Konsequent verschlossen
13.02.2023, 16:00 Uhr
Test: Apple HomePod 2
Er klingt hervorragend, doch der Umgang ist oftmals belastend. Der HomePod 2 ist ein Gerät, das am liebsten für sich bleibt.
Nachdem Apple den ersten HomePod im Preis senkte und kurz darauf ganz einstellte, war für viele Kaufwillige das Thema abgehakt. Die Restbestände waren im Nu weg. Im Netz wurden originalverpackte Geräte zu deutlich höheren Preisen feilgeboten, als sie sich Apple je getraut hätte.
Über die Gründe für die Einstellung kann nur spekuliert werden. Viele empfanden den HomePod als zu teuer – vor allem, wenn mehrere Zimmer strategisch zugepflastert werden sollten. Der Google Home mini und Amazon Echo Dot zeigten, wie es besser geht, weil günstiger. Im Bastelkeller braucht es nicht immer einen Hi-Fi-Lautsprecher.
Zwar konterte Apple mit dem HomePod mini – aber der verhinderte nicht das Aus für den grossen Bruder. Deshalb ist es für die meisten Beobachter eine Überraschung, dass Apple nun den HomePod 2 nachschiebt: vom Vorgänger kaum zu unterscheiden, aber mit neuem Innenleben, neuen Qualitäten – und denselben Schwächen.
Zur Auswahl stehen «Weiss» und «Mitternacht»
Quelle: Apple Inc.
Die Einrichtung …
… ist schnell abgeschlossen. Dazu wird lediglich das iPhone nahe an den HomePod gehalten. Anschliessend autorisieren sich die Geräte gegenseitig, indem die Kamera des iPhones eine pulsierende «Plasmawolke» auf dem Display des HomePods erfasst. Dann nehmen die Dinge ihren Lauf. Bereits bei der Inbetriebnahme wird gefragt, ob der HomePod zusammen mit Apple TV verwendet werden soll, oder – wenn schon ein weiterer HomePod installiert ist – die Geräte als Stereo-Paar verwendet werden sollen.
Der erste Stolperstein kam mit der Wiedergabe ab Mac, die mit folgender Fehlermeldung quittiert wurde:
Es dauerte seine Zeit, bis ich dahinterkam, dass der schwammige Hilfstext nicht die Einstellungen des HomePods in der Home-App meint. Stattdessen müssen die Einstellungen der Home-App auf der vordersten Ebene vorgenommen werden, indem rechts oben die drei Punkte angetippt werden. Falls Sie vor demselben Problem stehen, hier der Pfad:
Bei der Auslieferung war der Lautsprecher mit der Systemversion 16 bestückt. Das Update wird in der Home-App bei den Einstellungen zum HomePod angestossen; es dauerte etwa eine Viertelstunde, bis die neuste Version 16.3.1 eingeblendet wurde; die Aktualisierung selbst brauchte dann noch einmal so lange.
Auch gut: Im Gegensatz zum Vorgänger lässt sich das Kabel abnehmen. Das Apple-Kabel ist ein wenig modifiziert, damit die Buchse ohne eine hässliche Vertiefung vollständig abgedeckt wird. Doch grundsätzlich verrichtet jedes 8-Form-Netzkabel (C8-Stecker) seinen Dienst; das erleichtert die (De-) Montage, wenn der HomePod ins Ferienhaus oder zu einem Anlass mitgenommen wird.
Bedienung und AirPlay
Über das beleuchtete Touchfeld auf der Oberseite wird die Musikwiedergabe gestartet und gestoppt, zwischen den Songs gewechselt, Siri aufgescheucht oder die Lautstärke geregelt. Doch grundsätzlich ist der HomePod auf eine berührungsfreie Bedienung ausgelegt. Das geschieht auf Zuruf via Siri: Spiele ‹In The Bath› von ‹Lemon Jelly› und ähnliche Anfragen funktionieren verblüffend zuverlässig.
Die wichtigste Möglichkeit, um den HomePod zum Klingen zu bringen, ist eine Verbindung über das Apple-eigene Protokoll AirPlay. Denn AirPlay funktioniert auf Systemebene – ganz egal, ob es eine App verwenden will oder nicht. Somit wird der Ton aus jeder beliebigen App heraus übertragen: Musik von jedem Streaming-Dienst, aber auch eigene Videos, YouTube-Clips und mehr.
