Tipps & Tricks 05.11.2020, 09:23 Uhr

Wearables: Aus diesen Gründen kann die Schrittzählung ungenau sein

Wer regelmässig Smartwatches oder Fitnesstracker nutzt, um Schritte zu zählen, dürfte Unterschiede feststellen. Manchmal zählt das Gerät zuviel, mal zuwenig; ab und an ist das Resultat gar nicht nachvollziehbar. Daran kann es liegen.
(Quelle: Myriams-Fotos/Pixabay)
Bewegung ist gesund, das ist nichts Neues. Fitnesstracker und Smartwatches können uns helfen, den inneren Schweinehund zu überwinden, indem sie die von uns getätigten Schritte zählen. Klar, das geht auch mit dem Smartphone, aber vielleicht hat man das nicht immer dabei, oder möchte es beim Sport nicht mitschleppen. Bewegungserinnerungen von Wearables, wenn man zu lange im Büro – oder im Home-Office –  rumhockt und hauptsächlich die Schritte-Fortschritte in der App können sehr motivieren. Die Redaktorin hat das, als sie vor zwei Jahren damit anfing, fast ein wenig süchtig gemacht, obwohl sie sicher kein Sportfreak ist. 
Wer regelmässig seine Schritte von Fitnesstrackern oder Smartwatches zählen lässt, stellt vermutlich Differenzen fest, die nicht immer ganz nachvollziehbar sind. Wer die Standort-Ortung zulässt, erhält wohl die genausten Messungen. Doch was, wenn man das nicht (ständig) möchte?
Auch zwischen Geräten verschiedener Hersteller kann die Schrittezählung bei derselben Strecke oder Bewegungshäufigkeit variieren. Wie funktioniert denn das Messen unserer Schritte genau? PCtipp hat bei einer Handvoll Hersteller von Fitness-Trackern und Smartwatches nachgefragt.
Hinweis: Geschwindigkeits- und Distanzmessungen über einen Handgelenk-Beschleunigungssensor sind grundsätzlich nicht so genau wie eine GPS-Messung.

Fitbit

Bei Fitbit ist die Erschütterung ausschlaggebend. Die Geräte verwenden einen 3-Achsen-Beschleunigungsmesser, mit dem unsere Bewegungen beim Tragen des Geräts analysiert werden. Der Beschleunigungsmesser wandelt Bewegungen (Beschleunigung) in digitale Messwerte um. 
Die Analyse dieser Beschleunigungsdaten sollen Informationen zu Häufigkeit, Dauer, Intensität und Bewegungsmuster liefern, um z.B. die gemachten Schritte, die zurückgelegte Strecke oder die Qualität des Schlafs festzustellen.
Laut Fitbit besitzen die Geräte einen fein abgestimmten Algorithmus für das Schrittezählen. Dieser legt einen Schwellenwert fest. Wenn eine Bewegung diesen Schwellenwert überschreitet, also wenn Sie wandern oder einfach joggen gehen, dann wird die Bewegung als Schritt erfasst. Wird der Schwellenwert nicht erreicht, wird sie nicht als solcher erfasst.
Bei Fitbit ist die Erschütterung ausschlaggebend
Quelle: Fitbit/Screenshot
Offenbar kann der Schwellenwert aber auch ohne Gehen überschritten werden: Der Fitbit Charge 3 der Redaktorin vermeldete letztes Jahr eines nachmittags freudig, dass wir unser definiertes Ziel von 10'000 Schritten erreicht hätten. Nur: die Autorin hatte das Haus noch nicht verlassen. Allerdings hatte sie beim Möbel zusammenbauen über eine längere Zeit von Hand den Schraubenzieher kräftig und schnell tanzen lassen, während sich der Fitnesstracker am Handgelenk befand.
Kleine Unregelmässigkeiten
Manchmal kann es zu minimalen Unregelmässigkeiten kommen. Wenn Sie mit dem Auto oder Velo über holprige Strassen fahren, kann es laut Fitbit vorkommen, dass diese Situationen genug Beschleunigung erzeugen, um die Schwelle zu erreichen und darum zu viele Schritte gezählt werden. Auf der anderen Seite, wenn jemand beim Joggen auf sehr weichen Oberflächen unterwegs ist, können zu wenige Schritte gezählt werden.
Fitbit sagt dazu: «Hierfür wurden jedoch auch Algorithmen programmiert, die die Aufzeichnung solcher versehentlich falschen Schritte und Aktivitäten minimieren. Das richtige Tragen ist darüber hinaus wichtig, Sie sollten also darauf achten, dass das Gerät fest genug, aber nicht zu eng, am Handgelenk sitzt.» Ausserdem spielen die Handgelenkseinstellungen und die Körpergrösse eine wichtige Rolle.

