Auto als rollendes Rechenzentrum
Das Auto als Dienstleister
Digitalisierung, Cloud, Dienste – welche Funktionen eines Autos profitieren eigentlich konkret davon?
Mercedes-Benz etwa konzentriert sich auf die folgenden wesentlichen Felder im Fahrzeug: das Infotainmentsystem, das autonome Fahren, Drive & Charging sowie Body & Comfort, also Komfortfunktionen. «Im Moment ist für den Kunden das Infotainmentsystem am offensichtlichsten», so Magnus Östberg, «aber die anderen Domänen werden immer wichtiger werden und bringen das Potenzial, ganz neue erlebbare Funktionen anbieten zu können.»
Vor allem die Software ermöglicht komplett neue Dienste, die früher nicht denkbar waren. Beispiele sind das Starten der Standheizung vom Smartphone aus beliebiger Entfernung aus oder das Initiieren der Navigation mit einem einfachen Satz wie «Hey Auto, such bitte den nächsten Supermarkt».
Dienste hin oder her – Mercedes-Benz zum Beispiel wird laut Magnus Östberg auch zukünftig den wesentlichen Teil seiner Wertschöpfung im Kerngeschäft erbringen – also in der Herstellung und dem Vertrieb von Automobilen sowie dem sogenannten Aftersales. «Nichtsdestotrotz leisten auch neue Geschäftsmodelle einen wachsenden Beitrag zu den Unternehmensergebnissen», betont Östberg.Der Fahrzeughersteller habe sich beispielweise das Ziel gesetzt, bis 2025 eine Milliarde Euro mit digitalen Diensten und On-Demand-Ausstattungen zu erwirtschaften. Darüber hinaus hat Mercedes-Benz mit dem Beitritt zum Aura Blockchain Consortium den Grundstein für den Einstieg in den schnell wachsenden NFT-Markt gelegt. Eigene Anwendungen seien bereits in Planung. NFT-Kollektionen in Fahrzeuge zu integrieren und diese in einen personalisierten, immersiven Kunstraum zu verwandeln, der durch Licht und Klang bereichert wird, sei eine weitere strategische Ebene für das Unternehmen.
Wie solche digitalen Dienste und On-Demand-Ausstattungen aussehen, zeigt zum Beispiel BMW. In Modellen des bayerische Autobauers mit dem digitalen Dienst Connected Drive lassen sich bestimmte Funktionen per Mausklick freischalten – im Abo-Modell oder per Einmalzahlung. Eine bereits ab Werk verbaute Sitzheizung lässt sich für 29 Franken pro Monat oder gegen eine Einmalzahlung von knapp 500 Franken aktivieren. Mit einem ab Werk verbauten Sport-Fahrwerk ist man gegen eine Einmalzahlung von 500 Franken fortan sportlich unterwegs.
Ähnlich macht es der E-Auto-Hersteller Tesla. Er verbaut in allen aktuellen Modellen das Fahrassistenzsystem Autopilot. Wer es nicht schon beim Kauf mitgeordert hat, kann es jederzeit nachträglich bestellen. Tesla installiert dann automatisch die notwendige Software auf dem Fahrzeug.
Für Fahrzeugbauer kann es grundsätzlich sinnvoll sein, bestimmte Funktionen wie eine Sitzheizung in allen Varianten eines Modells zu verbauen. Das vereinfacht die Produktion deutlich. Und der Kunde kann sich auch nach dem Kauf noch überlegen, ob er eine bestimmte Sonderausstattung doch haben möchte.
Mit dieser Vorgehensweise sind BMW und Tesla nicht alleine. Nach einem Bericht im «Handelsblatt» plant zum Beispiel der Opel-Mutterkonzern Stellantis, zu dem auch die Marken Fiat Chrysler und die französische PSA-Gruppe mit Peugeot und Citroen gehören, eine Software-Grossoffensive. Bis Ende des Jahrzehnts will man jährlich 20 Milliarden Euro durch Software-gestützte Produkte und Abonnements verdienen.