Exklusiv-Interview 29.06.2015, 11:45 Uhr

Yourfone: "Wir werden aggressiv anbieten"

Am 1. Juli öffnen die ersten 100 Yourfone-Shops. Yourfone kündigt im Exklusiv-Interview mit Telecom Handel die Einbeziehung des Fachhandels sowie die Vermarktung von Festnetzprodukten an. 
Yourfone-Shop
Am 1. Juli wird es endlich so weit sein: Drillisch eröffnet rund ein Drittel der Outlets seiner zukünftigen Shop-Kette. Über den Stores wird ein grosses „Y“ prangen, das für die Marke Yourfone steht. Mit welchen Erwartungen der Mobilfunk­anbieter an den Start geht, welche Produkte noch am PoS vermarktet werden sollen und welche Rolle Phone House im ­Vertriebskonzept spielen wird, darüber geben Julian Valdenaire, Bereichsvorstand Vertrieb und Marketing Offline bei der ­Drillisch AG, sowie Markus Schneider, Nationaler Vertriebsleiter der Your­fone GmbH, im Exklusiv-Interview mit  unserer Schwester Telecom Handel Auskunft.
In wenigen Tagen, genau gesagt am 1. Juli, sollen die ersten Yourfone-Läden öffnen. Wie sieht es aus? Sind Sie so weit, geht es nun wirklich los?
Markus Schneider: Wir sind seit Mitte Juni mit der Umgestaltung beschäftigt und bauen derzeit jeden Tag rund zehn Läden um. Am 1. Juli werden wir damit fertig sein und mit 100 Shops, die allesamt eigene Filialen sind, starten. Im Laufe des Juli öffnen wir dann auch die ersten Partnershops. Das ist eigentlich einmalig im Mobilfunkmarkt, das mal einer auf einen Schlag 100 Läden eröffnet.
Bei den Partnershops konnten Sie sich bislang ja noch nicht alle 199 Wunsch-Standorte sichern. Wie viele Zusagen der Partner liegen Ihnen denn bis heute vor?

Bildergalerie
Am 1. Juli eröffnet Drillisch das erste Drittel der geplanten Outlets seiner zukünftigen Shop-Kette. Erfahren Sie mehr zum Look der Shops in unserer Bildergalerie.


Schneider: Über die genaue Zahl möchte ich nicht sprechen. Aber täglich kommen neue hinzu. Wir sind viel draussen unterwegs, stellen unser Paket den potenziellen Partnern vor und machen sie heiss, mit uns diese Standorte zu betreiben.
Gerüchteweise sollen es rund 20 Standorte sein…
Schneider: Das kann ich nicht bestätigen.
Julian Valdenaire: Unser Konzept kommt bei den Partnern sehr gut an. Wir sind positiv überrascht.
Was machen Sie denn, wenn nicht alle Shop-Betreiber den Weg mitgehen?
Schneider: In den Verhandlungen mit Telefónica haben wir die rund 300 Shops aus einem Korb von 600 möglichen Standorten ausgesucht. Es gibt also, rein hypothetisch gesprochen, Ersatzstandorte, auf die wir dann zugehen würden, natürlich in Zusammenarbeit mit der Telefónica.
Viele Marktbeobachter haben gerätselt, nach welchen Kriterien Sie die Standorte ausgewählt haben. Die Umsatzzahlen der Shops dürften Ihnen aus wettbewerbsrechtlichen Gründen ja nicht bekannt sein ...
Markus Schneider, Nationaler Vertriebsleiter der Yourfone GmbH
Schneider:
Wir haben eine Footprint-Analyse vorgenommen, wie sie jeder Mobilfunkbetreiber vornimmt. In welchen Märkten wollen wir vorhanden sein, welche Lagen oder Ladenlokale gibt es da? Ausserdem haben wir uns die Frage gestellt, welche Performance wir von unserem zukünftigen Partner erwarten, auch da haben wir einen Fokus drauf gelegt.
Valdenaire: Ein wichtiger ­Aspekt war zudem eine deutschlandweite Flächen­ab­deckung, so dass wir für die Endkunden gut erreichbar sind. Letztlich war die Kombination aus verschiedenen Kriterien ausschlaggebend.
Mittelfristiges Ziel waren 300 Yourfone-Shops. Ist diese Planung noch aktuell?
Valdenaire: Ja, diese Zahl wollen wir bis Ende des Jahres erreichen.
So mancher bisherige Base- oder O2-Shop-Betreiber findet die Idee, einen Yourfone-Shop zu führen, durchaus interessant. Allerdings bezweifeln viele, dass die Abfindung von Telefónica für den Neustart ausreicht. Könnten Sie sich vorstellen, hier eventuell noch eine ‚Startprämie‘ nachzulegen, um den Wechsel zu erleichtern?
Schneider: Wir haben heute aus unserer Sicht ein gutes Vertriebskonzept, mit dem die Partner erfolgreich arbeiten können. Darüber hinaus haben diese ja auch noch Möglichkeiten aus dem Telefónica-Vertrag, über die ich hier natürlich nicht sprechen kann. Letztlich muss sich der Partner entscheiden, ob es für ihn passt. Wir sind aber überzeugt davon, dass es sehr gut passen kann.

