Hackathons als Innovationstreiber

Deutsche Unternehmen zeigen sich offen für die Hacker-Kultur

Online PC: Werden die Hackathon-Events als Quelle für Innovation überhaupt anerkannt?
Strobl: Meiner Erfahrung nach sehen immer mehr Unternehmen die Hackathons als Innovationstreiber. Das liegt vor allem an dem starken Wettbewerb aus dem Silicon Valley. Tesla hat beispielsweise eine Trial-and-Error-Kultur eingeführt: Sie probieren viel und sind dabei wahnsinnig schnell. Infolgedessen bringt Tesla immer wieder Innovationen auf den Markt. Diese Schnelligkeit wollen andere Unternehmen auch haben.
Selbstverständlich gibt es auch eher traditionelle Unternehmen, die dem Hackathon-Konzept gegenüber abgeneigt sind, weil es ihnen zu viel Trubel ins Unternehmen bringt. Sie wollen einfach so weitermachen wie bisher. Ich bin dennoch überzeugt, dass sich diese Einstellung früher oder später ändern wird. Viele Unternehmen, die 2013 noch gesagt haben „Was ist ein Hackathon? Das ist nichts für uns“, sind mittlerweile begeistert von der Innovationskraft und dem Spass, sich mit anderen aus dem Silicon Valley zu messen, um bessere Produkte für Kunden zu entwickeln.
Online PC: Ist es unter rechtlichen Gesichtspunkten problematisch für die Anwendungen und Projekte, die während eines Hackathons entstehen, dass dazu letztlich externe Entwickler eingeladen werden?
Strobl: Datenschutz ist selbstverständlich ein grosses Thema, insbesondere weil es ja auch um Geschäftsgeheimnisse geht. Hierbei gehen Unternehmen in der Regel in zwei Schritten vor. Im ersten Schritt findet vier bis sechs Wochen vor einem Hackathon die interne Aufbereitung der Daten statt. Das Unternehmen klärt in der Regel mit der Rechtsabteilung, welche Programm- oder Code-Beispiele für das Hackathon bereitgestellt werden.
Im zweiten Schritt unterschreiben die Teilnehmer bei sensiblen Daten eine Vertraulichkeitsvereinbarung oder spezielle Allgemeine Geschäftsbedingungen.
Online PC: Wie sieht es mit Hackathons in deutschen Unternehmen aus?
Strobl: Es hat sich in letzter Zeit in dieser Hinsicht sehr viel getan. Mittlerweile haben fast alle DAX-30-Konzerne, zum Beispiel Deutsche Lufthansa, ProSieben oder Volkswagen, Hackathons durchgeführt. Dabei hat die Qualität solcher Events und das Verständnis der Materie stark zugenommen. Ich hätte früher nicht gedacht, dass die deutschen Unternehmen für die Hacker-Kultur so offen sein könnten. Vermutlich liegt es daran, dass die Grossunternehmen nun den Gedanken zulassen, dass es bestimmte Dinge gibt, die sie gut können, und dass es wiederum andere Dinge gibt, bei denen sie es sich erlauben können, Hilfe von aussen zu holen.
Online PC: Werden also in Zukunft immer mehr Grossunternehmen in Deutschland auf Hackathons zurückgreifen?
Strobl: Das sollten sie auf jeden Fall tun, wenn sie die digitale Innovation ernsthaft vorantreiben wollen. Aktuell gibt es immer noch eine Diskrepanz zwischen einem einmaligen Hackathon-Event und den etwa 300 bis 500 Millionen Euro betragenden internen Risikokapitalrücklagen für Innovationen. Bei Hackerbay wünschen wir uns, dass die Hacker-Kultur auch längerfristig auf Projektbasis in den Unternehmen aufgenommen wird. Damit wird das Experimentieren zu einem dauerhaften Prozess – und die Veränderung zu einer Konstante.




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