Auto als rollendes Rechenzentrum
KI im Auto
Wenn man von Software im Auto spricht, dann drängt sich das Stichwort Künstliche Intelligenz auf – eines der Trendthemen in der IT und laut Jochen Kirschbaum von Critical Tech Works schon heute aus den Fahrzeugen von BMW nicht mehr wegzudenken. KI komme bei Assistenzsystemen vorrangig in der Bildverarbeitung zum Einsatz – vor allem zur Erkennung von Fahrzeugen, Spurmarkierungen und Fussgängern, zum Beispiel bei Spurhalteassistenten und Notbremsfunktionen.
“Das Fahrzeug der Zukunft wird zwangsläufig ein Rechenzentrum auf Rädern sein.„
Harald Ruckriegel
Global Automotive Industry Lead and Chief Technologist bei Red Hat
Global Automotive Industry Lead and Chief Technologist bei Red Hat
Auch im Navigationssystem BMW Maps sei Künstliche Intelligenz ein wichtiger Bestandteil. «In der BMW-Cloud werden nicht nur Echtzeitdaten integriert, sondern es kommen auch Machine-Learning-Algorithmen zum Einsatz, die basierend auf Langzeitdatenreihen probabilistische Modelle zum Eintreten bestimmter Verkehrsphänomene berechnen.» Als weiteres Beispiel nennt Kirschbaum den Sprachassistenten BMW Intelligent Personal Assistant. Damit bedient man das Fahrzeug per Sprache. «Die Technologie ermöglicht eine natürliche Interaktion mit dem Fahrzeug – unterstützt durch KI.»
Und auch im Entwicklungsprozess spielt Künstliche Intelligenz eine bedeutende Rolle. So nutzt Mercedes-Benz KI, um neue Funktionen wesentlich schneller auf den Markt zu bringen.
Künstliche Intelligenz wird nach Einschätzung von Harald Ruckriegel im Automotive-Segment immer wichtiger werden – sowohl im Fahrzeug selbst als auch in der Cloud. «Gerade im Bereich des autonomen Fahrens geht es darum, umfangreiche Datenmengen schnell zu analysieren. Und hier führt an KI kein Weg vorbei.» Die KI-basierte Aggregierung und Auswertung von Fahrzeugdaten könnten Unternehmen zudem in der Fahrzeugentwicklung gewinnbringend einsetzen. Nicht zuletzt diene der KI-Einsatz auch der Verbesserung der Customer Experience, zum Beispiel bei der Optimierung der Reiseplanung oder der Integration mit Mobilitätsangeboten und Smart-City-Szenarien.
Autonome Fahrzeuge
Der wohl wichtigste Bereich im Auto, der ohne Künstliche Intelligenz nicht funktionieren würde, ist wie erwähnt das autonome Fahren. Die KI-Systeme verarbeiten etwa Daten über den Strassenverlauf, zu Verkehrsschildern und anderen Verkehrsteilnehmern.
Vollautomatisiertes und fahrerloses Fahren wird stufenweise Realität werden – abhängig von den technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Denn technische Innovationen beim vollautomatisierten und fahrerlosen Fahren können nur auf die Strasse kommen, wenn die Gesetze es zulassen. Und hier nimmt Deutschland durchaus eine Führungsrolle ein. Im Mai dieses Jahres stimmte der Bundesrat einer Verordnung zu, die die Strassenzulassung und die Betriebsbereiche des autonomen Fahrens detailliert regelt. Deutschland werde damit zu einem der Pioniermärkte für vollautomatisiertes Fahren, attestiert der TÜV-Verband, die Interessenvertretung der Technischen Überwachungs-Vereine.
Entscheidend dafür sind laut TÜV-Verband international gültige Normen und Standards sowie entsprechende Testbedingungen und harmonisierte Datengrundlagen für das Anlernen der Systeme. Zudem benötigten Menschen die Gewissheit, dass die KI-Systeme sicher genug seien, wenn sie in ein automatisiertes oder fahrerloses Fahrzeug einsteigen. Und hier sind viele noch im Zweifel: Eine aktuelle Erhebung des TÜV-Verbands belegt zwar ein beträchtliches Interesse an autonomer Mobilität. So können sich 39 Prozent der Befragten vorstellen, in einem vollautomatisierten Fahrzeug mitzufahren.
Ein Drittel lehnt dies allerdings auch ab. Die Skepsis ist nicht ganz unangebracht: Während zum Beispiel ein Aufkleber auf einem Stopp-Schild einen Autofahrer sicher nicht weiter stört, kann dieser eine Künstliche Intelligenz aus dem Konzept bringen. Beim automatisierten Fahren bestehe die Möglichkeit, dass das System die Umwelt schon bei geringen Abweichungen nicht mehr korrekt wahrnehme, so der TÜV-Verband.
Das Problem: Derzeitige Automobil-Software basiere auf proprietären, funktional eingeschränkten und eher «langsamen» Komponenten, die mögliche Risiken und Fehler minimierten, wie Harald Ruckriegel von Red Hat erklärt. Diese Lösungsansätze würden den neuen Anforderungen nicht mehr gerecht. Heute benötige man Fahrzeugsysteme, die ausreichend Rechenleistung für eine Realtime-Datenverarbeitung bieten. Die Alternative zu den bisherigen Konzepten sei ein auf funktionale Sicherheit zertifiziertes und speziell für den Automotive-Bereich ausgelegtes Linux-Betriebssystem. Es bringe mehr Flexibilität in das Software-Ökosystem der Automobilindustrie und ermögliche es den Fahrzeugherstellern und ihren Partnern, sich auf innovative Anwendungen, Services und Funktionalitäten rund um das Auto der Zukunft zu fokussieren. «Das heisst, ein standardisiertes Linux-Betriebssystem kann als eine leistungsfähige Basis für alle darüberliegenden spezifischen Software-Plattformen der OEMs fungieren, mit denen sie sich differenzieren können: vom Hersteller-Betriebssystem über die Middleware und Applikationen bis hin zu den Services.»