CEO
29.11.2017, 09:05 Uhr
Ein Idealist, der Drohnen baut
Als Junge wollte Basil Weibel die Welt verstehen und Probleme lösen. Dann hat er drei Studiengänge absolviert und eine innovative Drohne konzipiert. Heute ist er CEO des ETH-Spin-offs Wingtra – und laut Forbes in Europa einer der 30 einflussreichsten Jungunternehmer unter 30 in diesem Jahr.
Produziert eine Vermessungsdrohne für zivile Anwendungen: Basil Weibel mit dem ETH-Spin-off Wingtra
(Quelle: Florian Bachmann)
Basil Weibel will hoch hinaus – und steht dennoch mit beiden Beinen fest am Boden. Im Gespräch hört er zu, überlegt, bevor er spricht, äussert sich dann mit Bedacht. «Ja, es ist ein sehr schönes Gefühl, in einer Gesellschaft zu leben, wo junge Leute eine echte Chance erhalten, etwas aufzubauen», sagt er. Natürlich sei ihm ob all der Verantwortung auch mal mulmig zu Mute, räumt er ein, und Schalk blitzt auf in seinen Augen. «Aber ein bisschen unverfroren muss man als Firmengründer schon sein.»
Etwas bewirken
Weibel ist 29 Jahre alt und leitet die Geschicke des ETH-Spin-offs Wingtra, mit dem er ein ausgeklügeltes Fluggerät baut. Flugzeuge und Fliegerspiele interessieren ihn aber kaum. Ihm geht es um die Anwendung; um das, was Technologie für den Menschen machen kann. «Als Gymnasiast war ich Idealist und wollte die Welt verändern – da bin ich stehen geblieben, das ist noch heute meine Motivation», sagt er. Weibel wuchs in St. Gallen auf. In gesundem Mass respektlos gegenüber dem Status quo war er schon als Kind. In der Schule hinterfragte gern Bewährtes, wollte Dinge anders machen. Als er vor der Wahl eines Studiums stand, trieb ihn vor allem ein Gedanke an: Er wollte die Welt verstehen und ihre Probleme lösen. Dazu kam für ihn Physik in Frage. Oder Ökonomie und Soziologie. «Für Ersteres hätte mein Mathetalent wohl kaum gereicht», schmunzelt er. So schrieb er sich an der Universität St. Gallen für die Studiengänge Internationale Beziehungen und Volkswirtschaftslehre ein.
Das Potenzial von Technologie erkannt
Nun machte sich Weibel mit Kostenfunktionen, Wachstumsmodellen und Innovationsfaktoren bekannt. Nach drei Jahren schloss er beide Bachelor-Studiengänge gleichzeitig ab. Das Gelernte war für ihn zwar akademisch sehr interessant, aber für die Praxis und seine Berufswahl zu wenig relevant. Sein Wissensdurst war noch nicht gestillt. Ein Richtungswechsel reizte ihn. Schon länger trieb ihn damals die Frage um, wie die Welt zu Wohlstand kommt. Dass Technologie und Innovation dabei eine zentrale Rolle spielen, war dem frischgebackenen Ökonomen natürlich bewusst. Und er hatte Ideen, um mit Technologie etwas zu bewegen. Wie wäre es etwa, Energie ganz günstig und sauber zu produzieren, um alle Kostenfunktionen der Welt auf einen Schlag reduzieren? Solche Gedankenspiele faszinierten ihn sehr. Also packte er erneut ein Studium an, diesmal Maschineningenieurwissenschaften an der ETH Zürich.
Schlüsselmoment im Fokusprojekt
Das Studium war aber härter als alles, was Weibel bisher kannte. Vor allem am Anfang musste er sich durchbeissen, gewann aber zusehends Freude daran. Denn er sah, dass er mächtige Werkzeuge erlernte, die er später in der Praxis einsetzen kann. Ende Bachelor kam Weibel mit Robotik und Drohnen in Kontakt. Da fasste er den Gedanken, die Transportkosten im Paketversandmarkt mit einem flexiblen Flugroboter zu senken. In einem Fokusprojekt, in dem Studierende das erworbene Wissen praktisch anwenden, entwickelte er mit einem kleinen Team eine Transportdrohne, die flexibel wie ein Multikopter starten und landen, aber effizient wie ein Flugzeug fliegen kann. Das Resultat überzeugte derart, dass es das Autonomous Systems Lab der ETH Zürich als Förderprojekt aufnahm. Diese Erfahrung und der Support, den er erfuhr, waren für Weibel ein Schlüsselmoment: «Da wurde mir klar, genau das will ich tun!» Wenig später gründete er Wingtra.
Vom Student zum Jungunternehmer
Von da an ging alles Schlag auf Schlag. 2015 erhielt das Projekt entscheidende Finanzierung von der Gebert Rüf Stiftung. Im Februar 2016 nahm Wyss Zurich die Jungfirma als Förderprojekt auf. Bald stiegen private Investoren ein. Anfang 2017 hat Weibel die ersten Drohnen verkauft. Allerdings nicht für den Pakettransport wie er ursprünglich dachte, sondern für Vermessung und Landwirtschaft. Denn mit Kameras ausgerüstet kann der schlaue Flugroboter präzise Geländekarten erstellen und Felder überwachen. Bauern können so Dünger und Pestizide einsparen, wovon auch Konsumenten und die Umwelt profitieren. Endlich hat Weibel gefunden, was er lange suchte: Die Möglichkeit, eine positive Veränderung mit zu gestalten. Das Abenteuer forderte aber auch seinen Tribut: Weibel und die drei Mitgründer schossen ihre gesamten Ersparnisse ein, verzichteten ein Jahr lang auf Lohn, arbeiteten auch an Wochenenden und manchmal nachts. Das braucht Biss. Erst diesen Sommer hat Weibel seit vier Jahren wieder richtige Ferien gemacht: Mit seiner Freundin eine zweiwöchige Kanutour in Schweden.
Vielseitig gefordert
Was vor vier Jahren mit einer Skizze auf einer Papierserviette begann, ist heute ein Unternehmen mit 36 Mitarbeitenden. Als CEO kommen Weibel seine vielseitigen Interessen zugute: Er packt an, wo es ihn gerade braucht. Zudem plant er die Strategie, kümmert sich um Kapital und stellt neue «Wingtranauten» an. Ein motiviertes Team mit einer starken Mission ist für ihn denn auch das Wichtigste, was es braucht. «Wenn das stimmt, lassen sich fast alle Herausforderungen meistern», ist er überzeugt. Weibel und sein Team haben für ihren Spin-off von verschiedenen Seiten viel Unterstützung erhalten. Ohne diese wäre Wingtra nicht möglich gewesen. Dafür ist er enorm dankbar. «Dass wir an dieser Hochschule ein solches Projekt umsetzen konnten, ist ein besonderes Glück», sagt er. In der einen oder anderen Form, ist sich Weibel sicher, wird er der Gesellschaft später etwas zurückgeben können.