Dazu wird auf dem iPhone das Kontrollcenter geöffnet und die Ausgabe über das AirPlay-Symbol umgeschaltet. Ausserdem raufen sich beliebige AirPlay-fähige Lautsprecher aller Fabrikate zu einem Multiroom-System à la Sonos zusammen. Mehrere aktive Lautsprecher werden automatisch gruppiert und gemeinsam gesteuert, doch die Lautstärke lässt sich auch individuell regeln:
Geradezu spielerisch wirkt seit jeher die Möglichkeit, die Wiedergabe auf dem iPhone zu starten und sie an den HomePod weiterzureichen, indem das Gerät nahe an den Lautsprecher gehalten wird.
Immer wieder elegant: Durch eine Annäherung des iPhones wird die Ausgabe umgeleitet
Quelle: Apple Inc.
Bei der Übertragung ab Apple-Geräten funktioniert AirPlay butterweich. Android-Geräte bleiben allerdings aussen vor, was die Situation in einem gemischten Haushalt unschön macht. Für Android werden im Google Play Store zwar einige Apps angeboten, die AirPlay ins Google-System prügeln wollen. Doch das funktioniert mehr schlecht als recht – und oft gar nicht. Dem HomePod fehlen ausserdem eine Klinkenbuchse und eine Verbindung über Bluetooth, sodass der Lautsprecher gegen fremde Geräte geradezu hermetisch abgeschirmt ist.
Das gefällt den Ohren
Am Sound gibt es nicht das Geringste auszusetzen. Die Höhen sind klar, die Bässe kräftig und die Musik wird von einer sehr angenehmen, warmen Klangsignatur geprägt. Ich war mit dem Sound des HomePod 1 eigentlich sehr zufrieden – aber die neue Generation setzt noch eins drauf: mit etwas mehr Bass, aber vor allem mit klareren Mitten. Im direkten Vergleich wirkt der HomePod 1 sogar fast ein wenig schmalbrüstig.
Der Ton wird automatisch ausgemessen und angepasst – je nachdem, ob der HomePod im freien Raum auf einem Glastisch, an einer Wand neben den Vorhängen oder in einer Ecke platziert wird. Das kommt der unkomplizierten Handhabung sehr entgegen. Es tröstet auch ein wenig darüber hinweg, dass immer noch kein Equalizer zur Verfügung steht – abgesehen von jenem, der in den Einstellungen zur Music-App zu finden ist. Aber der gilt auch nur für diese App.
Der Bass ist ausserdem kräftig genug, dass er durch die Tischplatte drückt: Wenn Sie vorhaben, den HomePod als Luxus-Lautsprecher am Mac zu verwenden, ist eine Entkoppelung der Tischplatte unvermeidlich – denn die vibrierende Unterlage ist keine zwei Minuten auszuhalten. Der Ton spielt bei Videos absolut lippensynchron; einzig die Wiedergabe läuft noch einige Sekunden weiter, nachdem sie am Mac oder Fernseher bereits unterbrochen wurde. Das bringt uns zum nächsten Thema.
HomePods als TV-Lautsprecher
Apple preist den neuen HomePod auch als Lautsprecher für die Verwendung mit Apple TV an. Dazu werden vorab zwei Exemplare in der Home-App zu einem Stereo-Paar vereint, das anschliessend in den Einstellungen des Apple TV ausgewählt wird:
Auch hier überzeugt der Klang, wenn man sich mit der Stereo-Wiedergabe begnügt. Für das übliche Fernsehprogramm und ruhige Filme liefern die HomePods eine tadellose Vorstellung – und klingen dabei wohl um Welten besser als die meisten verbauten TV-Lautsprecher.
Ein eindrücklicher Sound für die leisen Filme – aber ein Subwoofer wird bei Action-Streifen vermisst
Quelle: PCtipp.ch
Wenn hingegen der neuste Action-Blockbuster die volle Dröhnung verspricht, dann sind die HomePods genau das, was sie eben sind: Lautsprecher mit etwa einem Liter Volumen – und ohne Subwoofer.
Im Test musste die Lautstärke über die mitgelieferte Fernbedienung des Apple TVs erfolgen, die Logitech Universal-Fernbedienung wurde ignoriert.
