Studie der ZHAW 30.04.2020, 11:45 Uhr

Contact Tracing: Schweizer befürchten stärkere Überwachung

Gemäss einer Umfrage der ZHAW befürchten viele Schweizerinnen und Schweizer aufgrund des Contact Tracings eine stärkere Überwachung – auch bei einer App, die keine Standort- und Bewegungsdaten erfasst. Dennoch plant eine Mehrheit, eine solche App künftig zu nutzen.
(Quelle: Yura Fresh / Unsplash)
40 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer befürchten, dass eine Contact-Tracing-App zur stärkeren Überwachung der Bevölkerung genutzt werden könnte. Gleichzeitig planen 68 Prozent von ihnen, die App auf jeden Fall oder zumindest wahrscheinlich zu installieren. 
Zu diesem Schluss kommt eine repräsentative Studie des Instituts für Wirtschaftsinformatik und des Zentrums für Sozialrecht der ZHAW School of Management and Law. Dazu wurde eine Umfrage bei insgesamt rund 2000 Personen aus allen Landesteilen zwischen dem 17. und 26. April durchgeführt, wie die Hochschule mitteilt. Die Studie beleuchtet die Einstellung gegenüber einer App zur freiwilligen, anonymen Kontaktnachverfolgung via Bluetooth. Eine solche App soll auch in der Schweiz zur Eindämmung von Coronainfektionen eingeführt werden. Die beiden ETHs bereiten derzeit die Lancierung einer entsprechenden Anwendung für den 11. Mai vor.
Quelle: ZHAW

App ohne Aufzeichnung von Bewegungsdaten im Fokus

Insgesamt stützt die ZHAW-Studie eine Untersuchung von Deloitte, die kürzlich zum selben Thema durchgeführt wurde (Computerworld berichtete). Auch bei der Befragung des Beratungshauses zeigte sich, dass knapp zwei Drittel (64 Prozent) der in der Schweiz wohnhaften Personen im erwerbsfähigen Alter das Contact Tracing unterstützen. 60 Prozent würden zudem ihre eigenen Bewegungsdaten für Rückverfolgungen von Infektionsketten via Smartphone zur Verfügung stellen.
Die ZHAW ging bei ihrer Umfrage jedoch von einem anderen Szenario aus als Deloitte. Grundlage für die Studie der Hochschule war eine App, die keine Standort- und Bewegungsdaten erfasst. Stattdessen werden längere Kontakte zu anderen App-Nutzenden via Bluetooth anonym registriert. Die User werden informiert, wenn sie sich in der Nähe einer Person befunden haben, die eine Infektion gemeldet hat. Der ZHAW zufolge entspricht das Konzept der europäischen Initiative «DP-3T», die Datenschutzrisiken bei der Nutzung von Contact-Tracing-Apps zu reduzieren versucht.

Bedenken trotz hoher Akzeptanz

Das sind die Gründe, die für die Befragten gegen die Nutzung einer Contact-Tracing-App sprechen
Quelle: ZHAW
«Trotz der hohen grundsätzlichen Akzeptanz gibt es in der Bevölkerung offenbar einige Bedenken – selbst gegenüber einer Contact-Tracing-App, die keine Standort- und Bewegungsdaten erfasst», wird Nico Ebert, Dozent am Institut für Wirtschaftsinformatik der ZHAW, in der Mitteilung zitiert.
Nebst der Überwachungsgefahr befürchteten rund 40 Prozent der befragten Personen auch, dass die App nicht richtig funktioniert und beispielsweise Fehlalarme auslöst. Etwa 30 Prozent sorgen sich, dass ihr Smartphone leichter gehackt wird. Gemäss Michael Widmer, Dozent am Zentrum für Sozialrecht der ZHAW, ist es deshalb wichtig, bei der Einführung einer Contact-Tracing-App auf diese Sorgen einzugehen. Ihm zufolge muss deshalb Transparenz geschaffen werden zur genauen Funktionsweise der App und zu Massnahmen zur Wahrung des Datenschutzes.

Grosse Bereitschaft, Fälle zu melden

Schliesslich erklärten sich im Rahmen der ZHAW-Studie fast 9 von 10 Befragte dazu bereit, eine allfällige eigene Infektion auf jeden Fall oder wahrscheinlich in der App zu melden. Wie die Daten zeigen, würde eine grosse Mehrheit auch der Aufforderung der App folgen, eigene Kontakte stärker zu reduzieren oder sich in häusliche Quarantäne zu begeben – sofern ein erhöhtes persönliches Infektionsrisiko vorliegt. 
Quelle: ZHAW
Als Gründe für die Nutzung der App nannten die Befragten vor allem das Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Allgemeinheit (73 Prozent) und den Schutz von Familie und Freunden (67 Prozent). Die Hälfte möchte ausserdem zur Reduktion von Todesfällen unter älteren Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen beitragen.
Laut Mitteilung der Hochschule sind die Resultate vergleichbar mit jenen aus anderen europäischen Ländern. «Zumindest in Bezug auf das beabsichtigte Nutzungsverhalten der Menschen wäre somit eine Voraussetzung gegeben, damit die App ihren Zweck erfüllen kann», sagt Ebert. Allerdings, ergänzt er, lasse sich von den heutigen Absichten nicht zwingend auf die spätere tatsächliche Nutzung schliessen.




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