Garmin und Polar

Garmin

Auch Garmin nutzt bei seinen Geräten einen verbauten 3-Achsen-Beschleunigungssensor. Die Multisport-Fēnix-6-Reihe wurde im September vergangenen Jahres lanciert ( PCtipp berichtete ). Mit dem Beschleunigungssensor wird die Armbewegung während des Gehens erfasst. Jede vollständige Schwingung des Armes wird laut Garmin in zwei Schritten aufgezeichnet. Zum Test der Garmin Fenix 6X Pro Solar gehts hierlang.
Zu Abweichungen der aufgezeichneten Schritte kann es folgendermassen kommen: Fahrzeug fahren – sei das Auto, Motorrad oder Velo – hauptsächlich durch unwegsames Gelände oder wenn das Steuer vibriert; Duschen (wir verkneifen uns hier einen Kommentar) oder einen unruhigen Schlaf. Wer keine elektrische Zahnbürste benutzt: Ja, offenbar kann auch Zähneputzen das Resultat verfälschen.
Bei der Fenix 6X ProSolar nutzt eine transparente Solarladelinse Sonnenenergie, um die Akku-Lebensdauer zu verlängern
Quelle: Garmin
Auf der anderen Seite können aufgrund mangelnder Armbewegungen Schritte während des Gehens nicht gezählt werden. Beispielsweise wenn Sie mit dem Kinderwagen gehen oder sich an einem Griff am Laufband festhalten. Ausserdem beim Rasenmähen oder beim «Tragen einer Tüte oder eines Kindes», wie Garmin auf einer Supportseite schreibt.
Falls Sie denken, Ihre Schrittlänge sei falsch erfasst, können Sie diese übrigens übers Web unter Garmin Connect oder mit der mobilen Garmin-Connect-App anpassen, indem Sie Ihre Schrittlänge erfassen. Weitere Informationen hierzu finden Sie auf der Support-Webseite.

Polar

Auch beim finnischen Unternehmen Polar ist die Erschütterung ausschlaggebend und man setzt auf einen internen 3D-Beschleunigungssensor, um Handgelenkbewegungen zu erfassen. Der Beschleunigungssensor analysiert Häufigkeit, Intensität und Regelmässigkeit der Bewegungen zusammen mit den eigenen Benutzereingaben.
Die Outdoor-Multisportuhr Grit X von Polar
Quelle: Polar
Einerseits können Polar-Geräte unterscheiden, ob man aktiv ist, sitzt bzw. sich ausruht. Damit das Gerät die Aktivitäten erkennen kann, muss sich das Handgelenk bewegen.
Was ein Polar-Gerät nicht erkennen kann: Wie schwer etwas ist, das man trägt; wie steil ein Hügel ist, den man erklimmt, oder viel Kraft man für ein Krafttraining benötigt.
Polar rät, die Smartwatch grundsätzlich an der nicht-dominanten Hand zu tragen. Ausserdem hilft bei der Genauigkeit, Aktivitäten wie Hügel hoch laufen, Radfahren, Gewichtstraining, Laufen etc. zu erkennen und zu messen, wenn man die kontinuierliche Pulsmessung am Handgelenk aktiviert. Wer ganz bewusst trainiert, wird sicher das jeweilige Sportprofil (sofern vorhanden) aktivieren, was unter anderem die GPS-Messung einschaltet und dadurch die Genauigkeit der Daten nochmals erhöht. Des Weiteren sollte das Gerät eng anliegend am Handgelenk getragen werden, um zusätzliches Schütteln zu vermeiden.
Was die Messung ebenfalls beeinflussen kann, ist, etwas in dieser Hand zu halten – beispielsweise ein Handy. Des weiteren sagte Polar auf Anfrage: «Die Anzahl und Art der Körperbewegungen werden registriert und daraus wird eine geschätzte Anzahl von Schritten berechnet. Als Faustregel gilt, dass jede Aktivität, die die natürliche Armbewegung beeinflusst (z. B. einen Kinderwagen schieben oder mit einem Hund laufen), sich negativ auf die Messgenauigkeit auswirkt.»
Hilfe zu Ihrem Polar-Gerät finden Sie auf dieser Support-Webseite. Unseren Test der Outdoor-Multisportuhr Grit X von Polar gibts über diesen Link nachzulesen

Fossil Group

Smartwatches, die Fossil betreibt, verwenden ebenfalls Sensoren und einen komplexen Algorithmus, um Schritte zu zählen.
Zum Portfolio der Fossilgroup gehören unterschiedliche Marken: Nebst Fossil (z.B. Smartwatch-Reihe der 5. Generation) zum Beispiel Diesel, Emporio Armani, Miachel Kors oder Skagen (Test Skagen Holst Hybrid).
Die aktuelle Fossil-Smartwatch der 5. Generation bietet 1 GB RAM und Mikrofon. Mit letzterem gibt es derzeit Probleme
Quelle: Fossil/Screenshot
Die verschiedenen dazugehörigen Apps verwenden jeweils einen anderen Algorithmus, was zu unterschiedlichen Daten für die verschiedenen Tracking-Apps führen kann.
Falls Sie auf der Suche nach einem Fossil-Gerät sind, wir haben beispielsweise im Februar die Hybrid-Damen-Smartwatch Charter HR getestet.
Der chinesische Hersteller Xiaomi, welchen wir 2019 ebenfalls angefragt hatten, hatte keine Auskunft erteilt. Beispielsweise der gängiste Fitnesstracker, das Mi Smart Band 4 verfügt auch über einen 3-Achsen-Beschleunigungssensor, womit er wohl ähnlich wie die Geräte von Fitbit oder Garmin funktionieren dürfte, obwohl er im Vergleich zu anderen Herstellern sehr günstig ist. Hier gehts zu unserem Test.

(Dieser Artikel erschien erstmals im September 2019 und wurde am 3. November 2020 aktualisiert und mit Polar erweitert.)




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