Die Übertragung zum Apple TV funktioniert über Wi-Fi – und das führt erfahrungsgemäss zu möglichen Latenzen. Nicht bei den HomePods: Die Wiedergabe von jeglichem Filmmaterial erfolgt so lippensynchron, wie man es sich nur wünschen kann. Auch bei Spielen aus der Apple Arcade erklingt jeder Schuss, jeder Schwerthieb und jeder Soundeffekt genau dann, wenn er es sollte.
Kein Herz für alte Geräte
Leider ist die Bildung eines Stereopaars nur mit den HomePods derselben Generation möglich. Wer also noch einen einsamen Vorgänger herumstehen hat und ihn nun ergänzen möchte, wird kein Glück haben. Da jedoch die neuen Modelle anders und auch besser klingen, wäre eine solche Paarung nicht zielführend.
Siri und andere Probleme
Wenn der ausgezeichnete Sound und die gefällige Erscheinung für einen Moment beiseitegeschoben werden, beginnt die Talfahrt. Denn beim HomePod (und auch beim HomePod Mini) läuft auf mehreren Ebenen so vieles schief, dass ich diesem feinen Stück Hardware das Prädikat «smart» abspreche.
Siri, die ewige Baustelle
Es hat sich längst herumgesprochen, dass Siri nicht die hellste Kerze auf der Torte ist – wenn man die traurige Wahrheit in einen flauschigen Euphemismus verpackt. Ich habe in den letzten Jahren aufgehört, mich tiefer mit Siri zu beschäftigen, denn ein Fortschritt ist nicht zu erkennen. Das Einzige, was ich ihr noch zumute, sind die gebellten Kommandos «Wetter!» und «Timer auf …». Immerhin: Seit neustem (!) ist es möglich, dass Siri mehr als einen Timer gleichzeitig erfassen kann, was sie für den Einsatz in der Küche qualifiziert.
Mit mehreren HomePods sind auch Kommandos möglich, wie: «Übertrage die Musik aus dem Schlafzimmer ins Wohnzimmer» oder: «Stelle die Lautstärke überall lauter». Zumindest würde es in einer perfekten Welt so laufen. Doch ich zähle längst nicht mehr, wie oft eine Anfrage mit «Sekunde … einen Moment … bin dran … es-gab-ein–Problem-bitte-versuche-es-noch-einmal» beantwortet wurde. Das endet jedes Mal in etwa 30 Sekunden verschwendeter Lebenszeit und einem erhöhten Blutdruck.
Frage: «Hey Siri, wie viel kostet eine Unze Gold?»
Antwort: «Eine Unze entspricht 0,028 Kilogramm.»
Solche Antworten sind keine seltenen Ausrutscher – das ist Siri, wie sie leibt und lebt. Und wenn die «Assistentin» in der Apple-Werbung die verrücktesten Dinge auf Zuruf erledigt, stellt sich die Frage, wo das Marketing endet und die Täuschung beginnt.
Kein TuneIn Radio
In den meisten Ländern gehört der Internet-Radiodienst TuneIn Radio zum festen Bestandteil des HomePods, um unzählige Radiosender aus aller Welt anzuzapfen. Nicht so in der Schweiz: Aus unerfindlichen Gründen verweigert uns Apple diesen Dienst, seit der erste HomePod Mini offiziell in Helvetien erhältlich ist. Und so funktioniert das Kommando Spiele Radio Zürisee zwar in Helsinki, aber nicht am Zürisee. Nebenbei: Auf jedem Lautsprecher mit Google Assistant bringt der Dienst die Exotik ferner Radiostationen auch in die Schweiz.
Kein Spotify & Co.
Spotify wird auf dem HomePod nicht unterstützt. Doch seit Jahren ist klar, dass sich nicht Apple, sondern Spotify querstellt. Google Music funktioniert ebenfalls nicht. Die Integration muss dabei von den Streaming-Anbietern erledigt werden; die dazu nötigen Schnittstellen bietet Apple jedem Dienst an, der sie nutzen will. Aber das ändert nichts an der unbefriedigenden Situation für die Anwender.
Das soll nicht heissen, dass sich Musik von Spotify und anderen Diensten nicht wiedergeben lässt; es ist lediglich nicht möglich, die Wiedergabe mit Siri zu steuern. Stattdessen wird die Musik über AirPlay an beliebig viele HomePods übermittelt, so wie es auch bei jeder anderen Audioquelle möglich ist.
