Hausmesse «SAP Now» 10.03.2020, 18:37 Uhr

SAP Schweiz mit viel Gefühl

An der weltweit ersten virtuellen Hausmesse «SAP Now» betonte der ERP-Anbieter die Bedeutung der Gefühle für das Geschäft. Dafür gab es eine Exkursion in die Neurologie.
SAPs Michael Locher-Tjoa vor der Kamera an der virtuellen Hausmesse «SAP Now»
(Quelle: Screenshot)
Die Mehrzahl der Geschäftsentscheidungen wird aus rationellen Gründen getroffen, könnte man meinen. Die Konsumenten kaufen Waren und Dienstleistungen allerdings nicht ausschliesslich wegen der Ratio. Selbst bei notwendigen Lebensmitteln greifen die Kunden zu Produkten, die sie auch emotional ansprechen, beispielsweise das Bio-Brot vom lokalen Beck statt aus der Grossbäckerei. Emotional gesteuerte Kaufentscheidungen sind bis anhin nur ansatzweise in Geschäftsanwendungen wie einem ERP repräsentiert. Allerdings können die Gefühle eben durchaus den Kaufentscheid massgeblich beeinflussen. Diese Lücke in den Business-Anwendungen will der grösste ERP-Anbieter der Welt künftig schliessen. Das deuteten SAPs Schweizer Managing Director Michael Locher-Tjoa und der Europa-CTO Mark Raben an der Hausmesse «SAP Now» in Basel an.
Beide Referenten waren zwar in der Basler Messe vor Ort, das Publikum fehlte ihnen aber. Der Veranstalter SAP hatte den Anlass Ende Februar wegen der aktuellen Epidemie-Lage zuerst abgesagt, ihn dann aber kurzfristig in eine virtuelle Konferenz umgewandelt. Die Keynotes und auch die grosse Mehrzahl der Fachreferate finden nun statt – ebenfalls vor leeren Rängen. Sie können aber via Live-Stream verfolgt werden. Nach den Worten von Locher-Tjoa habe es ursprünglich rund 3500 Anmeldungen für die «SAP Now» gegeben. