Dynamic Pricing, Online-Check-in, Electronic Flight Bag und mehr
25.01.2018, 10:40 Uhr
Die Digitalisierung verändert die Luftfahrt
Auch Flughäfen und Airlines müssen sich den Herausforderungen der digitalen Transformation stellen. com! professional zeigt, wie die Digitalisierung die Luftfahrt vorantreibt.
Die Luftfahrt hat sich dramatisch gewandelt: Einst ein seltenes und kostspieliges Vergnügen in lauten Propellermaschinen, zu dem man bevorzugt Sonntagskleidung trug, fliegen Passagiere heute zu Spottpreisen in modernen Hightech-Jets leger um den Globus.
Die Triebwerke und Sensoren, mit denen die Maschinen ausgestattet sind, erzeugen auf jedem Flug etliche Gigabyte Daten. Doch nicht nur die Flugzeuge werden immer mehr zu fliegenden Computern – die aktuelle Digitalisierungswelle verändert den Luftverkehr auf allen Ebenen. Noch hinkt die Branche in Sachen digitale Revolution allerdings vielen anderen hinterher, so das Ergebnis einer Erhebung des Digitalverbands Bitkom: 2016 gab fast ein Drittel der befragten Luftfahrt-Unternehmen in Deutschland an, in ihrem Unternehmen gebe es noch keine Digitalstrategie. 38 Prozent sahen für das Jahr 2030 die deutsche Luftfahrtbranche im internationalen Vergleich gerade mal im Mittelfeld. Dabei hielten fast alle Unternehmen (95 Prozent) die Digitalisierung für eine Chance.
Die Digitalisierung ermöglicht Luftfahrtunternehmen nicht nur komplett neue Geschäftsmodelle, sondern hat zum Beispiel auch Auswirkungen auf die Wartung von Flugzeugen – Stichwort Predictive Maintenance mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz.
Stand der Dinge
Dass der Luftverkehr bei der Digitalisierung noch im Hintertreffen ist, hat nach Ansicht von Alexander Horstmann, Director Digital der Thomas Cook Group Airlines, zu der auch der deutsche Ferienflieger Condor gehört, eine ganze Reihe von Gründen – „je analoger die Branche ist, desto langsamer ist der Übergang zur Digitalisierung“.
Erst wenn eine kritische Masse von Kunden „digital unterwegs“ sei, würden Unternehmen über eine Investition in diesem Bereich nachdenken. Hinzu kommt laut Horstmann, dass „Airlines sich in Bezug auf die Digitalisierung hauptsächlich darauf konzentriert haben, das anzubieten, was die Wettbewerber ihren Kunden bieten, anstatt branchenübergreifend zu beobachten, was sich im digitalen Feld so alles tut“.
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müsse ein Kernprodukt durch effiziente und nützliche digitale Produkte ergänzt werden. Durch die weltweite Digitalisierung und die zunehmende Vereinfachung von Prozessen sollten auch Airlines sich diesem Wandel anpassen und digitaler werden. Die Kunden erwarteten „in der digitalisierten und vernetzten Welt mehr als eine einfache Beförderungsleistung von A nach B“.
Nimmt man die Luftverkehrsbranche näher in den Blick, dann fällt auf, dass auch sie eigentlich schon ziemlich „digital unterwegs“ ist: Moderne Techniken wie Dynamic Pricing, also das dynamische Anpassen von Ticket-Preisen, sind schon seit Langem Usus. Die IT der Airlines passt die Preise für Tickets zum Beispiel an bestimmte Tageszeiten und Wochentage an und berücksichtigt dabei die üblichen Stornoquoten sowie die aktuellen Preise der Mitbewerber. Auch Ferien- und Messezeiten fliessen ins Dynamic Pricing ein. Algorithmen berechnen aus einer Vielzahl von Faktoren die im Moment der Preisabfrage maximal erzielbaren Preise. So kann es dann auch passieren, dass zwei Preisabfragen binnen weniger Minuten oder das Verschieben des Abflugtermins um einen Tag zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen führen.
Der Online-Check-in für den Flug, also das selbstständige Erstellen der Bordkarte per Webseite oder App, ist ebenfalls inzwischen Standard. So manche Billig-Airline verlangt von Kunden, die nicht online, sondern am Flughafen einchecken, satte 50 Euro Gebühr – auch eine Möglichkeit für ein neues Geschäftsmodell im Rahmen der Digitalisierung.
Bereits 1994 führte die US-amerikanische Fluglinie United Airlines als erste Fluggesellschaft das elektronische Ticket ein. Eine Buchungsnummer sowie die Passagierdaten sind in einer Datenbank hinterlegt und ersetzen das Papierticket. Bei den Fluggesellschaften der Vereinigung IATA (International Air Transport Association), zu der quasi alle relevanten Airlines weltweit gehören, hat das Papierticket seit 2008 ausgedient.
Auch der bekannte schwarze Pilotenkoffer, voll mit Handbüchern, Checklisten und Navigationskarten, ist in den meisten Cockpits Vergangenheit. An seiner Stelle hält das sogenannte Electronic Flight Bag, kurz EFB, alle für den Flug notwendigen Informationen digital vor. Dabei handelt es sich meist um ein speziell für den Flugbetrieb entwickeltes Tablet. Das macht der Besatzung nicht nur im wahrsten Sinn des Wortes die Arbeit leichter, sondern hat noch einen weiteren Effekt: Die elektronische Variante des Pilotenkoffers spart zum Beispiel auf den Condor-Flügen von Frankfurt nach Las Vegas mit einer Boeing 767 rund zwei Tonnen Treibstoff im Jahr.