Effizienzverlust
22.08.2022, 09:46 Uhr
Softwareingenieure verplempern zu viel Zeit in Meetings
Softwareingenieure sitzen im Durchschnitt während einem Drittel ihrer Arbeitszeit in einer Sitzung. Darunter leidet nicht nur ihre Produktivität, sondern indirekt auch der Ertrag ihres Arbeitgebers selbst. Doch es gibt Wege, diesen Zeitverlust zu reduzieren.
Softwareingenieure verbringen durchschnittlich ein Drittel ihrer Arbeitswoche in Meetings. Das zeigt eine Untersuchung des Zeiterfassungs- und Planungssoftwareunternehmens Clockwise, welches Daten zu 1,5 Millionen Meetings von 80'000 Usern der App aus 5000 verschiedenen Unternehmen ausgewertet hat. Die Ergebnisse beziehen sich auf den Zeitraum zwischen Mai 2021 und Mai 2022.
Die Daten von Clockwise zeigen, dass ein Softwareingenieur jede Woche 10,9 Stunden in Meetings verbringt. 6,3 Stunden fallen auf die sogenannte «Fragmented Time», also die Zeit zwischen den Sitzungen und gerade mal 19,6 Stunden lang können die Entwickler für «Focus Time» aufwenden. Darunter versteht Clockwise eine Zeitspanne von mindestens zwei Stunden, in denen sich die Softwareingenieure vollkommen auf ihre Arbeit konzentrieren können.
«Focus Time» wäre eigentlich essenziell
Gerade die Zeit, um fokussiert zu arbeiten, wäre für die Softwareingenieure aber etwas sehr Wichtiges. Das bestätigen die 150 Software-Engineering-Manager, die Clockwise zum Thema «Focus Time» zusätzlich befragt hat. 90 Prozent von ihnen sehen einen direkten Zusammenhang zwischen der «Focus Time» und der Produktivität. Die grosse Mehrheit, 80 Prozent, stimmen der Aussage zu, dass dieses fokussierte Arbeiten dabei hilft, Projekte schneller zu beenden. Laut den Managern lohnt sich die dezidierte «Focus Time» für ein Unternehmen auch finanziell. 76 Prozent der Software-Engineering-Manager sagen nämlich, dass «Focus-Time» das Einkommen ihres Unternehmens positiv beeinflusst.
Je grösser das Unternehmen, desto mehr Meetings
Die Anzahl der Stunden, die ein Softwareingenieur in Meetings verbringt, steigt mit der Grösse des Unternehmens. Laut Clockwise haben Programmierer in kleinen Unternehmen durchschnittlich jede Woche 5,6 Stunden mehr Zeit für die fokussierte Arbeit und verbringen 2,5 Stunden weniger Zeit in Meetings als Kollegen, die in Grossfirmen angestellt sind. Das liegt laut Dan Kador, Vice President of Engineering bei Clockwise oft daran, dass etablierte Unternehmen sich stärker auf diese Meetings verlassen, um Entscheidungen zu treffen.
Gerade bei Grossunternehmen tragen die regelmässig geplanten Meetings stark zum Zeitproblem der Softwareingenieure bei. Ganze 12,2 Stunden pro Woche verbringen sie mit den Treffen. Ein Call oder eine Sitzung ohne richtigen Grund kann aber einiges an Zeitverlust verursachen.
«Es ist wichtig, dass Teams die Köpfe zusammenstecken, um Dinge zu diskutieren und sicherzustellen, dass sie alle auf der gleichen Linie sind. Aber es geschieht oft, dass Meetings in regelmässigen Zeitabständen geplant und durchgeführt werden, sogar wenn keine Entscheidungen anstehen», sagt Jack Gold, Principal Analyst und Gründer bei J. Gold Associates. «Wir waren alle schon in wöchentlichen Meetings, die, auch wenn es eigentlich gar nichts zu besprechen gab, trotzdem durchgeführt wurden. Einige Organisatoren der Treffen fühlen sich dabei sogar dazu verpflichtet, die ganze geplante Zeit irgendwie zu füllen», so Gold.
Manager haben am wenigsten «Focus Time»
Der Aufstieg auf der Karriereleiter verschlimmert das Problem mit Mangel an «Focus Time» weiter. Laut dem Report von Clockwise verbringt ein Engineering Manager ganze 17,9 Stunden pro Woche in Meetings. Sieben Stunden mehr als die normalen Software-Entwickler. Darunter leidet selbstverständlich auch die Zeit, um fokussiert zu arbeiten. Nach dem Aufstieg zum Manager bleiben den meisten Softwareingenieuren gerade noch 10,4 Stunden «Focus Time» pro Woche, oder ein Viertel ihrer Arbeitszeit.
Verschiedene Optionen, um den Zeitverlust zu reduzieren
Während grössere Unternehmen noch stärker auf traditionelle Meetings setzen, sind ihnen die kleineren Unternehmen bei der asynchronen Kommunikation einen Schritt voraus. Sie stützen sich stärker auf die vielen verfügbaren Tools wie etwa Slack oder Microsoft Teams, die es den Angestellten erlauben, gewisse Meetings, die gar nicht alle etwas angehen, kurzfristig in kleinen Gruppen online durchzuführen. «Mit den neueren Tools zur Zusammenarbeit ist die Last der Meetings etwas gesunken, da die Leute jetzt ad-hoc Meetings haben können, bei denen nur diejenigen Kollegen dabei sind, die auch wirklich involviert sind, während der Rest sich auf seine eigentliche Arbeit konzentrieren kann», meint Gold. «Diese Meetings tendieren dazu, kürzer und fokussierter zu sein. Das bedeutet, die Teilnehmer sind stärker involviert und fangen nicht an sich zu langweilen, wenn Dinge diskutiert werden, die für sie nicht relevant sind.»
Tage ohne Sitzungen
Während die technologischen Hilfsmittel dabei helfen, die Zeit, die für Meetings aufgewendet wird, zu verkürzen, kann auch ein Kulturwandel im Management hilfreich sein. So können Unternehmen versuchen, gezielt «No-meeting Days» einzuführen, um die aktuellen Gewohnheiten zu ändern und die asynchrone Kommunikation zu fördern. Gerade grosse Unternehmen haben hier die Chance zum Experimentieren. Kador erhofft sich viel von einem solchen Kulturwandel. «Meine Erwartung basierend auf meiner eigenen Karriere und von dem, was ich in der Branche gesehen habe, ist, dass diese «No-meeting days» eine wirklich positive Auswirkung haben.»