Küchendiener 26.03.2020, 12:12 Uhr

Test: Vorwerk Thermomix TM6

An dieser Küchenmaschine scheiden sich die Geister. Doch zum Glück kennen wir die ganze Wahrheit.
Dieses Gerät kann zu hitzigen Diskussionen führen!
(Quelle: Vorwerk)
Der Thermomix von Vorwerk darf zurecht als Legende unter den Küchenmaschinen bezeichnet werden. Das lässt sich auch daran erkennen, dass sich Fans und Gegner bei jeder Gelegenheit an die Gurgel gehen. Unsere Einschätzung folgt am Schluss. Doch zuerst gibt es Eckdaten und dann einen Praxisbericht.

Der Aufbau

Den Thermomix TM 6 von Vorwerk könnte man als eine universelle Küchenmaschine einstufen – und genauso gut könnte man ein iPhone auch «Telefon» schimpfen, das trifft es etwa genauso gut.
Das Gerät besteht aus der Grundeinheit mit Motor und Display. Darin befindet sich immer der Mixtopf mit seinem Messer, der vom unverzichtbaren Deckel verschlossen wird. Wenn er fehlt, verweigert das Gerät seinen Dienst. Alle Teile mit Ausnahme des Gerätes selbst lassen sich im Geschirrspüler reinigen – und sie füllen ihn mit Leichtigkeit.

Lieferumfang

Der Lieferumfang ist beinahe komplett. Hier eine Übersicht aus dem Handbuch, die auch die Flexibilität erahnen lässt. Besonderes Augenmerk verdient dabei der Varoma-Aufsatz (Nummer 10 bis 12): Mit ihm werden zum Beispiel Fisch und Gemüse gleichzeitig auf zwei Ebenen gegart, während im Gareinsatz (Nummer 9) der Reis verweichlicht. Diese Flexibilität muss erst einmal verinnerlicht werden – und dann eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten.
Beim Lieferumfang fehlt es an (fast) nichts
Quelle: Vorwerk
Für den Thermomix gibt es kaum Zubehör, das sich bestellen lässt. Alles Wichtige gehört zum Lieferumfang, mit einer Ausnahme: Die Messerabdeckung («Welle») ist äusserst hilfreich, wenn Sous-Vide gekocht wird, zu Deutsch «Vakuumgaren». Dann sorgt die Abdeckung dafür, dass der Beutel mit dem Fleisch nicht durch das Messer verletzt wird. Die Messerabdeckung gibt es für Fr. 24.90 im Online-Shop.

Hansdampf in allen Gassen

Beim ersten Kontakt beeindruckt die erschlagende Vielfalt der Funktionen. Mit dem Thermomix lässt sich anbraten, kochen, temperieren (auf 1 Grad genau), garen, wiegen (auf 1 Gramm genau), hacken, kneten und noch ein paar andere Dinge erledigen. Dabei geht das Gerät ziemlich raffiniert ans Werk, etwa beim Messer: Dreht es sich nach rechts, hackt es alles kurz und klein – dreht es sich hingegen langsam nach links, arbeitet die stumpfe Seite und knetet den Teig.
Jeder Kochvorgang wird durch drei Parameter bestimmt, die auf dem farbigen Touchdisplay zusammengestellt werden: der Zeit, der Temperatur und dem Tempo des Messers. Läuft das Messer kalt auf der höchsten Stufe, wird aus schnödem Kristallzucker feiner Puderzucker. Läuft es hingegen eine Stunde lang auf Stufe 1 bei 53 Grad warmem Wasser, ist die Grundlage für ein saftiges Sous-Vide-Rindssteak geschaffen. Und so weiter.
Diese drei Parameter definieren den Kochvorgang
Quelle: PCtipp / ze
Nur manchmal zeigt das Konzept kleine Schwächen. So röstet der Thermomix TM6 zwar Zwiebeln, doch für grössere Objekte ist der Boden des Mixtopfes viel zu schmal. Deshalb wird in den Rezepten Fleisch oft gegart; dabei wäre es oft einfacher und schmackhafter, wenn es einfach in die Bratpfanne geworfen würde. Hier ist kulinarische Eigenverantwortung gefragt.
So viel zum Gerät. Doch das ist nicht einmal die halbe Miete. Richtig clever wird es, wenn der Thermomix über Wi-Fi ins Internet gelassen wird und auf die Rezeptdatenbank zugreift.

