Bei Katastrophen Smartphone-Netze optimaler nutzen
Netz bleibt deutlich länger stabil
Die von Dirk Helbing zusammen mit Frances Brazier und Martijn Warnier von der TU Delft betreute Studie leistet einen Beitrag zur Bewältigung solcher Notsituationen. Sie schlägt eine App vor, welche ein Kommunikationsnetz direkt zwischen den Handys aufbaut und die verbliebenen Akkuladungen im Katastrophengebiet optimal nutzt. In ihrem Paper zeigen die Forscher auf, welche Funktionen eine solche Anwendung haben muss, damit das Netz stabil und die einzelnen Geräte möglichst lange miteinander in Verbindung bleiben.
Das funktioniert so: Einige Geräte mit viel Restakku fungieren als Hubs. Über diese Handys werden jene Kommunikationsvorgänge abgewickelt, die viel Energie verbrauchen, also den Akku entladen. In der Studie wurde dies mit dem Versenden von Textnachrichten simuliert. Die Geräte mit geringem Akku hingegen werden mehrheitlich «geschont» – mit dem Effekt, dass möglichst wenige Geräte aus dem Netz ausscheiden. Denn je mehr Handys im Netz verbleiben, desto stabiler ist es. Das von den Wissenschaftlern vorgeschlagene System optimiert sich dabei laufend selbst: Wenn ein Gerät, das als Hub fungiert, an Akkuladung einbüsst, wird es automatisch durch ein anderes Handy, das noch über mehr Batterieleistung verfügt, als Hub ersetzt.
Diese Funktionen erlauben es den betroffenen Menschen, länger miteinander in Kontakt zu bleiben und einander zu helfen. Die Forscher rund um Helbing nennen dieses neue Notfall-Kommunikationssystem SOS (für «Self-Organsation for Survival»). Anhand von Simulationen konnten sie zeigen, dass die neue Methode tatsächlich besser funktioniert. Während bei herkömmlichen sogenannten Mesh-Netzwerken nach 24 Stunden nur noch 18 Prozent aller Handys im Netz verblieben, waren es beim SOS-System noch 99 Prozent. Und nach der kritischen Zeit von 72 Stunden war mit dem neuen System immer noch die Mehrheit aller Handys (62 Prozent) aktiv.
Zentraler Vorteil dabei war, dass im SOS-System die Energie im Netz gleichmässiger, also «fairer» genutzt wurde. «Von dieser fairen Verteilung profitieren letztlich alle», sagt die Doktorandin Indushree Banerjee, Hauptautorin der Studie. Und Helbing ergänzt: «Die Gemeinschaft benötigt Kommunikation, um sich zu organisieren. Wenn Akkus leerlaufen, dann tragen alle den Schaden, weil Lücken im Kommunikationsnetz entstehen.»
Autor(in)
Andres
Eberhard, ETH-News