Mobile Monetarisierung 12.06.2016, 09:15 Uhr

Trumpfkarte Qualität: Finanzierungsmodelle für Apps

Banner-Werbung in Apps ist ein verbreitetes Phänomen. Wollen die Publisher damit den Umstieg auf Bezahlversionen provozieren oder mangelt es an Finanzierungsalternativen?
(Quelle: Shutterstock.com/Ra2studio)
Es ist etwas mehr als einen Monat her, seit es im Google Play Store eine kleine, aber feine Änderung gibt. Google weist seine Nutzer nun explizit darauf hin, ob eine App-Werbung enthält oder nicht. Das können beispielsweise normale Banner, native Anzeigenformate oder bildschirmbedeckende Interstitials sein.
Was auf den User hilfreich und zuvorkommend wirkt, birgt für App-Publisher und Werbungtreibende Gefahren. Schliesslich kann insbesondere aggressive Display-Werbung schnell für Frustration beim Nutzer sorgen. Wird er bereits im Vorfeld vor dieser gewarnt, sinkt womöglich die Bereitschaft, eine neue Anwendung auf dem Smartphone zu installieren. Um diesem Trend entgegenzuwirken, könnten kreativere Ansätze seitens der Advertiser hilfreich sein. "Dem Werbemarkt fehlen attraktive Werbemodelle", beklagt Sebastian Schneider in diesem Zusammenhang. Er ist Geschäftsführer bei der Münchner App Agentur. "Insbesondere bei trashigeren Apps von nebulöseren Herstellern wird Werbung bewusst so gestaltet, dass man darauf klicken muss", ergänzt der Agentur-Chef.

Das Problem der Kostenloskultur

Die Entscheidung von Google belegt an dieser Stelle erneut, dass im Netz heutzutage nutzerseitig eine transparente Darstellung erwartet wird. Wie auch die Adblocker-Debatte derzeit veranschaulicht, sind die User durch kostenlose Inhalte verwöhnt. Das gilt nicht nur für Angebote im klassischen Netz, sondern ebenso für die App Stores. Nur wenige Verbraucher machen sich Gedanken darüber, wie Spielebetreiber ihre App-Entwickler und Programmierer bezahlen.
"Der Trend geht zum In-App-Kauf. Damit lässt sich langfristig Geld verdienen", sagt Sebastian Schneider, Geschäftsführer der App Agentur.
"Dem Konsumenten zu vermitteln, dass es nichts umsonst gibt, ist dabei extrem wichtig", erklärt Janis Zech, Mitbegründer des Werbetechnologie- Anbieters Fyber, und fügt hinzu: "Wie bei jeder Mediengattung kann Werbung ein Weg sein, die Entwicklung grossartiger Apps zu bezahlen." An dieser Stelle darf nicht vergessen werden, dass Werbung eine Finanzierungsmöglichkeit darstellt, bei der jedoch Fingerspitzengefühl erforderlich ist. Wer ein paar Apps auf dem Smartphone installiert hat, hat mit Sicherheit auch schon einmal genervt die Augen verdreht, wenn sich ein Fullscreen-Banner in einer kostenlosen, dafür aber werbefinanzierten App geöffnet hat. Es ist dabei nicht das Banner an sich, das stört, sondern die Penetranz, mit der in Anwendungen wie "Quizduell" auf ein kostenpflichtiges Upgrade gedrängt wird. Schnell stellt sich die Frage: Setzen App-Publisher gezielt auf nervtötende Werbung in Apps, um den Umstieg auf Premium-Upgrades zu provozieren?
Eine pauschale Antwort darauf scheint es nicht zu geben. Darin stimmen die Experten weitgehend überein. So sagt zum Beispiel Ingo Kamps, Head of Performance and Mobile Marketing bei Drillisch Telecom: "Banner-Werbung wird nicht flächendeckend genutzt, um Premium-Upgrades zu provozieren. Allerdings gibt es leider Einzelfälle." Das gewählte Beispiel Quizduell scheint in diese Kategorie zu fallen. Ebenso schwer zu beantworten ist die Frage nach dem passenden Finanzierungsmodell für die eigene App. Hierbei stehen dem App-Publisher mehrere Möglichkeiten zur Verfügung.

