Uni Basel
15.02.2021, 10:13 Uhr
Virtual-Reality-App hilft gegen Höhenangst
Forschende der Universität Basel haben eine Virtual-Reality-App für Smartphones entwickelt, um Höhenangst zu reduzieren. Die Wirksamkeit stellten sie nun mit einer klinischen Studie unter Beweis.
Zum «Trümmligwerden»: Fortgeschrittenes Level der VR-App der Uni Basel gegen Höhenangst
(Quelle: Bentz et al./NPJ Digital Medicine)
Höhenangst ist ein weit verbreitetes Phänomen. Bei ungefähr fünf Prozent der Bevölkerung ist das Unwohlsein in Höhensituationen derart ausgeprägt, dass sie darunter leiden. Betroffene nehmen jedoch selten vorhandene Behandlungsmöglichkeiten wie eine Expositionstherapie in Anspruch, bei der sie sich unter professioneller Anleitung in die gefürchtete Situation begeben. Einerseits setzen sich Betroffene nur widerwillig ihrer Höhenangst aus, anderseits spielen Schwierigkeiten eine Rolle, passende Höhensituationen im therapeutischen Setting zu schaffen.
Das interdisziplinäre Forschungsteam um Dominique de Quervain von der Universität Basel hat deshalb «Easyheights» entwickelt – eine Virtual-Reality-App, mit der sich eine Exposition auf dem Smartphone simulieren lässt. Die App arbeitet mit 360-Grad-Bildern von realen Orten, welche die Forschenden mit einer Drohne aufgenommen haben. Betroffene können die App auf ihrem eigenen Smartphone nutzen, indem sie hierfür in ein Virtual-Reality-Headset einsetzen.
Schrittweise höher
Im virtuellen Erlebnis steht die Nutzerin oder der Nutzer auf einer Plattform, die sich zunächst einen Meter über dem Boden befindet. Nach einer Gewöhnungszeit wird die Plattform automatisch weiter angehoben. Auf diese Weise steigt die wahrgenommene Position über dem Boden langsam aber stetig an, ohne dass das Angstniveau zunimmt.
Die Wirksamkeit dieses Ansatzes konnte das Forschungsteam in einer randomisierten kontrollierten Studie nachweisen, deren Ergebnisse im Fachjournal «NPJ Digital Medicine» erschienen sind. 50 Studienteilnehmende mit Höhenangst absolvierten entweder ein insgesamt vierstündiges Höhentraining (einmal 60 Minuten und sechsmal 30 Minuten innerhalb von zwei Wochen) in der virtuellen Realität oder wurden der Kontrollgruppe ohne solches Training zugewiesen.
Vor und nach der Trainingsphase – beziehungsweise der gleichen Zeitspanne ohne Training – bestiegen die Probanden den Aussichtsturm auf dem Uetliberg bei Zürich so weit, wie es ihre Höhenangst zuliess. Dabei protokollierten die Forschenden die erreichte Höhe sowie die Stärke der empfundenen Angst auf jeder Etage des Aussichtsturms. Letztlich konnten die Forschenden die Ergebnisse von 22 Probanden mit «Easyheights»-Training und 25 aus der Kontrollgruppe auswerten.
Die Gruppe, die mit der App trainiert hatte, zeigte weniger Angst auf dem Turm und war in der Lage, höher in Richtung Spitze zu klettern als vor dem Training. In der Kontrollgruppe fand keine positive Veränderung statt. Die Wirksamkeit des Höhentrainings mit «Easyheights» erwies sich als vergleichbar mit der einer klassischen Expositionstherapie.
Therapie im heimischen Wohnzimmer
Der Einsatz von virtueller Realität zur Behandlung von Höhenangst wird bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten erforscht. «Neu ist jedoch, dass Smartphones die virtuellen Szenarien erzeugen und diese sonst technisch aufwendige Therapieform damit deutlich zugänglicher wird», erklärt Dorothée Bentz, Erstautorin der Studie.
Die Studienergebnisse legen nahe, dass die wiederholte Nutzung einer virtuellen Expositionstherapie auf dem Smartphone das Verhalten und das subjektive Befinden in Höhensituationen deutlich verbessern kann. Betroffene mit leichten Formen der Höhenangst können sich die kostenlose Applikation in Kürze aus gängigen App-Stores herunterladen und in Eigenregie üben. Bei Betroffenen mit einer ausgeprägten Höhenangst empfehlen die Forschenden jedoch, die App nur in Begleitung einer Fachperson zu nutzen.
Autor(in)
pd/
jst