Zugang über Wi-Fi

Der Thermomix TM6 ist Wi-Fi-kompatibel. Via Internet kontaktiert das Gerät die Thermomix-eigene Portal «Cookidoo». Es bietet tausende Rezepte zum Thermomix aus jedem erdenklichen Bereich: Fisch & Fleisch, Gemüse, Suppen, Desserts und sogar hochprozentige Drinks. Die Rezepte lassen sich nach Namen oder Land durchsuchen, ausserdem gibt es zahlreiche Zusammenstellungen zu einem Thema.
Die Datenbank lässt sich wahlweise im Browser, in der App oder direkt am Gerät durchforsten. Suchen Sie zum Beispiel nach «asiatisch», um hunderte von Rezepten zu erhalten. In der Datenbank finden sich zwar manchmal Dubletten, aber die schmälern die Auswahl kaum.
Die Plattform «Cookidoo» gehört Vorwerk
Quelle: Screenshot / ze

Guided Cooking

Diese Rezepte werden also auf dem farbigen Touchdisplay angezeigt. Und jetzt fängt der Spass erst richtig an, denn alle Rezepte auf Cookidoo unterstützen das «Guided Cooking», also das geführte Kochen.
Dabei begleitet Sie der Thermomix Schritt für Schritt durch das Rezept: «Geben Sie eine Zwiebel (geachtelt) in den Mixtopf», «geben Sie 50 Gramm Kräuteressig hinzu», «setzen Sie den Spritzschutz ein». Und so weiter. Die Interaktion mit der Maschine beschränkt sich auf das Einwerfen der Zutaten, dem Tippen auf das Display und dem Drehen des einzigen Reglers, um den Kochschritt zu starten.
Die Maschine weiss genau, wie lange und wie schnell das Messer dreht oder welche Temperaturen benötigt werden. Die zeitlichen Abstände werden genau eingehalten. Schritte können übersprungen oder wiederholt werden, wenn zum Beispiel das Gemüse für den eigenen Geschmack nicht fein genug zerkleinert wurde. Der Thermomix beschert eine ganz neue Kocherfahrung.
Die Qualität des Farbdisplays reicht übrigens nicht an ein iPad heran, das versteht sich von selbst. Aber die Eingaben werden präzise erfasst und die Schrift wirkt gestochen scharf.

Die App

Zur Cookidoo-Plattform gehört eine eigene, kostenlose App für iOS und Android, und die hat es in sich. Mit ihr lassen sich Rezepte suchen und in eigenen Sammlungen ablegen. Die Rezepte lassen sich aber auch auf den integrierten Wochenplan legen, sodass der Einkauf vor dem Wochenende plötzlich sehr zielgerichtet abläuft.
Mit minimalem Aufwand landen die Zutaten in der Einkaufsliste
Quelle: Screenshot / ze
Denn wenn Sie ein Rezept in der App auswählen, lassen sich die Zutaten mit einem Tippen auf den Einkaufszettel innerhalb der App übertragen. Gemäss Thermomix ist ein Update in Arbeit, mit dem eben diese Zutaten auch direkt in die Einkaufsliste in der Apple-App «Erinnerungen» eingetragen werden. Doch bereits jetzt sorgt die App für eine neue Form der Kontrolle über den Kühlschrank. Und weil niemand gerne Lebensmittel verschwendet, suchen Sie ein der App einfach nach «Zucchetti», wenn die grünen Prügel endlich verkocht werden müssen. Oder verwandeln Sie liegengebliebene Äpfel mit geringem Aufwand in Apfelmus, indem Sie diesen Begriff direkt am Gerät eintippen.
Jedes Rezept kann einem Datum zugeteilt werden
Quelle: Screenshot / ze

Synchronisierung und Kosten

Was immer Sie in der App zusammenstellen, lässt sich auch am Thermomix-Display abrufen. Sie suchen sich also am iPad in aller Ruhe ein Rezept für den Mittwoch aus, damit Sie es am Stichtag am Gerät abrufen.
Diese Synchronisierung ist möglich, weil Cookidoo und das Gerät über dasselbe Konto angemeldet sind. Ein kostenloses Konto legen Sie auf der Website an – und damit beginnt sofort die kostenlose Probezeit von zwei Wochen zu laufen. Doch keine Sorge: Wenn Sie kein Abo abschliessen, läuft der Zugang einfach ab. Nix ist passiert.
Wenn Sie einen Thermomix neu kaufen, lässt er sich im Cookidoo-Konto verknüpfen und beschert weitere 6 Monate der kostenlosen Führung. Wenn auch diese Phase ausgereizt wird, kostet das Abo 39 Franken pro Jahr.
Natürlich lässt sich der Thermomix auch ohne Abo betreiben, doch dann fehlt der beste Teil. Stattdessen kochen Sie nach eigenem Gutdünken. Davon abgesehen finden Sie auch Zeitschriften, die sich ganz dem Thermomix verschrieben haben, etwa Mein Zaubertopf. Am schnellsten machen Sie sich jedoch ein Bild, wenn Sie den YouTube-Kanal Einfach Thermomix oder ThermoMixenMitClaudia aufrufen.

Ist das überhaupt noch kochen?

