Reorganisation
25.08.2015, 07:01 Uhr
Der grosse Google-Umbau
Google stellt mit einer umfassenden Reorganisation die Weichen für mehr Transparenz und Flexibilität. Der Konzern bekommt eine Holding als Dach und einen neuen CEO. Die Hintergründe zum grossen Umbau.
Google: Von der Garage zu Alphabet
(Quelle: shutterstock.com/turtix)
Der Google-Chef hat seine Probezeit bereits hinter sich. Seit Oktober 2014, so sagen Insider, führt Sundar Pichai de facto die Geschäfte des Suchmaschinenkonzerns. Dennoch kannten bis zum 10. August 2015, dem Tag der Bekanntgabe der grössten Umstrukturierung in der Firmengeschichte, nur Google-Kenner das Gesicht des 43-Jährigen, der mit vollem Namen Pichai Sundararajan heisst.
Marissa Mayer, die heutige Yahoo-Chefin, holte den Inder 2004 zu Google, als sie in Mountain View Produktchefin war. Pichai hatte zu diesem Zeitpunkt schon einiges erreicht: Technik-Studium am Indian Institute of Technology in Kharagpur, danach Studium in den USA, erst in Stanford, dann an der Management-Schmiede Wharton School an der Universität von Pennsylvania, ein Job als Ingenieur, dann als Berater bei McKinsey.
Als die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin im Herbst vergangenen Jahres durchblicken liessen, es werde bei Google grössere Veränderungen geben, hatte niemand Pichai auf dem Zettel - obwohl er ganz offiziell die Hoheit über die gesamte Produktentwicklung des Hauses bekam. Viele von diesen Produkten kennt Pichai wie kein Zweiter, da er deren Entstehung koordinierte.
Zu seinen ersten richtig grossen Projekten bei Google gehörte die Entwicklung des Webbrowsers Chrome, der nach seiner Premiere 2009 nur wenige Jahre brauchte, um Microsofts Internet Explorer als Weltmarktführer abzulösen. Weitere Meilensteine in Pichais Google-Laufbahn: Entwicklung des Betriebssystems Chrome OS, Übernahme der Web App Division, Verantwortung für die Mobil-Plattform Android, nachdem Android-Gründer Andy Rubin den Konzern 2013 verlassen hatte.
Google: Eric Schmidt ist immer noch mit von der Partie
Der Grund für die Berufung Pichais zum CEO von Google heisst Alphabet. Auf diesen simplen Namen hat Larry Page die Holding getauft, deren Gründung er am 10. August 2015 bekannt gab - börsentechnisch klug terminiert nach Parkettschluss. Dennoch blieb die Ankündigung nicht ohne Folgen für den Kurs der Google-Aktien, die automatisch in Alphabet-Aktien umgewandelt wurden. Sie machten im nachbörslichen Handel einen Sprung nach oben und gewannen rund sechs Prozent hinzu. Doch was genau steckt hinter Alphabet?
Page wird CEO der neuen Holding, sein Partner Sergey Brin bekommt den Titel "President", was so viel wie Aufsichtsratschef bedeutet. Alphabet löst Google als Klammer aller unternehmerischen Aktivitäten des Konzerns ab, der Suchmaschinenpionier wird eines von mehreren Unternehmen unter dem neuen Alphabet-Dach.
Die Personalie Pichai markiert so etwas wie den zweiten Wendepunkt in der Geschichte von Google: In den ersten drei Jahren nach der Firmengründung hatten Page und Brin die Geschäfte des noch jungen Unternehmens selbst in die Hand genommen, bevor sie sich mit Eric Schmidt einen im IT-Geschäft erfahrenen Manager ins Haus holten.
Schmidt, der vorher CTO bei Sun Microsystems und dann CEO bei Novell gewesen war, führte Google von Erfolg zu Erfolg, während Page und Brin sich eher auf brillante Ideen und die Entwicklung neuer Produkte konzentrierten. Die beiden Gründer verdanken Schmidt viel, wenn nicht alles - und sie danken es ihm mit unverbrüchlicher Treue.
Als Page 2013 von Schmidt den Posten des CEO zurückerhielt, war damit die Google-Karriere des heute 60-Jährigen noch nicht beendet, er wurde Aufsichtsratschef. Schmidt, auf dessen Google-Visitenkarte "Executive Chairman" steht, wird diese Funktion auch bei Alphabet ausüben. Neu in der Führungsriege ist Ruth Porat. Die 58-Jährige kommt vom Finanzdienstleister Morgan Stanley und ist seit Mitte Mai Finanzchefin bei Google - eine Position, die sie auch bei Alphabet bekleiden soll.
Und Google? Das Unternehmen, das mit vollem US-Namen "Google, Inc." heisst, findet sich im Alphabet-
Organigramm auf einer Ebene mit Unternehmen, die Google einst kaufte oder die Services des Suchmaschinenkonzerns sind. Dazu gehören der Smart-Home-Spezialist Nest, den Google 2014 für über drei Milliarden Dollar übernahm, aber auch das Google X Lab. Aus dem Google-Kern herausgelöst werden auch die beiden Beteiligungsgesellschaften Google Capital und Google Ventures.
Sicher ist, dass die Biotech-Company Calico Labs, die Mittel gegen den Alterungsprozess erforscht, ein eigenes Unternehmen bleiben wird. Auch Google Fiber, das Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetze errichtet, steht als eigene Unit im Organigramm. Ob dagegen der Roboterhersteller Boston Dynamics eine selbständige Unit bekommt oder bei Google X einsortiert wird, steht noch nicht fest.