Ein 3D-GPS für die virtuelle Welt
Open AR Cloud
Es wächst die Sorge in der Branche, dass die AR-Cloud von Konzernen kontrolliert und über zu viele Instanzen fragmentiert werden könnte, berichtet Ori Inbar. „Deshalb beginnen wir mit dem historischen Versuch, die XR-Industrie zusammenzubringen, um an einer Open AR Cloud mitzuarbeiten, die als standardisierte, interoperable und zugängliche Grundlage für alle Entwickler dient.“ Die Open AR Cloud Organization will ein detailliertes 3D-Modell der ganzen Welt entwickeln und die Daten kostenlos für alle nutzbar zur Verfügung stellen. 36 Unternehmen sind bereits an Bord.
Bei der Web-Indexierung gab es eine Wildwest-Periode, in der ein Menge Konkurrenten versuchten, die Inhalte des Webs, also das, was Suchmaschinen finden, sinnvoll zu organisieren. Google hat gewonnen. Ähnlich hoch sind die Einsätze beim Visual Computing. Es ist der Traum eines Vermarkters und der Albtraum eines Datenschutzbeauftragten: Man betrachtet eine Person und hat sofort Echtzeit-Zugriff auf alle Arten von Informationen über sie. Technisch ist es durchaus plausibel, dass ein Anbieter Systeme entwirft, die die Identität, den Standort, den physischen Kontext und das Verhalten einer beliebigen Person im Sensorbereich einer mit der Cloud verbundenen AR-Vorrichtung erfassen. Würden sehr viele Menschen den Dienst nutzen, ergäben sich beängstigende Möglichkeiten der Überwachung. Die Initiatoren der Open AR Cloud wollen ein solches Szenario verhindern und haben ein „Privacy Manifesto for AR Cloud Solutions“ formuliert. Das Manifest beschreibt Prinzipien und Regeln, mit denen das Recht auf Privatsphäre gewahrt werden soll. Auf dem Weg zu einer erweiterten Realität, in der die Welt über einen Bildschirm zum Anwender gelangt, wird es wichtig, dass die Organisation und Betreuung dieser Realität nicht den kommerziellen Interessen weniger Unternehmen folgt. Das AR-Cloud-Ökosystem muss nach Ansicht der OARC von Nutzern, Gemeinschaften und vielen kleinen Einheiten kontrolliert werden, anstatt zentralisiert und monopolisiert zu sein.
Explodierende Umsätze
AR-Technologie erfasst zunehmend Bereiche wie autonome Fahrzeuge, Roboter und IoT und wird eine grosse Wirkung als Plattform für die Mensch-Computer-Interaktion haben, da AR-Devices die Grenze zwischen realen und virtuellen Erfahrungen verwischen. Sektoren wie Autoindustrie und Luftfahrt vollziehen bei Enterprise-AR gerade den Übergang von der experimentellen Bastelei zur Mainstream-Implementierung. Unisono erwarten die Wirtschaftsauguren deshalb ein Abheben der Umsätze. AR wird als „das nächste grosse Ding“ gehandelt, das binnen Kurzem unser aller Leben massiv beeinflussen wird. Firmen sollten sich aufgrund der nötigen Vorlaufzeit bereits heute auf diese Technologie vorbereiten. AR-Experte Sprengard unterstreicht: „Alle Grössen investieren in das Thema, im Bereich AR finden sich neben den Milliardeninvestitionen der Industrie viele Milliarden Euro Venture-Capital. Ein weiterer Indikator für diesen Industrietrend sind die über 4500 Patente, die im letzten Jahr in diesem Bereich angemeldet wurden. Da ist Musik drin.“ Eine globale AR-Cloud aber wird es auf absehbare Zeit nicht geben. Zunächst werden sich vielmehr anwendungsspezifische AR-Clouds entwickeln, die sich in Zukunft möglicherweise zusammenfügen lassen.