Händler-Sperrungen auf Amazon dauern an
Wie glaubwürdig sind 5-Sterne-Reviews noch?
Eine Untersuchung der US-Plattform Reviewmeta.com, die seit 2016 versucht, Fake-Bewertungen auf Amazon mit eigenen Algorithmen aufzudecken, bestätigt Frontzeks These vom unkontrollierten Wildwuchs: Seit Anfang 2019 hat die Plattform rund 5,7 Millionen neue Reviews weltweit auf Amazon-Plattformen erfasst - nur 42 Prozent davon stammen aus "verifizierten Käufen", das heisst, die Produkte wurden von den bewertenden Kunden auf einer Amazon-Plattform erworben. Vor einem Jahr lag der Anteil der verifizierten Käufe an der Gesamtzahl der Bewertungen noch bei 91 Prozent. Und: 98 Prozent der Bewertungen aus nicht verifizierten Käufen gaben den jeweiligen Produkten eine glühende Fünf-Sterne-Bewertung.
Verifizierte Käufer bewerteten im Vergleich deutlich differenzierter: 72 Prozent vergaben fünf Sterne, zehn Prozent vier Sterne, 8,5 Prozent nur einen Stern. Pikant: Bewertungen, die über Rezensionsdienstleister eingekauft und von einem Pool von Produkttestern verfasst werden, sind in der Regel nicht verifiziert.
Mit den massenhaften Sperrungen scheint Amazon jetzt ein Zeichen gegen die Rezensionsindustrie setzen zu wollen, die sich neben dem Marktplatz entwickelt hat und mit der Amazon auch rechtlich im Clinch liegt. Das Vorhaben stösst in der Händlerschaft auf Zuspruch, aber auch auf Kritik. "Ich finde es grundsätzlich gut, dass Amazon ehrliche Bewertungen aus echten Käufen haben will, zu viele Bewertungsfakes zerstören auf Dauer das Kundenvertrauen und das schadet dann auch uns Händlern", sagt beispielsweise ein Seller, der es nach vierwöchiger Sperre geschafft hat, die Suspendierung aufheben zu lassen. "Aber gefühlt erwischt es momentan vornehmlich deutsche Händler. Chinesische Verkäufer auf Amazon.de fälschen oft ganz offen und massenhaft ihre Bewertungen - und sie verkaufen ungestört weiter. Wenn Amazons Fokus wirklich auf echten, verifizierten Bewertungen liegt, ist es nicht einzusehen, dass das Vine-Programm nur für Vendoren, nicht aber für Seller zugänglich ist."
In den USA hat Amazon 2017 zusätzlich zum hauseigenen Rezensionsgenerator Vine, das nur Vendoren offen steht, das Early Reviewer Program eingeführt. Das Programm soll vor allem Rezensionen für neu eingeführte Produkte beschleunigen - was auch Sellern zugute kommt. Allerdings ist das Programm aktuell nur in den USA verfügbar, ob eine Einführung für den deutschen Markt überhaupt auf Amazons Plan steht, ist bisher unklar.