Kein Apple Music – kein Musikwecker
Auch das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Wenn Sie einen HomePod (mini) als Musikwecker verwenden möchten, dann braucht es dazu ein Abo für Apple Music, um am Morgen eine Playlist abzuspulen. Wenn das Abo fehlt, erklingt genau der Weckton – und sonst gar nichts. Das wäre in Ermangelung der unterstützten Dienste sogar nachvollziehbar. Aber dass nicht einmal die kostenlosen, hauseigenen Radiosender von Apple als Quelle verwendet werden können, gibt doch zu denken. Und dass TuneIn Radio nicht verfügbar ist, hatten wir ja schon.
Kaufberatung und Fazit
Der HomePod 2 besitzt aussergewöhnliche musikalische Fähigkeiten und wirkt in jeder Umgebung gleichermassen edel und dezent. Zusammen mit einem Apple TV liefert er ausserdem eine beeindruckende Leistung, wenn zwei davon zu einem Stereo-Paar verschweisst werden. Und dass mehrere HomePods ein Heim als hervorragendes Multiroom-System mit Musik erfüllen, steht ausser Frage.
Doch die Nachteile wiegen schwer. Die Beschränktheit von Siri zieht früher oder später das Nervenkostüm in Mitleidenschaft. (Im Zweifelsfall eher früher.) Die unverzeihliche Abwesenheit von TuneIn Radio und die fehlende Unterstützung von fremden Musikdiensten sorgen dafür, dass der HomePod ohne ein Apple-Music-Abo nicht als Musikwecker taugt.
All das schmälert den Spass erheblich. Unsere Familie steckt zwar knietief im Apple-Kosmos; aber weil sich unsere Junioren dem Spotify-Lager zugewandt haben und dort nun mal das Familien-Abo läuft, bleibt vom HomePod nicht mehr viel übrig, was als «smart» durchgeht. Siri zählt jedenfalls nicht dazu.
Es braucht ein klares Bekenntnis. Wenn Sie …
● bis in die Haarwurzeln auf Apple-Geräte eingeschossen sind
● den hervorragenden Klang suchen
● mit Siri klarkommen
● ein Abo für Apple Music am Laufen haben
● keine Android-Geräte einbeziehen möchten
… dann wird der HomePod 2 Ihre Erwartungen vermutlich nicht nur erfüllen, sondern weit übertreffen. Hier können Sie nichts falsch machen. Der Klang, der einfache Umgang und das zeitlose Design sind die pure Freude. Ausserdem ist der Preis für ein Gerät mit diesen Qualitäten mehr als gerechtfertigt, ja fast schon günstig.
Wenn aber nur ein Punkt in dieser Aufzählung auf Sie nicht zutrifft, sollten Sie sich vor dem Kauf fragen, ob einer der unzähligen Lautsprecher mit Google Assistant vielleicht die bessere Wahl ist. Auf der «anderen Seite» ist zwar längst nicht alles Gold, was glänzt – aber es warten potente und schöne Lautsprecher, etwa von Sonos, Marshall, Ikea und unzähligen anderen Herstellern. Mit dabei sind ausserdem eine verständnisvolle Assistentin und TuneIn Radio.
Dazu kommt, dass fast alle Lautsprecher, die mit Google Cast arbeiten (also mit Android funktionieren), auch mit AirPlay ausgestattet sind. Will heissen: Wenn Sie sich für einen Lautsprecher mit Google Assistant entscheiden, dann steuern Sie damit Spotify, TuneIn Radio, Google Music, Apple Music (!) und andere Dienste. Direkte Verbindungen sind von den Apple-Geräten via AirPlay und von Android-Smartphones via Google Cast (oft auch Chromecast genannt) gewährleistet.
Fazit
Der HomePod 2 bietet eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Vorgänger. Doch während der Sound und die Bedienung auf der ganzen Linie überzeugen, sind die alten Schwachstellen immer noch vorhanden. Abgesehen von der Apple Watch gibt es wohl kein anderes Apple-Gerät, das so konsequent vor anderen Systemen abgeschottet wird: teilweise durch Fremdeinwirkung, aber genauso durch bewusste Entscheidungen von Apple. Und das ist für ein so simples Gerät wie einen Lautsprecher kein positives Merkmal.