Yourfone statt Telefónica: "Der Kunde ist nicht verloren"

So ganz überzeugt sind die Partner aber noch nicht, sonst hätten ja die meisten schon unterschrieben. Immerhin fallen das VVL-Geschäft  und die bisherige Airtime-Beteiligung weg …
Schneider: Natürlich haben wir zumindest im stationären Vertrieb einen Bestand, der momentan bei null liegt. Also sind die Bestandskunden der Netzbetreiber unser Ziel. Wir werden daher aggressiv anbieten und den Wettbewerb attackieren. Aber wir haben auch Tarif-Bundles, die aus unserer Sicht so gut sind, dass die Kunden diese unbedingt haben wollen. Von unseren Partnern erwarten wir, dass sie Spass daran haben, Karten vom Wettbewerb zu holen. Ich habe bei Base ja die letzten drei Jahre den Vertriebskanal ‚Attacker‘ verantwortet, und daher weiss ich, dass das gut funktionieren kann.
Julian Valdenaire, Bereichsvorstand Vertrieb und Marketing Offline bei der Drillisch AG
Valdenaire:
Unser Tarifportfolio ist so aufgestellt, dass der Endkunde eigentlich in fast jedem Fall deutlich günstiger fahren wird, wenn er einen Neuvertrag bei uns abschliesst. Von daher wird es ein Einfaches für unsere Shop- oder Partnershop-Verkäufer sein, einen VVL-Kunden zu überzeugen. In diesem Zusammenhang vielleicht noch ein Hinweis zur Wettbewerbsbeschränkung: Wenn ein ehemaliger Base- oder O2-Kunde den Store eines Partnershop-Betreibers betritt, kann ihm natürlich auch ein Yourfone-Vertrag angeboten werden. Das ist eine Art Werbeeinwilligung und damit auch kein Wettbewerbsverstoss. Wenn der Shop-Mitarbeiter den Kunden kennt, ist das sogar ein zusätzlicher Vorteil, dann kann er ihn umberaten und dadurch konditionell besser stellen als bisher. Der Kunde ist also nicht verloren. Und bei einem neu gewonnenen Kunden ist die VVL nach zwei Jahren ohnehin möglich.
Inwieweit können sich denn interessierte Händler, die nicht auf der Telefónica-Liste stehen, als Betreiber eines Yourfone-Shops bewerben?
Schneider: Wir konzentrieren uns heute auf die Umsetzung der Telefónica-Standorte. Aber natürlich sucht jeder Betreiber immer den besten Footprint im Markt. Wenn wir die Chance haben, diesen zu erweitern, ohne bestehende Partner zu gefährden, so haben wir daran grundsätzlich Interesse. Und daher kann sich auch jeder bewerben.
Für Ihr Unternehmen ist der Vertrieb über stationäre PoS ja komplettes Neuland. War­um gehen Sie vor Ort überhaupt in dieser Art und Weise in den Wettbewerb mit anderen Shop-Ketten?
Valdenaire: Vor dem Hintergrund der Auslastung unserer von Telefónica übernommenen Netzkapazitäten müssen wir in alle Richtungen Gas geben. Nicht nur in selektiven Vertriebskanälen, sondern wirklich breit. Wir möchten Kunden am PoS erreichen und mit unseren Outlets nachhaltig betreuen.
Schneider: Wir haben jetzt das Netz des Marktführers, zumindest des Marktführers nach Kundenzahlen. Wir haben also alle Vorteile, die ein Telefónica-Kunde auch hat. Wenn wir das im Paket günstiger anbieten als die drei anderen, dann haben wir ein echtes Alleinstellungsmerkmal und einen guten Grund, warum ein Kunde­ bei uns abschliessen sollte. Und warum sich unser Produkt auch in unseren Shops gut verkaufen lässt. Ein vierter Betreiber tut gut. Wir werden dafür sorgen, den Wettbewerb da draussen richtig zu entfachen.
Haben Sie denn mittlerweile überhaupt ein einsatzbereites Yourfone-Team, das die Filialen und Partnershop-Betreiber ab dem 1. Juli betreuen soll? Sind hier schon alle Stellen besetzt?
Schneider: Fast. Wir haben bereits alle Regionalleiter sowie die Gebietsmanager für den Handel an Bord. Wir sind auch gerade dabei, die Gebietsverkaufsleiter für die Shop-Kette einzustellen, so dass wir am 1. Juli vollzählig aufgestellt sein werden. Alle rund 30 neuen Mitarbeiter in Innen- und Aussendienst kommen aus der alten E-Plus-Welt, was aber auch sinnvoll ist, da ein Grossteil der Filialen und Partner ebenso aus der alten E-Plus-Welt kommt. So passt das zusammen, und wir können optimal starten. Es muss sich niemand mehr eingewöhnen.
Valdenaire: Dazu kommt, dass wir uns durch die Akquisition von Phone House zusätzliche Expertise in den Konzern geholt haben. Wir haben einiges Know-how für den stationären Vertrieb gebündelt.

