Analyse zum iPhone 6
10.09.2014, 10:03 Uhr
So gut sind die neuen Apple-Produkte
Apple hat zwei Versionen des iPhone 6 und die Apple Watch-Familie vorgestellt: Wie gut sind die Features? Lohnt sich das Upgrade vom iPhone 5s? Wie stark sind die Neulinge im Vergleich zur Konkurrenz?
Schon vor der Präsentation neuer Apple-Produkte schlagen die Wellen der Erregung meist hoch, manche Zeitgenossen beschrieben die heutige Präsentation gar als "Schicksalstag". Doch nüchtern betrachtet geht es um zwei neue Smartphones und eine Smartwatch, so wie es in der vergangenen Woche in Berlin einige auf der IFA zu sehen gab.
Die iPhones
Die Displays der beiden neuen iPhones der 6er-Serie sind grösser aber nicht opulent: Mit 4,7 (iPhone 6) und 5,5 Zoll Diagonale (iPhone 6 Plus) erreichen sie zum Beispiel die Formate des HTC One (M7) und des LG G3. Das Samsung Galaxy S5 (5,1 Zoll) oder das Sony Xperia Z3 (5,2 Zoll) liegen irgendwo zwischen den beiden Apples. Wer deutlich mehr Platz will, muss auf Phablets wie das Huawei Ascend Mate 7 zurückgreifen. So etwas hat Apple noch nicht im Portfolio.
Allerdings: Wenn man Umfragen glaubt, wollen viele bisherige iPhone-Besitzer ohnehin genau das, was sie jetzt bekommen werden - einfach etwas mehr Raum für multimediale Inhalte und Spiele. Die Auflösung ist bei beiden Modellen sehr gut, doch andere Smartphones wie das LG G3 können mit Quad-HD bereits mehr und das iPhone 6 Plus liegt auch "nur" auf dem Niveau des Galaxy S5.
Das Gehäuse ist deutlich dünner geworden, doch diesen Effekt nutzen auch andere Hersteller, die ihre Hardware auf mehr Grundfläche unterbringen können. Dennoch: Die 6,9 Millimeter beim iPhone 6 und 7,1 Millimeter beim 6 Plus sind schon beeindruckend.
Ansonsten bleiben die grossen Innovationen beim iPhone weitgehend aus. Mehr Prozessorleistung - Apple verspricht 25 Prozent für die CPU und sogar 50 Prozent für den Grafikchip - ist gut und schön, allerdings verrät Apple wie immer keine Details. Doch lahm waren die bisherigen iPhones ohnehin nie. Beim Speicher werden viele Anwender auf die neuen Versionen mit 128 GB gewartet haben; ein Slot für eine Speicherkarte wird bei Apple aber wohl immer Teufelszeug bleiben.
Spannend wird im ersten Test die Frage sein, ob die Neulinge wirklich 50 Prozent energiesparender arbeiten als der Vorgänger, denn der Akku war bisher nicht allzu ausdauernd. Für das 6 Plus verspricht Apple immerhin 16 Tage Standby- und 24 Stunden 3G-Sprechzeit, das scheint - wie so viele Werksangaben anderer Hersteller auch - aber sehr optimistisch zu sein.
Verbesserte Kameras
Wieder mal verbessert sein sollen auch die Kameras, die weiterhin mit 8 Megapixeln auflösen, aber neue Sensoren haben. Vor allem der schnelle Autofokus beeindruckt. Allerdings sind auch diese Features - genauso wie HD-Video - bei der Konkurrenz schon vorhanden - und das iPhone 6 muss sich bei den Fotos erst einmal gegen starke Gegner wie das Sony Xperia Z3 oder das Nokia Lumia 1020 behaupten.
Die LTE-Bänder und das Tempo sind jetzt auf der Höhe der Zeit und die Unterstützung von Voice over LTE könnte ein interessantes Feature werden. Die Funktion von Anrufen über WLAN ist ebenfalls spannend, allerdings scheint sie die Unterstützung durch Netzbetreiber zu benötigen - eine Revolution wäre es, wenn Apple diese per WLAN umgehen könnte.
Wahrscheinlich hat Tim Cook recht, wenn er die Neulinge als "die besten iPhones, die es jemals gab", anpreist - alles andere wäre bei einer neuen Generation aber auch ärmlich. Die Preise sind mit maximal 999 Euro weiter gesalzen. Interessant ist, dass Apple die Modelle 5c und 5s weiter im Programm belässt, offenbar muss das eher mässig erfolgreiche 5c in der Rolle des "Ein-Euro-Phones" für subventionierte Angebote der Carrier weiter leben.
Die Uhr
Das nächste Kapitel der Apple-Story soll laut Tim Cook dann tatsächlich eine Uhr werden, die Apple Watch in zwei Grössen und drei Designlinien. "Die beste Uhr der Welt" ist allerdings als Aussage sehr gewagt und dürfte vielen Besitzern edler mechanischer Uhren auf den ersten Blick nur ein müdes Lächeln entlocken.
Die umfangreichen Fitness-Funktionen finden sich auch bei der Konkurrenz mit Android Wear, aber mit der Bedienung über das Rädchen mit digitalen Funktionen hat Apple einen Fehler vermieden, den bisherige Smartwatches der Konkurrenz mit ihren bockigen Touchscreens gemacht haben. Wenn die Bedienung in der Realität so einfach ist, wie in den ersten Videos, dürfte sich tatsächlich die alte Genialität der Marke wieder zeigen.
Auch die hohe Individualisierbarkeit, die vielen speziellen Apps und die optisch ansprechenden Bildschirme dürften vielen Anwendern gefallen. Nicht zuletzt kann Apple mit einer Vielzahl verschiedener Armbänder wieder viel Geld mit dem Zubehör verdienen. Der Einstandspreis von rund 270 Euro (349 US-Dollar) ist durchaus verträglich und auf dem Niveau der Android-Konkurrenten.
Kaufen?
Wer ein iPhone 5s besitzt, muss nicht auf die neuen Modelle upgraden, wenn er nicht unbedingt ein grösseres Display will. Denn der Rest der neuen Features scheint mal wieder evolutionär zu sein. Die Apple Watch wirkt allerdings ziemlich spannend und hat derzeit wenige Konkurrenten mit diesem Funktionsumfang. Schön, dass sie auch mit den iPhone-5-Modellen funktioniert...