Gegen Berlin 13.06.2017, 08:38 Uhr

Bankenstadt Frankfurt holt bei Fintechs auf

Weltweit ist Frankfurt als Bankenstadt bekannt. Doch innovative junge Finanzunternehmen bevorzugen oft noch Berlin. Nun will die Main-Metropole aufholen.
(Quelle: shutterstock.com/Prasit Rodphan)
"Frankfurt hat erst vor kurzem erkannt, dass Start-ups sexy sind." Das ist Peter Barkows Meinung, wenn man ihn fragt, warum denn so viele Fintechs in Berlin sitzen anstatt in der Finanzmetropole Frankfurt. Doch langsam holt die Stadt am Main gegenüber der Stadt an der Spree auf. "Frankfurt investiert sehr viel, nicht nur staatlich, sondern vor allem auch privat", sagt Remigiusz Smolinski, Innovationsexperte bei der Commerzbank-Tochter Comdirect.Fintechs sind das heisse Ding in der Finanzwelt: Mit neuen Technologien versuchen diese jungen Unternehmen, die vielfach verkrustete Bankenwelt aufzubrechen, etwa durch einfache Überweisungen von Smartphone zu Smartphone. Und obwohl Frankfurt als Finanzhauptstadt prädestiniert als Fintech-Standort sein müsste, befinden sich hier nur knapp 60 solcher Unternehmen. In Berlin sind es rund drei Mal so viele.
"Die Bankenbranche war lange sehr träge", sagt Barkow, dessen Beratungsfirma die Datenbank FinTech Money Map erstellt. Dies sei der Grund warum jahrelang fast alle FinTechs nach Berlin gegangen seien. "Das Ökosystem hat sich in Frankfurt erst kürzlich gebildet."
Mittlerweile gibt es zahlreiche Fintech-Zentren und das landesgestützte TechQuartier als Knotenpunkt für die Szene. Das zeigt Wirkung: Im Vergleich zu 2014 hat Frankfurt heute mehr als doppelt so viele Start-ups und weist damit deutschlandweit das grösste Wachstum auf.

Expertise statt Kapital

Doch es bleiben Probleme. Obwohl es in Frankfurt viele Grossbanken gibt, unterstützen diese die Start-ups häufig mit Expertise anstatt mit Kapital. "Was absolut fehlt, ist die zweite Runde", weiss Andreas Lukic, Vorstandsvorsitzender der Business Angels Frankfurt Rhein Main. Kapital zwischen zehn und 50 Millionen Euro sei extrem schwer zu bekommen, und bei Risikokapital schneide Frankfurt katastrophal" ab. Aus diesen Gründen würden sich viele Frankfurter Start-ups ausserhalb Kapital beschaffen.
Für Sören Gahn, Leiter von Startup@Frankfurt bei der Deutschen Bank, völlig normal: "Wir sind nicht Berlin und auch nicht das Silicon Valley." Das deckt sich mit den Erfahrungen von Experte Barkow: "Berlin zieht mehr Geld an als der Rest der Republik zusammen", stellt er fest. Es sei die einzige deutsche Stadt, die wirklich bei international führenden Wagniskapitalgebern auf dem Radar sei.

Fehlende Koordinierung der Initiativen

Hinzu kommt die fehlende Koordinierung der Initiativen. Teilweise gibt es sechs parallele Veranstaltungen am Tag, hat Jochen Biedermann von der Initiative Frankfurt Main Finance beobachtet. Er führt daher nun privat einen Kalender mit allen Terminen auf seiner Website FinTech Consult. "Jeder kocht sein eigenes Süppchen", beklagt auch Lukic von den Business Angels Frankfurt Rhein Main. Es fehle eine grosse Plattform mit Veranstaltungen, bei der über die Szene gesprochen wird. Dies würde Politik und Medien anlocken und damit letztlich Kapital - auch aus dem Ausland.
Immerhin: Ein erster Schritt ist mit dem vor einem halben Jahr eröffneten TechQuartier getan. Der zentrale Anlaufpunkt wird von den Fintechs gut angenommen: Nach der Eröffnung im November 2016 wurde im Mai erweitert, für das Jahresende ist eine weitere Expansion geplant. "Wir entwickeln uns zu einer Plattform, auf der Technologien und Geschäftsmodelle in enger Zusammenarbeit mit der Finanzindustrie entwickelt werden", sagt TechQuartier-Leiter Sebastian Schäfer.
Und auch mit dem Kapitalproblem arrangieren sich die Gründer: "Natürlich gibt es viel mehr Venture Capital (Risikokapital) in Berlin, aber vom Know-how her ist Frankfurt ein super Ökosystem", findet dwins-Mitgründer Alexander Michel, der zusammen mit seinem Zwilligsbruder an einer umfassenden Banking-App arbeitet. Alle für die Fintechs relevanten Experten seien vor Ort - die Finanzaufsicht Bafin, die Europäische Zentralbank und zahlreiche Grossbanken.



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