Netflix wird 25 Jahre alt

Werbefinanziertes Netflix geplant

Um wieder in die Spur zu finden, gab Gründer Reed Hastings sogar bei einem seiner grössten Tabus klein bei. Netflix startet angesichts der mauen Entwicklung der Nutzerzahlen eine günstigere Version seines Streaming-Dienstes mit Werbeclips. Eigentlich hatte Hastings dies stets entschieden abgelehnt. Die Werbevariante soll 2023 anlaufen, zunächst in «einer Handvoll Märkten». Wird sie den erhofften Schwung bringen? «Das Abo-Wachstum dürfte von der günstigeren Version mit Werbung zunächst profitieren», heisst es in einer Studie von Barclays. Jedoch bestehe das Risiko, dass viele Altkunden zum billigeren neuen Angebot wechseln.

Von einem anderen Markenzeichen hat sich Netflix bereits verabschiedet. So brachte der Online-Videodienst bei den jüngsten Staffeln von «Stranger Things» und «Ozark» nicht mehr wie üblich alle Folgen auf einmal heraus. Damit gibt Netflix seine Tradition auf, den Stoff für das auf Englisch «Binge Watching» genannte Marathonglotzen neuer Serienstaffeln zu liefern. Das Kalkül der Reform: Kunden länger bei der Stange halten – Serienfans können nun nicht mehr alles in einem Rutsch schauen und ihr Abo wieder abbestellen. Während es in der klassischen TV-Branche üblich ist, nur eine Folge wöchentlich zu veröffentlichen, bricht Netflix damit seine langjährigen Standards.

Als DVD-Verleih gegründet

Immerhin: Mit der Anpassung seiner Geschäftsmodelle hat das Unternehmen viel Erfahrung – und in der Vergangenheit auch viel Erfolg gehabt. Denn ursprünglich war Netflix ein DVD-Verleih. Der Legende nach begann die Geschichte der Firma mit einem Leihvideo. Gründer Hastings verlegte eine Kassette mit dem Film «Apollo 13» – ärgerlich, denn bei der Videothek sammelten sich deshalb 40 Dollar Gebühren an, wie er später erzählte. Auf dem Weg ins Fitnessstudio ging Hastings ein Licht auf: Für 40 Dollar im Monat kann man dort so viel trainieren, wie man will. Damit stand die Idee für das Abo-Modell von Netflix: Für eine monatliche Gebühr konnte man sich so viele DVDs per Post kommen lassen, wie man im Monat schaffte.

Aber anders als etwa der Videotheken-Gigant Blockbuster – der im Jahr 2000 die Übernahme von Netflix zum heute geradezu lächerlich gering wirkenden Preis von 50 Millionen Dollar ablehnte – erkannte Hastings die Zeichen der Zeit. DVDs spielen für Netflix seit Jahren schon keine Rolle mehr, seit 2007 dreht sich alles ums Streaming. Während Blockbuster 2010 Insolvenz anmeldete, wurde Netflix als Pionier der Online-Videodienste zum grossen Schreck des Kabel-TVs. Inzwischen schlägt das Imperium aber zurück – nicht nur Disney, auch die grossen US-Medienkonzerne Comcast, Paramount und Warner Bros. Discovery setzen voll aufs Streaming. Die Tech-Riesen Amazon, Apple und Google rüsten ihre Services ebenso auf – für Netflix wird es immer schwerer.
Von Hannes Breustedt und Andrej Sokolow, dpa/cma/PCtipp




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