Thema des Tages
05.12.2023, 07:56 Uhr
Macht endlich Killer-Produktbeschreibungen!
Millionen Produktbeschreibungen sind fehlerhaft. Und furchtbar langweilig. Zeit, das zu ändern, schreibt Jochen G. Fuchs. Und erklärt, wie Händler:innen zur perfekten Produktbeschreibung kommen.
Der KI-Anbieter Conversion Maker hat 1,3 Millionen Produktbeschreibungen analysiert. Sein Ergebnis: Alle waren fehlerhaft, mit 1,4 Fehlern pro Beschreibung. Deshalb hat der Anbieter bei Etailment zu Recht ein Plädoyer für bessere Produkttexte geschrieben.
Aber wie sieht denn ein guter Text aus? Die perfekte Produktbeschreibung berücksichtigt, dass Menschen unterschiedlich sind. Je nach Charakter und kognitiven Eigenschaften nehmen wir Informationen anders wahr und verarbeiten sie unterschiedlich.
Unterschiedliche Menschen, unterschiedliche Bedürfnisse, unterschiedliche Produktbeschreibungen
Ein Freund von mir fertigt bei einem Grossteil seiner Anschaffungen eine Excel-Tabelle an und führt sämtliche Fakten sowie Für und Wider stichwortartig auf. Dieser Kundentyp ist psychologisch hinterher meist unzufriedener mit dem Produkt als Spontankäufer, die nur eine minimale Recherche durchführen.
Emotionale Produkttexte ohne Featuretabellen nerven den guten Mann eher, wohingegen emotionale Produkttexte bei mir Bedarf und mein Interesse wecken. Technische Daten spielen bei mir je nach Produkt eher vorab als Ausschlusskriterium oder als Filter eine Rolle. Zwei sehr typische Beispiele.
Personas und kognitive Psychologie als Grundlage
Es gibt unterschiedliche psychologische Modelle zur Informationsverarbeitung und zu Persönlichkeitstheorien und verschiedene Modelle von Marktforschern wie limbische Typen oder die alt(backenen) Sinus Milieus.
Für welche Grundlagen sich die Ersteller:innen der Produkte auch entscheiden, die Ausarbeitung der Personas ist wichtig für die zielgerichtete Gestaltung der Produkttexte und sollte mehrere Archetypen abdecken. Am besten werden getroffene Annahmen mit Fokusgruppen überprüft und die Reaktion auf Produkttexte ermittelt und gemessen.
Der Balanceakt zwischen Emotionalität, Fakten und SEO
Die einen Kund:innen achten mehr auf Fakten und Tabellen, die anderen mehr auf emotionale Produkttexte und dann kommen noch die Algorithmen der Plattformen und Suchmaschinen ins Spiel.
Der Balanceakt ist schwierig, gelingt aber, wenn die Kund:innen beim Texten im Blick bleiben. Auch die Algorithmen wollen letztlich nur Kund:innen erreichen. Gelesen wird die Produktbeschreibung aber von den Kund:innen, also muss sie in erster Linie lesbar und ansprechend sein.
Finde den Kundennutzen: Features und Fakten sind keine Verkaufsargumente!
In guten Verkaufstrainings haben Verkäufer:innen jahrzehntelang gelernt, dass Produkte nicht mit Funktionen, sondern mit dem Kundennutzen verkauft werden.
Das ist im E-Commerce nicht anders, auch wenn das oft in Vergessenheit gerät.
Eine Lichterkette für Weihnachten hat verschiedene Features: Länge, Anzahl der Lichter, Farbton des Lichts, Timerfunktion, Stromverbrauch. Eine Länge von 2,5 Meter, 4,50 Meter und 6,50 Meter ist ein Feature. Dass 2,5 Meter für einen Adventskranz reichen, 4,50 für ein Standardfenster und 6,50 für einen Standardtürrahmen sind hingegen Kundennutzen.
"Die Lichterkette hat eine Timerfunktion", ist eine Featurebeschreibung. Mit der Timerfunktion müssen Sie die Lichterkette nie wieder von Hand ein- oder ausschalten und sparen so Zeit und Nerven. Das ist ein Kundennutzen!
Bei der Länge der Lichterkette ist es wichtig zu verstehen, was die Kunden mit dem Produkt genau machen, um den Kundennutzen hervorzuheben. Die Timerfunktion ist eher ein generischer Nutzen, der unabhängig vom Verwendungszweck ist.
Eine KI ist kein Produktbeschreibungsgenerator
Du bist der Produktbeschreibungsgenerator, die KI ist eine intelligente Schreibmaschine. Nutzt du eine KI, musst du der Maschine Dinge wie einen potenziellen Kundennutzen mitgeben und deine Vorstellungen genau definieren.
Eine schön geschriebene Produktbeschreibung hilft nichts, wenn sie am Kundennutzen vorbeigeht.
Rechtschreibfehler töten dein Produkt
Aus der langjährigen Erfahrung aus meiner Nebenrolle als Verleger und Autor kann ich nicht stark genug betonen, wie wichtig fehlerfreie Produktbeschreibungen sind.
Leser:innen stolpern selbst in belletristischen Werken mit mehreren hundert Seiten und abertausenden von Wörtern Umfang über einzelne Rechtschreibfehler, über einen sehen sie noch hinweg, aber mehrere Fehler zerstören den Lesefluss und hinterlassen negative Gefühle, die in schlechten Rezensionen münden. Und den Abverkauf torpedieren.
Jeder Lektor erklärt den Effekt gleich: Die Leser:innen nehmen die Fehler unbewusst wahr, die handwerkliche Qualität wird anders wahrgenommen, worunter selbst die beste Geschichte leidet.
Für Produktbeschreibungen gilt dasselbe: Rechtschreibfehler deuten gefühlt auf handwerkliche Mängel am Produkt hin und zerstören so die Conversion und im schlimmsten Fall das Produkt.
PS.: Die Rahmenbedingungen müssen stimmen
Ich lese in einschlägigen Artikeln und Medien viel von Trust und Aufmerksamkeit, das habe ich mit Absicht vernachlässigt.
Vertrauen muss aufgebaut werden, bevor der Produkttext überhaupt eine Rolle spielt. Zuerst die Website, dann die Bilder und schliesslich die ganze Produktdetailseite müssen Vertrauen aufbauen. Aufmerksamkeit kommt über die Produktbilder und den Titel auf das Produkt, in dem Moment, in dem Kund:innen die Produktbeschreibung lesen, sind wir schon tief in der Customer Journey und stehen unmittelbar vor einem Abschluss oder einem Absprung.