Helen Arnold: Digitale Transformation - jetzt wird es ernst
Diese Branchen profitieren von der Digitalen Transformation
Hat man dann zwei Unternehmen in einem? Ist das ihr Erfolgsrezept für Konzerne wie HPE, IBM und SAP?
Arnold: Wir brauchen ganz unterschiedliche Rollen und Fähigkeiten bei unseren Mitarbeitern. Heute benötige ich zum Beispiel mehr Business-Architekten und Software-Designer als in der Vergangenheit.
Und dieser Wandel ist auch Bestandteil der Digitalen Transformation. Wir müssen allerdings unsere SAP-Mitarbeiter mitnehmen, dürfen nicht auslagern und aufgliedern in eine alte und eine neue Unternehmenswelt. Das ist nicht leicht.
Der Taxivermittler Uber und der Apartement-Vermieter Airbnb werden häufig als Beispiele für den neuen Typ von Unternehmen genannt. Beide sind sehr erfolgreich. In welchen Branchen und Märkten erwarten Sie den nächsten grossen Innovationsschub?
Arnold: Überall dort, wo es zurzeit für den Endanwender noch umständlich ist, haben neue Anbieter gute Marktchancen. Werfen Sie zum Beispiel einen Blick auf die Finanzindustrie (Paypal/Blockchain). Da wird zukünftig viel passieren. Wenn ich in Echtzeit zum Beispiel meinem Kollegen in den USA tausend Dollar überweisen kann, ohne dafür Gebühren bezahlen zu müssen, dann ist das per se disruptiv. Auch im Automobilbereich, beim autonomen Fahren, sehe ich grosses Potenzial. Ausserdem im Gesundheitswesen, wo wir mit neuen analytischen Technologien präziser und präventiver in den Markt gehen können, sodass sich bestimmte Krankheitsbilder erst gar nicht entwickeln. Im Finanzsektor fallen die Gebühren weg, das ist hoch disruptiv.
Aber der Automobilindustrie kann es doch egal sein, ob hinter dem Steuer ein Mensch oder Software sitzt. Die verkaufen Fahrzeuge.
Arnold: Vielen Autofahrern ist das Fahrvergnügen wichtig. Setzen Sie sich in einen BMW mit konventionellem Antrieb, und setzen Sie sich in einen Tesla mit Elektroantrieb. Das Fahrerlebnis wird sehr unterschiedlich sein. Beim autonomen Fahren aber wird das Auto aus einem anderen Blickwinkel betrachtet werden: Wie gut ist es vernetzt, wie gut sind Services eingebunden wie Parkplatzsuche oder Aufladestationen finden? Oder wie bequem sitze ich in dem Auto und kann bereits Bürotätigkeiten erledigen?
Es fallen also Emotionen, die viele Fahrer mit dem Auto (selbst hinter dem Steuer sitzen) verbinden, komplett weg, und das ist sehr disruptiv. Ich glaube, dass keine Branche sich heute auf bestehenden Erfolgen ausruhen kann.
Wissenschaftler behaupten, dass durch die Digitale Transformation 50 Prozent der heutigen Arbeitsplätze verschwinden. Ein bedingungsloses Grundeinkommen wird diskutiert, um den Übergang sozial abzufedern. Schätzen Sie das ähnlich ein, oder halten Sie solche Zahlen für Panikmacherei?
Arnold: Ich bin Mutter von zwei Kindern und frage mich schon, wie die Zukunft meiner Kinder aussehen wird. Setzen wir zum Beispiel in Erziehung, Schule und Ausbildung noch die richtigen Schwerpunkte, um dem Nachwuchs die richtigen Weichen für das Berufsleben zu stellen?