Freies WLAN: Das Drahtlos-Dilemma
Der Routerzwang endet am 1. August 2016
Die Pläne der Provider, das Heer der an ihre Kunden ausgelieferten Router zu einem flächendeckenden Netz zusammenzuschalten, werden zusätzlich durch ein Gesetz durchkreuzt: Ab August 2016 ist jeder Netzbetreiber verpflichtet, seinen Kunden die Wahl zwischen einem eigenen oder einem fremden Router zu lassen. Bei Routern, die sich der Kunde selbst aussucht, hat der Netzbetreiber keine Möglichkeit, einen zusätzlichen Hotspot einzurichten, wenn der Kunde dies nicht ausdrücklich unterstützt. Die Bereitschaft dazu ist jedoch begrenzt. Nach Erkenntnissen der GfK möchten nur sechs Prozent aller Internet-Nutzer selbst einen Hotspot anbieten.
Diese geringe Zahl ist vermutlich der Grund dafür, dass Firmen wie das Start-up Fon in Deutschland noch keine wirklich entscheidende Rolle spielen. Das ursprüngliche Geschäftsmodell ist so simpel wie bestechend: Wer über einen Fon-Router seinen eigenen Internet-Zugang der Fon-Community zur Verfügung stellt, darf im Gegenzug auch die Router anderer "Foneros" nutzen. Das Missverhältnis zwischen der Zahl derer, die öffentlich surfen wollen, und denen, die ihre Infrastruktur dafür zur Verfügung stellen sollen, hat Fon inzwischen dazu gebracht, sein Geschäftsmodell zu erweitern: Jetzt können sich potenzielle Nutzer auch einfach für Geld einen Zugangscode kaufen. Das schwedische Start-up Instabridge setzt auf die Solidarität privater Routerbetreiber, ähnlich agiert der Berliner Freifunk.
Vorkonfigurierte Lösungen
Wer als Ladenbetreiber ein offenes WLAN anbieten will, kann dafür inzwischen auf vorkonfigurierte Lösungen zugreifen, inklusive Login-Seite mit Unternehmens-Branding. Entsprechende Hardware-Pakete beginnen bei der Telekom bei 40 Euro pro Monat. Das Start-up Airfy bietet für 99 Euro einen vorkonfigurierten Router an, dazu kommen 13 Euro pro Monat für den Basisdienst, bei dem jeder Nutzer mit Werbung bespielt wird. Wünscht der Netzbetreiber keine Werbung, zahlt er 25 Euro pro Monat.
Angebote wie diese sind zwar noch keine völlig freien Netze ohne Anmeldeprozedur (wie sie oft gefordert werden), doch wer sich in ein offenes und unverschlüsseltes Netzwerk einloggt, muss damit rechnen, dass andere Zugriff auf sein Smartphone enthalten, denn die Daten werden unverschlüsselt übertragen.
Auch eine Verschlüsselung allein - inklusive Anmeldung - stellt noch keinen sicheren Schutz dar, vor allem dann nicht, wenn die Anmeldedaten allgemein bekannt sind, weil sie zum Beispiel im Café auf der Speisekarte stehen. Für Gauner ist es ein Leichtes, eine sogenannte "Man-in-the-middle"-Attacke zu starten. Sie geben sich einfach als das Netzwerk des Cafés oder der Hotellobby aus, in der sie gerade sitzen - und leiten den Traffic der anderen Nutzer über ihr Notebook. Diese Gefahr ist realer, als viele Nutzer glauben. An belebten Plätzen sind Hacker-Attacken keine Seltenheit mehr.
Auch eine Verschlüsselung allein - inklusive Anmeldung - stellt noch keinen sicheren Schutz dar, vor allem dann nicht, wenn die Anmeldedaten allgemein bekannt sind, weil sie zum Beispiel im Café auf der Speisekarte stehen. Für Gauner ist es ein Leichtes, eine sogenannte "Man-in-the-middle"-Attacke zu starten. Sie geben sich einfach als das Netzwerk des Cafés oder der Hotellobby aus, in der sie gerade sitzen - und leiten den Traffic der anderen Nutzer über ihr Notebook. Diese Gefahr ist realer, als viele Nutzer glauben. An belebten Plätzen sind Hacker-Attacken keine Seltenheit mehr.
