Interview 15.07.2015, 14:15 Uhr

TomTom: Kampfansage mit "Banditen"

Achim Liersch von TomTom erklärt den Schritt in den Markt für Action-Cams und gibt einen Ausblick auf die Zukunft. 
Achim Liersch von TomTom
Achim Liersch: Sales Manager Germany bei TomTom
Achim Liersch ist Sales Manager Germany bei TomTom und sprach mit Telecom Handel über das Nutzungsverhalten der Navi-Besitzer, neue Geschäftsfelder und kommende technische Neuerungen bei Hardware und Software.
Telecom Handel: Der Markt mit Navigationsgeräten ist seit Jahren rückläufig, welche Perspektiven hat man als Hersteller da noch für die Zukunft?
Achim Liersch: Es stimmt, dass der Umsatz die letzten Jahre um fünf bis zehn Prozent zurückging. Aktuell hat sich das allerdings wieder stabilisiert, Stand März war der Gesamtmarkt – und auch TomTom – bei plus/minus null.
Was sind die Gründe für diese Entwicklung?
Liersch: Unser Fokus lag klar auf hochpreisigeren Geräten oberhalb von 150 Euro, so konnten wir trotz leicht sinkender Stückzahlen die Umsätze stabil halten.

Weshalb verkaufen sich teurere Geräte ­heute besser als noch vor fünf Jahren?
Liersch: Das liegt vor allem daran, dass das Thema Navigation mittlerweile der breiten Masse absolut geläufig ist und viele schon ein Navi hatten. Der Grossteil unserer heutigen Kunden sind Wiederkäufer, die sich jetzt ein besseres Gerät mit mehr Funktionen wünschen.

Wie lang ist der Lebens- und Nutzungs­zyklus eines Navigationsgeräts im Schnitt?
Liersch: Deutlich länger als bei einem Smartphone, wo wir ja längst die Zweijahresgrenze unterschritten haben. Im Schnitt wird ein Navi vier bis fünf Jahre genutzt, bevor der Konsument über eine Neuanschaffung nachdenkt.

Warum hängen die Kunden so lange an derart veralteten Geräten?

Liersch: Das liegt am Nutzungsverhalten. Wir sind von einer täglichen Nutzung noch weit entfernt, meistens wird das Navi nur dann rausgekramt, wenn eine grössere Reise – etwa in den Urlaub – ansteht. Die restliche Zeit schlummert das Gerät im Handschuhfach.

Zusatzdienste MyDrive Connect und Traffic: Mehrwert für die Nutzer

Wie wollen Sie das ändern?
Liersch: Im Grunde verfolgen wir hier zwei Ansätze. Zum einen mit TomTom MyDrive Connect, wo man gemütlich auf dem Tablet im Wohnzimmer seine Route planen kann, die dann direkt auf das Navi im Auto geschickt wird. Wenn man dann einsteigt, liegt die Route schon an. Der andere Punkt ist TomTom Traffic, unser Verkehrsinfodienst. Denkbar wäre hier für die Zukunft beispielsweise ein smarter Reminder in der App, der mich morgens erinnert, früher loszufahren, damit ich rechtzeitig ins Büro komme – trotz 20 Minuten Stau auf der Strecke. Denn auch wenn ich die Strecke schon in- und auswendig kenne – ich kann einen Stau nicht vorhersagen, das Navi schon.
In anderen Bereichen gibt es diese alltägliche Nutzung ja schon, etwa bei der Truck-Navigation oder bei Motorradfahrern …
Liersch: Das stimmt, vor allem bei den Biker-Navis und deren Nutzung liegt Deutschland in Europa ganz vorne. Kunden, die sich einen Rider 2 oder das Trucker anschaffen, wollen das Gerät als echtes Werkzeug nutzen, nicht nur für die Fahrt in den Urlaub einmal im Jahr.

Woran liegt das?
Liersch: Wer mit seinem Lkw einmal in einer Unterführung stecken geblieben ist, weil das Navi die Fahrzeug­höhe nicht in die Routenplanung einbezogen hat, wird nie wieder ohne ein echtes Lkw-Navi fahren. Und ein Motorradfahrer will sich nicht damit begnügen, einfach nur auf ‚Autobahn vermeiden‘ zu klicken, es soll eine schöne, bergige und kurvenreiche Strecke sein. Das richtige Kartenmaterial und die intelligente Implementierung ins Navi sind hier essenziell.

Trotzdem kann man sich als Navigationsanbieter längst nicht mehr nur auf den Bereich der Strassennavigation verlassen, TomTom hat deshalb vor rund zwei Jahren auch den Einstieg in den schon damals sehr gut besetzten Sportsektor gewagt …
Liersch: Das war schon ein gewisses Wagnis, allerdings hat uns die positive Resonanz gezeigt, dass wir hier einen richtigen Weg eingeschlagen haben. Und ganz unerfahren waren wir ja dann auch nicht, beim Thema GPS konnten wir unser langjähriges Know-how sehr gut einbringen.

Neue Produkte sollen kommen

Wie steht das Unternehmen aktuell auf diesem Markt da?
Liersch: Derzeit haben wir rund 20 Prozent Marktanteil, das ist für einen absoluten Neueinsteiger gar nicht so schlecht. Und auch für die nahe Zukunft haben wir sehr viele Produkte in der Entwicklung …

… zum Beispiel eine Smartwatch?
Liersch: Dazu kann ich derzeit noch nichts sagen.
Wie sehr TomTom derzeit in neue Geschäftsfelder drängt, haben Sie ja mit der Vorstellung der Action-Cam Bandit gezeigt. Reicht der Sport- und Fitness-Bereich nicht schon aus?
Mit der Bandit will TomTom in einem neuen Segment angreifen
Liersch
: Wir haben uns den Markt für Action-Cams sehr genau angesehen und vor allem, wie diese Geräte genutzt werden. Dabei mussten wir feststellen, dass es – egal welchen Hersteller Sie wählen – stets sehr schwierig ist, das aufgenommene Material zu einem Film zusammenzufügen beziehungsweise es Freunden zur Verfügung zu stellen, beispielsweise über soziale Netzwerke. Der Weg dahin war sehr, sehr steinig und lang, aber letztlich haben wir etwas geschaffen, was es so auf dem Markt noch nicht gibt.

Der Fokus wird vertriebsseitig bei der ­Bandit sicherlich im Sportfachhandel liegen, inwieweit sehen Sie das Produkt auch im TK-Handel?

Liersch: Gerade durch die enge Verbindung mit dem Smartphone und die simple Bedienung kann auch ein TK-Händler, der keinerlei Erfahrung mit Action-Cams hat, die Bandit vermarkten. Wir bieten hierzu in Zukunft auch Schulungen an und stellen grösseren Händlern Aufsteller mit erklärenden Videos zur Verfügung. Und ich denke, wenn man als TK-Reseller auch in Zukunft erfolgreich sein will, muss man sich unweigerlich mit neuen Themen auseinandersetzen. Warum also nicht mit einer Action-Cam, die viele meiner Mitbewerber sicherlich nicht im Schaufenster haben?





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