Yourfone profitiert von Phone House

Welche Rolle spielt die Übernahme von Phone House denn für die Vertriebsstrategie von Drillisch?
Valdenaire: Sie birgt für uns zahlreiche Vorteile. Nicht nur wegen der erfahrenen Mitarbeiter, sondern auch prozess- und systemseitig sowie im Bereich der Hardware-Versorgung. Hier ist Phone House sehr stark, hier können wir viele Kompetenzen nutzen. Und nicht zuletzt bietet uns Phone House den Zugang zum Fachhandel.
Planen Sie denn, Yourfone auch über den Fachhandel zu vermarkten?
Valdenaire: Momentan konzentrieren wir uns auf den Aufbau der Shop-Kette, doch grundsätzlich sind wir für jeden Vertriebsweg offen. Wobei wir eine Kannibalisierung zwischen den Vertriebswegen verhindern wollen. Das Thema Fachhandel werden wir bei Phone House aufhängen, dort ist man bereits in der Abstimmung und spricht mit relevanten Marktteilnehmern wie etwa den Distributoren.
Apropos Kannibalisierung: Können Shop-Betreiber davon ausgehen, dass in den Shops die gleichen Tarife angeboten werden wie online? Gerüchten zufolge soll es mit dem Start der Shops ja ein neues Tarifportfolio geben ...
Schneider: Das stimmt, es wird zum 1. Juli gewisse Veränderungen geben, da die bisherigen Tarife noch auf den Online-Markt ausgerichtet sind. Die Tarife sind im Web und im Shop identisch, allerdings mit der Einschränkung eines Online-Vorteils, wie ihn aber auch andere Anbieter gewähren. Das neue Portfolio beginnt mit einem Einsteigertarif ab 7,99 Euro, das ist ein neuer Smartphone-Tarif mit Minuten- und SMS-Paket. Bislang lag der Einstieg bei 14,95 Euro, aber mit anderem Leistungsumfang. Darüber hinaus werden wir diverse Allnet-Flatrates sowie einen Datentarif anbieten. Auch schnüren wir besonders attraktive Bundles mit speziellen Fokus-Geräten.
Yourfone startet ja zunächst ausschliesslich mit Mobilfunk. Nun ist United Internet Anteilseigner an der Drillisch AG. Da liegt es doch nahe, dass auch Festnetz-Produkte in den Shops Einzug halten. Gibt es hier bereits Planungen?
Valdenaire: Ja, Festnetz wird auf jeden Fall in die Shops kommen.
Dann wohl mit 1&1, oder?
Valdenaire: Dazu kann ich noch nichts sagen.
Können Sie zumindest sagen, wann es so weit sein soll?
Valdenaire: Drillisch ist ja bekannt dafür, schnell zu sein. Ich sage mal mittelfristig, und das bedeutet für uns sehr zeitnah.
