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28.09.2015, 06:51 Uhr
Intelligente Verkehrsdienste: Besser am Stau vorbei
Intelligente Verkehrsdienste vermeiden Stillstand. Deren Überlegenheit basiert auf mehreren Säulen: schnellerer sowie präziserer Datenerfassung und -übertragung.
Navigationssystem in einem BMW
(Quelle: BMW)
Chaos auf den Strassen: Zwischen München und Rosenheim 30 Kilometer Stau, die Rastplätze sind überfüllt. Neben der Autobahn mit ihren stehenden Fahrzeugen verläuft eine fast leere Landstrasse. Doch noch wissen das nur Nutzer, die intelligente Verkehrsdienste verwenden.
Das Endgerät spielt erst einmal keine Rolle: Von der Smartphone-App bis zum fest eingebauten Navigationssystem reicht die Spanne der möglichen Empfänger von Stau- und Warnmeldungen. Die Daten können dort mit den digitalen Karten verbunden werden und fliessen - wie auch seit kurzem Wetterinfos - in die Routenplanung mit ein. Unterschiedlich sind aber die Wege zur Erhebung der Informationen und deren Qualität.
Für viele Jahre war TMC der Standard bei intelligenten Verkehrsdiensten. Der Traffic Messaging Channel setzt auf RDS auf und überträgt über Radiosender. Der grosse Vorteil ist, dass der Dienst kostenlos ist. Die Positionsbestimmung basiert auf der Location Code List (auch Location Tablet genannt), die jährlich aktualisiert rund 46.000 Orte wie zum Beispiel bestimmte Strassenabschnitte enthält.
Da über TMC aber nur geringe Datenmengen mit gerade einmal 37 Bit/s als Binärcode übertragen werden können und ein Strassenabschnitt immer zwischen zwei vordefinierten Kreuzungen oder Abfahrten liegt, sind die Ortsangaben oft ungenau. Die eigentlich viel genauere Verwendung von GPS-Daten ist nicht möglich. Ebenfalls sind die meisten Stadtstrassen und viele Landstrassen nicht erfasst.
Die Informationen stammen meist aus den gleichen Quellen wie im Autoradio, also von Staumeldern, Induktionsschleifen auf Strassen und der Polizei. Diese Verkehrsdienste sind oft nicht allzu präzise und schnell veraltet, da Aktualisierungen je nach Radiosender nur alle 10 bis 60 Minuten vorgenommen werden.
Die Autos senden mit
Um dieses Dilemma zu lösen, wurde zunächstFloating Car Data (FCD) für intelligente Verkehrsdienste entwickelt, bei dem diese nicht nur Daten empfangen, sondern auch senden können. Dabei werden zum Beispiel die Werte des Radsensors verarbeitet.
Wenn beispielsweise ein Merkmal wie ein Bremsvorgang oder gar Anhalten auf einer Autobahn an einer Stelle massiv auftritt, liegt in der Regel ein Stau vor. Da die Daten noch mit der GPS-Position versehen werden können, ist die Bestimmung des Ortes – und damit auch jene der Staulänge – präzise möglich.
Allerdings litt FCD unter einem Problem: Es gab lange mangels fest eingebauter Systeme zu wenig potenzielle Teilnehmer, die zudem den Dienst oft aus Angst vor einem Missbrauch ihrer Bewegungsdaten nicht freischalteten. Die Lösung war die Nutzung anonymisierter Bewegungsprofile von Smartphone-Besitzern durch die Netzbetreiber.
Den Anfang machten hier TomTom und Vodafone, inzwischen ist das System weit verbreitet und wird auch von anderen Anbietern verwendet. Bei den sogenannten Live-Diensten werden Lokalisierunginformationen genutzt, die dem Netzbetreiber durch das Einbuchen des Telefons in das Mobilfunknetz ohnehin vorliegen.
Eine Alternative ist TMCpro oder TMC Premium, das auf TMC aufsetzt, aber ähnlich wie die Live-Dienste deutlich mehr Daten aus FCD, Mobilfunknetzen oder von Sensoren an Autobahnbrücken empfängt und damit schneller sowie viel präziser als TMC ist.
Der Intelligent Verkehrsdienst, der von T-Systems eingeführt und später an Navteq verkauft wurde, ist kostenpflichtig. Meist werden die Gebühren aber im Kauf von Navigationssystemen, die das entsprechende Empfangsmodul haben, inkludiert. Betreiber ist inzwischen die Nokia-Tochter Here, demnächst wird der Intelligent Verkehrsdienst von einem Konsortium mehrerer Autohersteller übernommen.
Welche Technik sich am Ende durchsetzt, ist noch nicht klar, allerdings dürfte TMC angesichts der besseren Alternativen bald ausgedient haben. Intelligente Verkehrsdienste werden vor allem Smartphone-Nutzer schätzen, zunehmend werden diese auch über eine eSIM (embedded SIM) in Fahrzeugsysteme integriert (zum Beispiel RTTI von BMW). Der Vorteil gegenüber Smartphones ist, dass im Ausland keine Gebühren für die Datenübertragung anfallen.