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15.06.2018, 09:05 Uhr
E3-Hands-on: Shadow of the Tomb Raider
Nach den ersten beiden Teilen der Reboot-Trilogie meldet sich Lara Croft in «Shadow of the Tomb Raider» zurück. Wir konnten den Knaller Probe spielen.
Seit 1996 bereist die mit allen Wassern gewaschene Archäologin Lara Croft nun schon den Globus, um versteckte Grabkammern zu finden, wertvolle Schätze zu bergen und sich mit neidischen Rivalen zu duellieren. Doch wie ist Miss Croft eigentlich zu der knallharten Powerfrau geworden, die Millionen Menschen weltweit kennen? Um genau diese Frage zu beantworten, rückte Publisher Square Enix vor etwa fünf Jahren Laras Ursprünge in den Fokus der Aufmerksamkeit. Der erste Teil der Reboot-Trilogie erschien 2013 unter dem Namen «Tomb Raider» und verkaufte sich mehr als elf Millionen Mal. Aber auch der noch Nachfolger «Rise of the Tomb Raider» – ebenfalls entwickelt von Crystal Dynamics – hat bei den meisten Fans ein Stein im Brett.
Mit «Shadow of the Tomb Raider» soll nun am 14. September 2018 ein neues Studio an diese Erfolge anknüpfen und das krönende Finale der Ursprungs-Saga abliefern. Der Entwickler? Kein Geringerer als Eidos Montreal, also das Studio, das bereits für die letzten beiden Teile des Sci-Fi-Rollenspiels Deus Ex verantwortlich zeichnet. Die gute Nachricht gleich vorweg: Nimmt man bisherige Spieleindrücke als Grundlage, scheinen die Kanadier dem Projekt bereits mehr als gewachsen zu sein.
Die Hetzjagd beginnt
Chronologisch betrachtet macht «Shadow of the Tomb Raider» dort weiter, wo das Vorgängerspiels aufhörte. Lara kommt gerade aus Sibirien zurück und hat die traurige Gewissheit, dass ihr Vater von der Schattenorganisation Trinity getötet wurde. Weil sie diesen Verlust jedoch nicht einfach so hinnehmen möchte, setzt sie nun alles daran, die Verantwortlichen bei Trinity zur Rechenschaft zu ziehen und den weltweit operierenden Geheimbund zu Fall zu bringen – ein für alle Mal.
Ganz oben auf ihrer Abschussliste steht dabei ein gewisser Doktor Dominguez, der kurz nach Spielbeginn auf der mexikanischen Insel Cozumel zwielichtige Ausgrabungen vorantreibt. Lara lässt sich natürlich zweimal bitten und will dem Trinity-Boss nach allen Regeln der Kunst dazwischenfunken.
Was folgt, skizzierte Eidos Montreal bereits im Rahmen eines ersten Enthüllungs-Events Ende April. Während in Cozumel der traditionelle Tag der Toten zelebriert wird, bahnt sich die Heldin einen Weg ins Innere eines verwinkelten Höhlensystems. Die spannende Passage selbst dauert etwa 20 Minuten und gewährt Spielern erste Einblicke in neue Gameplay-Mechanismen. Manuelles Abseilen an steilen Klippen zum Beispiel steht nun ebenso auf der Agenda wie Wallrunning und heikle 360-Grad-Tauch-Eskapaden mit clever inszenierten Schockmomenten, in denen sich Lara unter Wasser unter anderem mit einer gefrässigen Riesenmuräne herumschlägt.
