Das Rauschen des agilen Windes
Zentraler Stellenwert der Firmenkultur
Die bis dato geleistete Auseinandersetzung mit der Firmenkultur, etwa mit dem grossen Stellenwert von real gelebten Kulturprinzipien, bildete ein wertvolles – wenn nicht gar notwendiges – Fundament für den Dialog, der von den Ingenieursteams bis in den Verwaltungsrat geführt wurde. So wurde etwa in leidenschaftlichen Diskussionen immer wieder «Respekt» angerufen und Bezug auf «Mitverantwortung» (wem gegenüber?) sowie «Exzellenz» (in Bezug auf was?) genommen. «Kundenorientierung» galt als zentral für eine Dienstleistungsorganisation (was ist mit den Aktionären?).
Eine Art Nordpolarstern bildete dabei die Unternehmensvision, die dank bewusster Entwicklung und im Bewusstsein der grossen Tragweite und Wirkung einer visionären Vision (Robinson, 2016) breite Akzeptanz und Wirkung genoss.
So lernten alle Beteiligten in einem bisweilen frustrierenden, aber meist als bereichernd empfundenen mehrmonatigen Dialog, den Hintergrund pointierter Aussagen zu verstehen und wohl auch die Erfahrung der jeweils Andersdenkenden zu schätzen. In der vorliegenden Unternehmenskultur bildete das Ringen nach einem gemeinsamen Weg ein typischer Fall für Entscheidungsfindung nach dem Konsensprinzip – zu wertvoll schien die entstehende und immer wieder in Gefahr gesehene Chance für einen sogenannt gut schweizerischen Kompromiss.
Am Ende des danach sogleich weitergeführten Dialogs stand ein neues Element im Unternehmensmodell, das «Corporate Understanding». Dass dieses Selbst-Verständnis seinen Namen verdient, bezeugt vielleicht genau die Tatsache, dass der gefundene Konsens in das Rauschen des Windes im unternehmensweiten Dialog übergegangen ist.
Fundierte Auseinandersetzung nötig
Gemäss der Computerworld-Swiss-IT-Studie sind unter den befragten IT-Entscheidern die meistgenannten Massnahmen, um ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen, Flexibilität bezüglich Arbeitszeiten und Arbeitsort. Wahrscheinlich hat die beschriebene, weit tiefergehende Transformation, mitsamt der einhergehenden Kulturentwicklung, einen Beitrag dazu geleistet, dass bbv Software Services im Arbeitgeber-Ranking der Handelszeitung und von Le Temps (Handelszeitung, 2021) im Bereich «Internet, Telekommunikation & IT» den ersten Rang erreicht hat.
Ob sich diese Transformation direkt auf andere Organisationen übertragen lässt, ist zu bezweifeln – zu unterschiedlich ist die Ausgangslage und die Historie einzelner Unternehmen. Genau wie es auf Ebene der Projekte zu kurz greift, unabhängig der Eigenschaften und Ziele aus fundamentaler Überzeugung agile Methoden anzuwenden. Wird aber die Investition in eine fundierte Auseinandersetzung mit dem individuellen Werdegang, der verfolgten Unternehmensvision, Strategie und Kultur getätigt, kann sich jede Eiche in ein flexibles Schilfrohr verwandeln – oder vielleicht doch lieber in ein Windrad?
Zum Autor: Alan Ettlin ist Berater bei bbv Consultancy
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