Ein Gegenmittel gegen solche Gefahren gibt es auch, es nennt sich VPN-Tunneling. Dabei baut das Mobilgerät des Nutzers eine verschlüsselte Verbindung mit einem Server auf - für Dritte nahezu unknackbar. Was unter IT-Fachleuten eine gängige Sicherheitsmassnahme für den mobilen Zugriff auf Firmendaten darstellt, ist den meisten Privatnutzern völlig unbekannt. Damit einher geht eine allgemeine Sorglosigkeit, die eigenen Daten betreffend. Man mag Angst davor haben, von der NSA ausgeforscht zu werden, aber dass der Mann am Kneipentisch nebenan gerade das eigene Amazon-Zugangspasswort ausspäht, gelangt nicht ins Bewusstsein. Nach Erkenntnissen des Security-Experten Symantec glaubt mehr als die Hälfte aller Smartphone-Nutzer, in einem WLAN seien ihre Daten vor Ausspähung geschützt.
Warum LTE nicht die Lösung ist
Als Alternative zur WLAN-Technik bietet sich Mobilfunk an - aber nur auf den ersten Blick. Zwar lockt der Funkstandard LTE mit einer sicheren, verschlüsselten Übertragung und mit Bandbreiten von bis zu 50 Mbit pro Sekunde - schneller als die meisten DSL-Anschlüsse der Telekom -, doch die Provider treten bei LTE auf die Bremse, denn ihre Mobilfunknetze operieren an der Kapazitätsgrenze. Dazu kommt, dass der LTE-Netzausbau, verglichen mit der Installation eines WLAN-Hotspots, eine teure Angelegenheit ist: Ein WLAN Access Point in wetterfester Outdoor-Ausführung kostet nur ein paar Hundert Euro, die Preise für Mobilfunk-Basisstationen beginnen dagegen im fünfstelligen Bereich. Wenn es also darum geht, zum Beispiel Einkaufszentren, Messegelände oder andere grosse Gebäudekomplexe mit drahtlosem Internet-Zugang auszustatten, ist WLAN immer noch die Technik der Wahl. Sogar der LTE-Nachfolgestandard LTE-LAA setzt auf WLAN: Stellt die Funkzelle fest, dass ein Wireless Network zur Verfügung steht, wird die Datenübertragung zwischen Smartphone und Internet darüber abgewickelt.
Für den stationären Handel könnte ein freies WLAN auch in Deutschland bald genauso selbstverständlich sein wie eine Kundentoilette. Nach Erkenntnissen des Bitkom nutzt bislang nur eine Minderheit der Smartphone-Besitzer WLAN ausserhalb der eigenen vier Wände, die GfK hat in einer Befragung jedoch herausgefunden, dass 65 Prozent aller Internet-Nutzer gern häufiger davon Gebrauch machen würden.
Den Kunden auf Schritt und Tritt verfolgen
Zudem bietet WLAN dem Betreiber etwas, was ihm keine andere Funktechnik bieten kann: die Kontrolle über die Nutzer. So arbeitet Lancom zusammen mit dem Location-Based-Service-Spezialisten 42Reports an Lösungen, mit denen sich Benutzerströme in Echtzeit visualisieren lassen. Dazu werden die Areale mit Beacons ausgestattet, kleinen Funksendern, die drahtlos ihre Kennung an das Handy übertragen. Die empfangenen Daten überträgt das Telefon dann per WLAN an die Analysesoftware von 42Reports. Mit den so gewonnenen Informationen lassen sich Brennpunkte des Kundeninteresses ebenso leicht erkennen wie zum Beispiel Engstellen und gefährliche Menschenansammlungen auf Grossveranstaltungen.
Grenzenlos werden die Möglichkeiten, wenn der einzelne Nutzer persönlich angesprochen werden kann. Wenn das Tracking ergeben hat, dass er sich im Schuhgeschäft eine ganze Weile vor dem Regal mit den Laufschuhen aufgehalten hat, dann wird er anschliessend für Werbung auf seinem Smartphone empfänglich sein, die ihm zum Beispiel einen Rabatt auf ein bestimmtes Schuhmodell anbietet.
Die Technik dahinter setzt auf Beacons - und eine App, die die Bewegungsdaten sammelt und per WLAN weitergibt. Dazu arbeitet 42Reports beispielsweise mit der Musikerkennungs-App Shazam zusammen. Und das völlig legal: Die Nutzer, die die populäre App installiert und aktiviert haben, stimmen damit automatisch einer Nutzung ihres Bewegungsprofils zu.