Inwieweit sollen denn Bestandskunden von Drillisch, und hier insbesondere die Your­fone-Kunden, in das Partnershop-Konzept integriert werden?
Valdenaire: Kunden von anderen Marken, beispielweise von smartmobil.de, werden über die Shops nicht betreut. Unseren Yourfone-Kunden werden wir natürlich weiterhelfen. Wie genau das passiert, kann ich heute noch nicht sagen.
Schneider: Hier kommen wir zu gegebener Zeit mit entsprechenden Informationen auf unsere Partner zu. Der Fokus zum 1. Juli liegt jedoch klar darauf, Kunden vom Wettbewerb zu uns zu bringen und nicht Online-Kunden für die VVL in die Shops zu holen.
Sie starten mit frischer Farbe und neuem Logo. Planen Sie auch ein eigenes Möbelprogramm in einem speziellen Yourfone-Design?
Schneider: Die Partner übernehmen ja die Shop-Möbel, die sie zuvor bei Base oder O2 hatten. Wir dekorieren den Laden auf unsere Kosten komplett um, daher gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine Notwendigkeit, da jetzt auch neue Möbel reinzustellen, wenngleich ich langfristig nichts ausschliesse. Mit unserer auffälligen Farbe, die weder im Mobilfunk noch in der gesamten Einzelhandelskette bislang genutzt wird, sehen unsere Läden auch so schon wirklich toll aus.
Valdenaire: Die bestehenden Möbel sind auch wertig und gehören zu einem bereits erfolgreichen Shop-Konzept. Für uns besteht der Vorteil, diese weiter zu nutzen, auch darin, dass ein Shop innerhalb von nur zwei Tagen umgebaut werden kann.
Wenn Sie in wenigen Tagen Ihre ersten Shops öffnen, dürfte sich die Wahrnehmung von Yourfone, möglicherweise aber auch des ganzen Drillisch-Konzerns, deutlich ändern – allein schon durch die Sichtbarkeit in den Städten …
Valdenaire: Es ist so, dass Drillisch in den letzten Jahren sehr stark als Discounter und Onliner wahrgenommen wurde. Wir sehen uns jetzt, zehn Jahre nach dem Start von Simply, von der Leistung her auf ­Augenhöhe mit den Netzbetreibern. Wir haben nun auch einen sichtbaren Footprint im Markt.
Schneider: Wir werden diesen Footprint auch mit starker Marketing-Power bewerben, etwa durch TV-Kampagnen im vierten Quartal. Ausserdem werden wir regional ausgerichtete Marketingmassnahmen durchführen.
Valdenaire: Und was die Positionierung der Shops angeht, so wird es da auf jeden Fall noch eine Überraschung geben, so viel kann ich schon einmal sagen. Wir werden nicht das ganze Feuerwerk am 1. Juli abbrennen.



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