Year of the Monkey: "Wir spielen noch"

Auf der Suche nach sich selbst

Und die gewünschte lockere Atmosphäre gelingt, steife Höflichkeiten gibt es kaum. Auch weil das Publikum recht international ist. Von den 640 Anmeldungen sind rund 20 Prozent aus dem Ausland, schätzt von der Lühe. Aber man will noch internationaler werden, auch Veranstaltungen in San Francisco, Sidney und London organisieren. Bei den Speakern ist das schon gelungen, ein grosser Teil kommt aus dem englischsprachigen Ausland.
Der Nachteil bei all der Internationalität: Auch die deutschen Speaker halten ihre Vorträge auf Englisch. Das gelingt mal besser, mal wird es peinlich. Einzige Ausnahme bleibt Benedikt Bucher von Tesla. Ausgerechnet der Vertreter eines amerikanischen Unternehmens erzählt auf Deutsch, wie toll das Elektroauto ist.
Leider bleibt Bucher nicht allein mit seinem Werbevortrag. Auch Oliver Bohl spricht eigentlich nur über sein Payback und Matthias Reuter und Alexander Kuhl von Siemens bekommen sogar einen als Workshop getarnten 45-Minuten-Slot für ihren "So innovativ ist Siemens"-Vortrag.

"Skepsis haben wir in Deutschland genug"

Andere Speaker werben wiederum nur für digitale Transformation in jedem Bereich und weniger Angst vor Big Data. Wolfgang Gründinger, Autor, Aktivist und Analyst und beim Festival in seiner BVDW-Funktion unterwegs, schlägt vor, das Big durch Smart zu ersetzen. Gar nicht mal, weil man mit nur vielen Daten eh nichts anfangen kann und die Branche sowieso mittlerweile eher über Smart Data spricht. Nein, weil Smart viel positiver konnotiert sei als Big, bei dem man sofort an Big Brother denke. Und an Dicke. Aber wer will nicht klug und intelligent sein? So könne man "ein Land der sturen Ziegen in ein Land der neugierigen Affen verwandeln".  
Auf eine kritische Stimme oder einen Platz für Diskussion wartet man vergeblich. Das ist auch nicht möglich bei 15 Minuten pro Vortrag. Und es ist auch bewusst so, dass alle "Hurra, Hurra, die Digitalisierung ist da" schreien. "Skepsis haben wir in Deutschland schon genug. Wir brauchen nicht noch mehr Leute die sagen, dass alles den Bach runtergeht", so von der Lühe. "In Deutschland gibt es zu viele Devils Advocats. Natürlich sind die wichtig. Aber wenn es nur die gibt, gibt es keine Innovation.“

Man merkt das junge Alter

Ausschliessen würde er ein Diskussionsformat für die Zukunft aber nicht. "Wir sind noch am Spielen. Am Content wird sich schon noch einiges ändern." Was dem Festival nicht schaden wird. Denn es befindet sich, seinem jungen Alter entsprechend, noch auf der Suche nach sich selbst. Zwischen vielen (zu) kurzen guten Impulsen und teilweise tollen Workshops, die in so einer grossen Gruppe erstaunlich gut funktionieren, finden sich leider auch typische Konferenz-Allgemeinplätze. Neue und innovative Erkenntnisse wie: Mobile ist wichtig, Mobile oder Beacons können off- und online verbinden.
Leider bekommen auch die Sponsoren eine zu gute Möglichkeit, ihre Vorträge als Werbeplattform zu nutzen. Wenn ich wissen will, wie ein Tesla funktioniert, wie sicher und umweltfreundlich und sparsam er ist, besuche ich die Website. Und zahle nicht über 400 Euro für ein Festival-Ticket.
Genau weiss die Konferenz offenbar noch nicht, wohin die Reise geht. Wichtig sei ihm, eine "Disrupt your mind"-Umgebung zu schaffen, so von der Lühe. "Die Leute sollen verstehen, dass digitaler Wandel auf allen Ebenen stattfindet." Sollte ein Besucher das vor der Konferenz noch nicht verstanden haben, wird er das spätestens jetzt tun.



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