So viel sei verraten: Ich habe den Thermomix gegen den Widerstand meiner Frau bestellt. Als begeisterte (und sehr talentierte) Köchin befürchtete sie, dass der Reiz am Kochen verlorengeht, weil sie zum Handlanger der Maschine degradiert wird. Doch es kam ganz anders.
Man könnte das Kochen mit dem Thermomix mit naheliegenden Adjektiven bepflastern: schneller, vielseitiger, effizienter, praktischer, vielleicht sogar langweiliger … aber aus unserer Sicht ist das Kochen vor allem sehr entspannend geworden. Und so stehen wir häufiger zu zweit in der Küche und schnippeln irgendwelches Zeugs, das später auf Kommando eingeworfen wird. In der Zwischenzeit geht die Maschine ihrer Arbeit nach. Nichts kann anbrennen. Nichts verkocht. Die Temperatur ist stets korrekt. Gehackt wird im richtigen Tempo. Keine Pfanne muss beobachtet werden. Es ist in jeder Hinsicht befreiend!
Kurz, die «Arbeit» mit dem Thermomix fühlt sich immer noch wie Kochen an – einfach ohne die stressigen Aspekte. Und meine sehr viel bessere Hälfte ist unterdessen von ihrer neuen Küchenhilfe äusserst angetan.
Schöner kann eine «Anleitung» nicht sein: Das 280-seitige Buch zeigt einige Rezepte, aber vor allem unzählige Tipps zur richtigen Bedienung
Quelle: PCtipp / ze
Ein weiterer Nebeneffekt besteht darin, dass unser Speiseplan deutlich abwechslungsreicher geworden ist. Am Abend fehlt oft die Energie, um sich in ein Kochbuch zu vertiefen und zu versuchen, einem Rezept zu folgen. «Schnippeln & Einwerfen» funktioniert jedoch immer – egal, wie anstrengend der Tag war. Und an Rezepten herrscht wahrlich kein Mangel.

Nebengeräusche

Es gibt kaum etwas, was dem Thermomix angekreidet werden kann, ausser vielleicht die Geräuschentwicklung bei niedriger Stufe. Dass das Gerät beim hochtourigen Mahlen fast durch die Decke geht, sei ihm verziehen – denn solche Vorgänge dauern meistens nur wenige Sekunden. Das Geräusch auf der untersten Stufe ist zwar deutlich leiser, füllt aber problemlos die Küche, etwa beim stundenlangen Sous-Vide-Garen. Abhilfe: Musik ein wenig lauter stellen.
In der App wiederum wäre es schön, wenn man eigene Notizen anbringen könnte. Nach unseren Erfahrungen wird in den Rezepten (zu) sparsam mit Salz umgegangen – und diese Korrekturen würden wir gerne für die zukünftige Verwendung festhalten. Noch besser wäre es allerdings, wenn die geführten Rezepte gleich angepasst werden könnten.
Und schliesslich sollte man den Drehregler anders belegen können. Wird er während dem Kochen betätigt, verändert er sofort die Geschwindigkeit des Messers; viel praktischer wäre es, wenn man mit diesem Regler auch durch das Rezept blättern könnte, statt mit den fettigen/klebrigen/teigverschmierten Fingern das Display zu bedienen.

«Ich will doch nur kaufen!»

Sie möchten den Thermomix kaufen? Dann wird es jetzt anstrengend, denn Vorwerk verkauft nur direkt – und das noch nicht einmal im Webshop. Stattdessen müssen Sie eine Verkaufsveranstaltung besuchen oder die nächstgelegene Thermomix-Agentin in die eigene Küche einladen. Es gibt bestimmt Interessenten, die sich dafür begeistern können. Wir fanden es hingegen ätzend.
Auf telefonischen Protest bei Vorwerk gab die freundliche Dame den einfachen Tipp: «Füllen Sie auf der Website das Anmeldeformular für eine Veranstaltung aus und schreiben Sie in den Bemerkungen, dass Sie einfach nur kaufen möchten.» (Nur!) So getan, erhielten wir gleichentags den Anruf einer Beraterin, die die Bestellung aufnahm und via Kreditkarte einkassierte. Das Gerät stand zwei Tage später vor der Tür.
Dieser Vorgang ist eigentlich das Einzige, was uns negative Gefühle bescherte. Schliesslich wollten wir nur eine Maschine ohne Beratung kaufen – und nicht einem verschworenen Geheimbund beitreten.

Unter dem Strich

Der Thermomix TM6 hat unsere Küche und das kulinarische Verständnis massgeblich bereichert. Unterdessen füllen wir die Futterkrippe etwa die Hälfte der Zeit mithilfe dieser Maschine (Tendenz steigend). Auf jeden Fall freuen wir uns immer wieder darauf, neue Rezepte auszuprobieren.
Das bestimmende Element ist jedoch die Cookidoo-Plattform mit der nahtlosen Synchronisierung. Ohne sie ist der Thermomix ein fähiges, aber dummes Gerät, das in der Küche viel Platz einnimmt. Wenn Sie sich also auf den Thermomix einlassen, dann sollten Sie das Abo für den Cookidoo-Zugang in die Kalkulation mit aufnehmen. Alternativ gibt es auf dem Markt diverse deutschsprachige Kochzeitschriften und YouTube-Kanäle, die sich dem Vorwerk-Produkt verschrieben haben.

Testergebnis

Note
4.5
Vielseitigkeit, Verarbeitung, Display, Cookidoo-Anbindung, Rezept-Auswahl
Geräuschvoll auf der untersten Stufe, lächerlich-komplizierter Bestellvorgang

Details:  Wi-Fi-Anbindung zur Rezept-Datenbank, 6.8 Zoll grosses Touch-Farbdisplay, App für iOS und Android

Preis:  1599 Franken

Infos: 



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