Fraunhofer IPMS
30.11.2022, 08:11 Uhr
Massendatenspeicher aus synthetischer Biologie
Das Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme (IPMS) ist Teil des Projekts "Biosynth", das an einem Massendatenspeicher der Zukunft aus synthetischer Biologie arbeitet.
DNA, RNA und PEPTIDE als Speichermedien: Innerhalb des Projektes "BIOSYNTH – Modulare Hochdurchsatz-Mikro-Plattform für künftige Massendatenspeicher aus synthetischer Biologie" soll eine neuartige Mikrochip-Plattform für effiziente zellfreie und digital steuerbare Biosynthese entwickelt werden. Das Fraunhofer IPMS forscht mit drei weiteren Instituten an den Grundlagen für die Massendatenspeicher der Zukunft mit extrem hoher Speicherdichte.
DNA kennt man als grundlegendes Medium für die Aufbewahrung der genomischen Information. Allerdings kann DNA auch zur Speicherung von (binären) Daten genutzt werden – eine Zukunftstechnologie, die in Europa bisher in Grundlagenforschung betrachtet wird. Dabei werden mikrobiologische Vorgänge aus der Natur auf künstliche Datensysteme übertragen. Das Schreiben von DNA auf Mikrochips ist noch eine grosse Herausforderung, aber auch eine Riesenchance. So können Informationen in sehr hoher Dichte durch die spezifische dreidimensionale und digital steuerbare Anordnung von Basenpaaren direkt auf einem Mikrochip gespeichert werden.
Das Projekt BIOSYNTH bündelt das Know-how von vier Fraunhofer-Instituten mit dem Ziel, die DNA-Synthese deutlich zu verbessern. Dies erfolgt durch eine universelle Mikrochip-Plattform zum DNA/RNA/Peptid-Schreiben. Bisherige Synthese-Ansätze (unter anderem ink-jet) sind wenig effizient in der Generation langer DNA-Segmente. Zudem generieren sie zahlreiche Ungenauigkeiten, deren Korrektur zeitaufwendig und teuer ist. Zudem ist entsprechende Gerätetechnik gross und kostenintensiv. "Das Projekt BIOSYNTH will deshalb die technologischen, biologischen und informationstechnischen Grundlagen für biologische Massendatenspeicher extrem hoher Speicherdichte und Alterungsbeständigkeit legen," erklärt Dr. Uwe Vogel, Konsortialführer vom Fraunhofer FEP.
Im Projekt soll dafür eine auf herkömmlichen Mikrochip-Fertigungstechnologien basierende Plattform zum Schreiben von software-definierten Nukleotidsequenzen (DNA, RNA oder Peptide) dargestellt werden. Diese ermöglicht dann künftig durch Vervielfältigung in den Volumenproduktionsprozessen der Mikroelektronikindustrie die hochparallele und Hochdurchsatz-Herstellung von Massendatenspeichern. In einer mit Methoden der Mikroelektronik entworfenen und hergestellten Mikroplattform sollen auf Mikrometer-Niveau miniaturisierte Reaktionszellen mit Reaktionsvolumina im Pikoliter-Bereich für die zellfreie Synthese in eine frei programmierbare Aktiv-Matrix-Array-Anordnung integriert werden. Durch geeignete thermische und photonische Komponenten sowie Oberflächen-Funktionalisierung je Reaktionszelle sollen sowohl Transport, Immobilisierung, Aktivierung und Monitoring der Prozessbedingungen und -ergebnisse erfolgen.
Das Fraunhofer FEP entwirft die integrierte Schaltung der CMOS-Backplane zur Ansteuerung und Auslese der Mikroheizer für die Biosynthese, der OLED- und Photodetektor-Pixel in der Aktiv-Matrix-Anordnung und eines entsprechenden Testaufbaus.
Die Aufgabe des Fraunhofer IPMS besteht in der Entwicklung der "Thermo"-Ebene für die Mikrochipplattform. Die Heizfunktion zur Einstellung der Temperatur zur biologischen Synthese erfolgt durch Strukturen in Oberflächenmikromechanik in Anlehnung an die Technologie der kapazitiven mikromechanischen Ultraschallwandler (Capacitive Micromachined Ultrasonic Transducers – CMUT). Ausserdem trägt das Fraunhofer IPMS die Simulationsexpertise für die thermische Funktionalität bei. Aufgabe im Projekt ist dann die Realisierung einer MEMS-Technologie, in der organische Komponenten (organische Leucht- und Photodioden) des Fraunhofer FEP zur Überwachung des Syntheseprozesses integriert werden können.
Anschliessend sollen Kollegen des Fraunhofer IZI-BB in Potsdam den Syntheseprozess mit Hilfe der Mikrochipplattform realisieren. Das Fraunhofer ITEM beschäftigt sich mit den entsprechenden Kodierungsverfahren in biologischen Komponenten.
Das Projekt wird von einem Kreis aus renommierten Beratern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Anwendern sowie mit Expert-/innen der Uni Marburg, von XFAB, Infineon, dem Bundesarchiv und Hybrotec begleitet. Erste Ergebnisse sollen in einem Anwenderworkshop Ende 2023 erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt werden.