«Autisten, die still ihre Arbeit machen, kommen oft unter die Räder»

Erfolg mit Menschen im Autismus-Spektrum

CW: Ihr Unternehmen beschäftigt ausschliesslich Menschen im Autismus-Spektrum. Worauf müssen Sie dabei besonders achten?
Gutzwiller: Es ist wichtig, dass wir unsere Mitarbeitenden genau kennen und wissen, welche Fähigkeiten und Stärken sie mitbringen, und welche Art von Projekten ihnen besonders liegen. Auch auf die speziellen Bedürfnisse der einzelnen Mitarbeitenden müssen wir achten. Einige brauchen zum Beispiel eine besonders ruhige Ecke, andere arbeiten nicht gerne unter grellem Licht oder schütteln nicht gerne Hände.
CW: Arbeit muss heute agil und flexibel sein. Wie gehen Autisten mit diesen Anforderungen um?
Gutzwiller: Kommt darauf an. Grundsätzlich kümmert sich Auticon darum, dass Autisten nicht mehrere Sachen parallel machen müssen. Agiles Arbeiten per se ist nicht ungeeignet, da es einem Autisten ja erlaubt, sich auf eine Aufgabe zu fokussieren, diese abzuschliessen und dann die nächste anstehende Aufgabe abzuarbeiten. Wichtig ist, dass die Aufgaben hinreichend gut definiert sind.
“Es ist nicht selbstverständlich, dass man in meinem Alter so eine Chance bekommt„
Stephan Gutzwiller, Auticon
CW: Wie können Firmen eine autismusfreundliche Arbeitsumgebung schaffen?
Gutzwiller: Auch das hängt vom jeweiligen Autisten ab. Keine zwei sind gleich. Generell hilft es, wenn die neurotypischen Mitarbeitenden wissen, dass ein Mitarbeitenden Autist ist und offen sind, kleine Anpassungen mit Hinblick auf das Arbeitsumfeld und neue Arbeitsweisen vorzunehmen.
CW: Alle reden von Open Space und Desk Sharing. Ein Albtraum für Autisten?
Gutzwiller: Kann durchaus sein. Auticon sorgt aber dafür, dass ein spezieller Arbeitsplatz für unsere Mitarbeitenden reserviert wird, wenn das für den Consultant nötig ist. Andere wiederum gehen einfach entsprechend früh zur Arbeit, um immer den gleichen Platz zu haben. Letzteres machen aber auch neurotypische Mitarbeitenden.
CW: Wie bewerten Sie Grossraumbüros, Home oder Remote Offices?
Gutzwiller: Home oder Remote Office ist für viele Mitarbeitenden von uns eine gute Option - allerdings nicht ausschliesslich. Bei einem 100-Prozent-Pensum empfehlen wir maximal 2 Tage Home Office. Speziell für IT-Jobs ist es heutzutage zum Glück oft möglich, remote zu arbeiten. Bei der Arbeit im Grossraumbüro müssen die individuellen Bedürfnisse geklärt werden, damit Mitarbeitende so platziert sind, dass sie sich an ihrem Arbeitsplatz wohl fühlen und konzentriert arbeiten können.

Autor(in) Marcel Urech





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