freunde an ihrer Euphorie teilhaben lassen möchten, oder weil sie so zufrieden mit dem Service waren, dass sie dem Geschäftsinhaber ausdrücklich dafür danken möchten.
Ein Grund kann natürlich auch sein, dass eine Erfahrung nicht optimal war und der Kunde seine - hoffentlich - konstruktive Kritik anbringen möchte.
In jedem Fall vertritt Yelp die Auffassung, dass für das Geschäft selbst, aber natürlich auch für alle Nutzer des Bewertungsportals unabhängige und ehrliche Bewertungen die wertvollsten sind.
Geschäftsinhaber sollten davon absehen, die Kunden um eine positive Rezension zu bitten: Denn es ist gerade die natürlich entstandene Mischung an Meinungen und Eindrücken, die ­eine glaubwürdige und nützliche Entscheidungsgrundlage für die Besucher des Geschäftsprofils darstellt.




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