Implantierte Mikrochips als Türöffner

Technologie wird von rund 4.500 bis 5.000 Menschen genutzt

Hüttenberend ist nicht der einzige in Schweden, der sich hat "chippen" lassen. "Wir schätzen, das zwischen 4.500 und 5.000 Menschen in Schweden inzwischen diese Technologie nutzen", sagt Jowan Österlund von der Firma Biohax, die Tui mit dem Chip ausgerüstet hat. Allein in den vier Tui-Niederlassungen in den nordischen Ländern haben 115 der 500 Mitarbeiter Ja zum Chip gesagt. Für den Technik-Freak Österlund ist das nur der Anfang. Er rechnet damit, dass in Zukunft die Hälfte aller Techniknutzer solch ein Implantat tragen werden.
"Der Chip ist nichts anderes als ein Personalausweis", versichert er. "Der User selbst entscheidet, welche Informationen auf ihm gespeichert werden." Die Programmierung erfolgt über das eigene Handy. Passwörter, Codes, Schlüsselkarten und Token könnten damit der Vergangenheit angehören. Die Einsatzmöglichkeiten seien unbegrenzt, meint Österlund.
Unternehmen aus Europa, den USA, den Vereinten Arabischen Emiraten, Australien und Indonesien seien interessiert. Vor allem im Bereich Sicherheit, also Zugang zu Gebäuden, Computern oder anderen geschlossen Systemen, biete der Chip gute Lösungen. Ausserdem könne er eine grosse Hilfe im medizinischen Bereich sein. "Stell dir vor, du hast ein schwaches Herz, kippst auf der Strasse um, und die Sanitäter können alle Informationen, die sie haben müssen, auf deinem Chip lesen", bringt Österlund als Beispiel.
Auch die Schwedische Bahn fand die neue Technologie interessant und ermöglichte es 2.500 Kunden, die bereits einen Mikrochip tragen, ihn als Ticket zu nutzen. Doch nach zwei Jahren wurde das Experiment wieder eingestellt. "Die Technologie funktionierte nicht reibungslos", erklärt Stephan Ray von der Transportgesellschaft SJ. "Wir haben uns entschieden, die Sache nicht weiterzuverfolgen, weil wir glauben, dass es in ein paar Jahren sowieso keine Fahrkarten mehr geben wird."
Dass der Chip in der Hand zum Zahlungsmittel wird, sieht auch Österlund erstmal nicht kommen. "Das geht erst, wenn der Handel sicherstellen kann, dass diese Zahlungsweise zuverlässig ist." Auch vor Hackern ist dem Schweden nicht bange. "Wir arbeiten mit den besten Hackern zusammen, damit diese Technologie so sicher wie möglich ist." Österlund vertraut dem Implantat mehr als einem Fingerabdruck, eben weil es unter der Haut ist. "Was man nicht sehen kann, kann man nicht kopieren."

Deutsche sind skeptisch

In Deutschland steht man der Entwicklung offenkundig skeptischer gegenüber als in Schweden. "Wenn ich meinen deutschen Kollegen von dem Chip erzähle, fragen sie gleich besorgt: Wer kann dich damit tracken?", erzählt Hüttenberend. "In Skandinavien werde ich gefragt: Was kannst du damit tun?"
Wohl auch deshalb hat Tui erst einmal keine Pläne, den Chip seinen Mitarbeitern in Deutschland anzutragen. Unternehmenssprecher Kuzey Esener sagte der Deutschen Presse-Agentur in Hannover, die schwedische Tochter sei so etwas wie ein "digitales Labor" des Konzerns: "Die sind sehr offen für digitale Innovationen." Die Idee mit den Mikrochips sei dort aufgekommen und nicht vom Konzern vorgegeben worden.
Dass es Skeptiker gibt, kann auch der Entwickler Österlund verstehen. "Wir kennen den Chip bislang nur aus Kinofilmen, in denen es um Tracking, Explosionen und andere böse Absichten geht." Das sei irreführend. "Der User hat die volle Kontrolle", ist Österlund sicher. "Die Leute, die Angst davor haben, dass ihre Daten gestohlen werden, sollten sich mehr vor Facebook fürchten."




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