Den Weltuntergang stoppen
Doch zurück zur Story, die kurz nach diesem Abschnitt eine dramatische Wende nimmt. Denn Lara zieht – obwohl ihr Freund Jonah über Funk dringend davon abrät – einen seltenen Dolch aus einem Sockel und entfesselt damit Phase 1 einer mehrstufigen Maya-Apokalypse. Ein Tsunami bricht los, überrollt den ansonsten so idyllischen Küstenort Cozumel mit tosenden Wassermassen und fordert zahlreiche Todesopfer. Die Katastrophe erschüttert Lara spürbar, heizt ihre innere Wut auf Trinity aber nur noch weiter an. Oder um es mit den Worten von Spieldirektor Daniel Chayer-Bisson auszudrücken: «Wir entwickeln die Heldenfigur wie nie zuvor weiter und bringen sie an ihre Grenzen. Dies ist eine persönliche und sehr emotionale Reise und dafür müssen wir das Innere von Lara erforschen. Man wird eine Lara sehen, die zweifelt. Man wird eine Lara sehen, die sich schuldig fühlt. Aber man wird auch einen Jonah sehen, der anders ist als zuvor. Und klar, da wir alle Spektren der Emotion erforschen, wird es natürlich auch witzige Momente geben.»
Eine gigantische Stadt, mitten im Dschungel
Keine Frage, die Gameplay-Demo von Ende April hat es in sich. Mindestens genauso neugierig machen allerdings die frischen Inhalte, die im Rahmen der US-Spielemesse E3 gezeigt wurden. Die Rede ist hier insbesondere von der verborgenen Stadt Paititi. Story-Autorin Jill Murray erklärt: «Für Shadow of the Tomb Raider haben wir den grössten HUB-Level erschaffen, der je für ein Tomb-Raider-Spiel erstellt wurde. Paititi ist eine verborgene Stadt mitten im Dschungel von Peru und etwa dreimal so gross wie das grösste offene Areal aus dem Vorgängerspiel.»
Und es wird noch besser, denn Paititi ist keine menschenleere Ruine wie etwa die Piratenstadt Libertalia aus «Uncharted 4» (PS4), sondern vielmehr ein Ort, an dem Nachfahren der Inka bis heute fortbestehen konnten. «Die Stadt hat ihre ganz eigene Kultur, die sich – durch die Isolation in den letzten Jahrhunderten – kontinuierlich weiterentwickelt hat», verrät Murray. «Menschen aus Orten, die bis hoch ins nördliche Mexiko reichen, kamen hierher, um Schutz zu suchen. Deshalb wird man in Paititi auch Akzente der Maya-, Inka- und Azteken-Kultur hören und Stadtbereiche finden, in denen die Kleidung, die Architektur und vieles mehr von eben diesen Völkern inspiriert ist.»
Und was heisst all das nun fürs Gameplay? Ganz einfach: Lara kann Paititi nach Lust und Laune erkunden, mit den Menschen vor Ort reden, sich ihre Geschichten und Sorgen anhören, ihnen bei der Arbeit zusehen, mit ihnen handeln, ihre Lamas streicheln, ihrer einzigartigen Musik lauschen, traditionellen Ritualen beiwohnen und natürlich Aufgaben für sie erfüllen. Als Beispiel für eine solche Herausforderung demonstrierten die Macher die Begegnung mit einem kleinen Jungen. Der Dreikäsehoch hat seine Spielwürfel verloren und macht nun den Geist eines Toten dafür verantwortlich. Lara will diese etwas seltsame Geschichte zunächst nicht glauben, verspricht dem gekränkten Jungen dann aber, der Sache auf den Grund zu gehen. Die Nebenquest kann beginnen!
«Paititi bietet grossartige Möglichkeiten der sozialen Interaktion und die wiederum stellen einen wirklich schönen Kontrast zu den eher dunklen Momenten im Spiel dar», bemerkt Murray. «Ausserdem sieht man im Rahmen der sozialen Interaktionen immer wieder, wie Laras Sinn für Humor durchschimmert.»
Konflikte entschärfen, Schätze suchen
Dass man Paititi genauer erforschen will, hat allerdings noch weitere Gründe. Den Anfang machen die sich anbahnenden Konflikte innerhalb der Stadt und Laras Wunsch, nicht auch noch diesen Brandherd eskalieren zu lassen. Die Entwickler wollten nicht zu viel verraten, aber ein Auslöser für generelles Unbehagen in Paititi scheint vom Kult von Kukulkán auszugehen, der unter anderem ehrlichen Händlern die Hälfte ihrer Einnahmen abknöpft.
