Gerichtsentscheid zum Glasfaserbau
12.10.2021, 11:11 Uhr
Swisscom erneut gescheitert
Ende 2020 eröffnete die Weko eine Untersuchung zum Glasfaserbau von Swisscom und stoppte diesen vorsorglich. Dagegen wehrte sich der Konzern, das Bundesverwaltungsgericht bestätigte die Massnahmen jedoch. Wie konnte es dazu kommen? Wir erklären die Hintergründe.
Seit mehr als 15 Jahren entstehen in der Schweiz Glasfasernetze in FTTH-Technik (Fibre To The Home), zunächst in Grossstädten, später auch in Agglomerationen oder einzelnen Gemeinden. Am runden Tisch der Eidgenössischen Kommunikationskommission (ComCom) und dem Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) einigte man sich nach jahrelangen Verhandlungen auf eine einheitliche Anschlusstechnik und das Vier-Faser-Modell für FTTH. Hier werden ab Anschlusszentrale bis zu jedem einzelnen Haushalt vier durchgängige Glasfasern gezogen. Während sich die Stromversorger aus Kostengründen zunächst für ein Ein-Faser-Modell aussprachen, argumentierte Swisscom damals für vier Fasern.
Denn mit dem Einzug von nur einer Glasfaser würde ein Monopol entstehen und entsprechend wäre eine Regulierung nötig. Zudem drohte der Kontrollverlust über das Anschlussnetz. Das wollte Swisscom unter allen Umständen verhindern, hatte man doch mit der Regulierung des bestehenden Kupfer-Anschlussnetzes aus PTT-Zeiten bereits schlechte Erfahrungen gesammelt.
Abschied vom Vier-Faser-Modell
In der diesjährigen März-Ausgabe der Computerworld wurden verschiedene Anschlusstechniken vorgestellt, so auch Hybridtechniken mit Glas und Kupfer wie Fibre To The Street [FTTS] und Fibre To The Building [FTTB]. Swisscom baute in den Verteilschächten im Quartier sogenannte mCANs (Micro Copper Access Nodes) ein, um das Glasfaserkabel bis Verteilschacht mit den Kupferkabeln in die Häuser zu verbinden. Solche mCANs werden übrigens auch von Sunrise/UPC im Koaxialkabel-Anschlussnetz eingesetzt.
Mit einer veränderten Netzbaustrategie begann Swisscom nach Angaben der Weko spätestens Anfang 2020, sich in jenen Gebieten, in denen sie Glasfasernetze allein baut, vom Vier-Faser-Modell mit offenem Netzzugang zu verabschieden. Zwar werden weiterhin vier Fasern bis zum letzten Verteilschacht eingezogen. Von dort wird aber aus Kostengründen nur noch eine einzige Glasfaser bis zum Haus eingezogen. Mithilfe passiver optischer Splitter (statt den zuvor eingesetzten mCANs) werden solche Glasfasern unter mehreren Anschlüssen aufgeteilt, was einer Punkt-zu-Multipunkt-Netzarchitektur (P2MP) entspricht.
Ein solches PON (Passive Optical Network) folgt also einer Baumstruktur, da sich mehrere Endkunden eine gesplittete Glasfaser vom Kabelschacht bis zur Hauszuführung teilen. Solche PONs seien weltweit eine gängige Technik, argumentiert die Swisscom und präsentiert dies ebenfalls als FTTH, was aber nicht ganz korrekt ist. Denn beim Vier-Faser-Modell werden zwei Fasern durch Swisscom und z.B. den lokalen Energieversorger belegt, während die verbleibenden zwei meist unbeschaltet bleiben («Dark Fibre»). Diese stehen anderen Anbietern technologieunabhängig zur Verfügung.
Autor(in)
Rüdiger
Sellin