Finanzierungsmodelle in der App-Branche

Kostenlose Anwendungen werden meist über Werbung, eingeschränkte Optionen oder, vor allem im Spielebereich, über In-App-Käufe monetarisiert.
Der Vorteil von kostenlosen Anwendungen liegt auf der Hand: Wenn erst einmal das Interesse geweckt wurde, hindert den Nutzer nichts mehr am Herunterladen. Und mit einer höheren Download-Rate steigen automatisch auch die Einnahmen des App-Publishers - sei es aus Werbung oder anderen Quellen. "Man sollte auf keinen Fall eine kostenpflichtige App anbieten, bei der der Nutzer schon vor dem Download zahlen muss. Schön ist es, wenn man Freemium-Modelle anbieten kann", bestätigt Experte Kamps.
"Man sollte auf keinen Fall eine kostenpflichtige App anbieten, bei der der Nutzer schon vor dem Download zahlen muss", erklärt Ingo Kamps, Head of Performance and Mobile Marketing bei Drillisch Telecom.
Trotzdem gibt es auch beim Freemium-Modell - kostenloser Download, In-App-Monetarisierung - einen Haken: die Zahlungsbereitschaft. Nur 30 Prozent der Nutzer würden Geld in Apps ausgeben. Zehn Prozent tun dies tatsächlich. Wiederum davon die Hälfte - also nur fünf von 100 Personen - "geben zwei bis vier Euro aus. Darüber hinaus gibt es noch die kleine Gruppe der Heavy User, die bis zu 50 Euro ausgeben", fasst Drillisch-Manager Kamps zusammen. Grundsätzlich ist die Zahlungsbereitschaft bei Männern höher als bei Frauen.
Als Publisher oder Werbungtreibender nun zu erwarten, dass die User aufgrund von störender Werbung Geld ausgeben, ist schon deswegen unwahrscheinlich, weil die Gruppe der potenziellen Upgrader so klein ist.

Die Königsdisziplin: Qualität bieten

Ob eine werbefinanzierte, kostenlose App oder eine kostenpflichtige, werbefreie Anwendung lukrativer ist, hängt folglich stark von der Zielgruppe ab. Nachrichten-Apps à la Spiegel Online mit hohen Download- Zahlen und einer grossen Verbreitung werden mit Werbung Erfolge erzielen können. Spiele-Apps, denen es gelingt, beim Nutzer ein starkes Bedürfnis oder Suchtzustände zu wecken, würden mit Werbung die Zahlungsbereitschaft nur mindern. Sie fahren mit In-App-Käufen deutlich besser. Wer das Glück hat und Produkte für eine spezielle und zugleich zahlungskräftige Zielgruppe wie werdende Mütter in einem Online-Shop anbietet, kann in der eigenen App sogar komplett auf Werbung oder anderweitige Monetarisierungsansätze verzichten und sich vollkommen auf Usability und den Verkauf von Waren konzentrieren.
Die angeführten Finanzierungsmodelle stellen selbstverständlich noch nicht das komplette Spektrum dar. Mit dem Abo-Modell und Sponsoring lässt sich ebenfalls Geld verdienen. So bekommt das Football-Team San Francisco 49ers von ihrem Sponsoring-Partner Coca-Cola jährlich 750.000 Euro. Dafür ist die Marke prominent im Header der Anwendung vertreten. "Einen solchen Betrag via In-App-Kauf oder Werbung innerhalb eines Jahres zu erwirtschaften, ist sehr unrealistisch", erklärt Ingo Kamps. Die Grundlage für dieses hohe Investment seitens einer Marke ist eine qualitativ hochwertige App.
Ob die Anwendung letztlich durch einen hohen Mehrwert überzeugt - die 49ers-App erlaubt es den Fans zum Beispiel, Essen und Getränke direkt an den Sitzplatz liefern zu lassen oder Karten für das nächste Spiel zu reservieren - oder ob es Anwendungen und exklusive Features wie bei Spotify (werbefreier Zugang zu Musik) sind, macht dabei kaum einen Unterschied. Entscheidend ist, dass der Nutzer von der Qualität einer App überzeugt ist. Nur in diesem Fall wird er bereit sein, einmalig oder sogar monatlich Beträge für eine App zu zahlen.
In zweiter Instanz spielt der Wohlfühlfaktor eine entscheidende Rolle. Nutzer, die sich durch Push-Nachrichten oder aggressive Werbeformate bedrängt fühlen, werden kaum Geld ausgeben. Deshalb plädiert auch Sebastian Schneider für einen fairen Umgang mit dem User: "Wer einen Nutzer zum Upgrade bewegen möchte, muss durch Qualität überzeugen. Dabei darf kein Druck aufgebaut werden. Es muss freiwillig geschehen."




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