Die serientypischen Rätselgräber dürfen in Paititi natürlich ebenfalls nicht fehlen. Im Unterschied zu allen Vorgängerspielen fallen Letztere nun allerdings deutlich komplexer und herausfordernder aus. Chayer-Bisson bringt es auf den Punkt: «In Rise of the Tomb Raider ging es um Ehrfurcht gebietende Rätselgräber, welche die byzantinische Kultur aufgreifen. Bei Shadow of the Tomb Raider hingegen stehen die Rätselgräber voll im Zeichen von Angst und Schrecken. Will heissen: Praktisch jede Sache, mit der man interagieren kann, wird versuchen, die Heldin zu töten. Hinzu kommt: Allein schon der Weg zu den einzelnen Rätselgräbern ist nun deutlich gefährlicher und hält zahlreiche Todesfallen bereit.» Und tatsächlich: Während der Pre-E3-Präsentation läuft Lara praktisch im Minutentakt Gefahr, aufgespiesst, zerteilt oder verbrannt zu werden.
Frischzellenkur fürs Kampfsystem
Serienkenner erinnern sich: Wenn man in den letzten beiden «Tomb Raider»-Spielen von gegnerischen Einheiten entdeckt wurde, war es in der Regel vorbei mit der Heimlichtuerei. Statt nach einigen Aktionen wieder zurück in den Schleichmodus zu wechseln, musste man dann in der Regel die Waffen zücken und die Probleme ballernd lösen. Ganz anders in «Shadow of the Tomb Raider», wo sich die Protagonistin das Dickicht des Dschungels gleich mehrfach zunutze macht.
Bäume zum Beispiel erklimmt die Schatzjägerin nun mühelos. Oben angekommen, kann Lara dann unter anderem ausharren, bis sich die Lage beruhigt hat, Stealth-Kill-Sprünge ausführen oder Feinde mit verschiedensten Pfeiltypen aufs Korn nehmen. Angstpfeile etwa erhöhen das Stresslevel des Getroffenen dramatisch und führen dazu, dass er seine Kameraden angreift. Seilpfeile hingegen können genutzt werden, um Opfer an Bäumen emporzuziehen.
Analog zu Dschungel-Profi Rambo und Co. kann sich Lara zudem mit Schlamm einreiben, um ihren Tarnfaktor zu erhöhen oder sich schnell hinter dicht gewachsene Pflanzenansammlungen kauern, um den wachsamen Augen vorbeilaufender Patrouillen zu entgehen.
Fazit: Das wird was!
Nostalgieverbreitendes Setting, beeindruckende Grafik, herausforderndes Leveldesign, jede Menge Herzklopfmomente, vielversprechender HUB-Level, sinnvolle Gameplay-Ergänzungen bei Fortbewegung und Kampf sowie die wohl hartnäckigste Lara, welche die Serie bisher hervorgebracht hat. «Shadow of the Tomb Raider» gefällt und könnte in Kombination mit seinem üppigen Umfang (allein für die Hauptstory ist von 13 bis 15 Stunden die Rede) zum neuen Liebling der Fangemeinde werden. Abzuwarten bleibt allerdings, wie clever die Feind-KI am Ende des Tages wirklich agiert und wie glaubhaft die Macher die interaktive Tierwelt – von der bisher schlichtweg zu wenig zu sehen war – hinbekommen.
Shadow of the Tomb Raider
Positiv: Grafik, Story, Stimmung
Negativ: (Bis jetzt noch) Interaktive NPCs
Details: Action-Abenteuer für PC, PS4 und Xbox One
Strassenpreis: Ab 69.– (PC), 75.– (Konsole)
Info: games.ch
Negativ: (Bis jetzt noch) Interaktive NPCs
Details: Action-Abenteuer für PC, PS4 und Xbox One
Strassenpreis: Ab 69.– (PC), 75.– (Konsole)
Info: games.ch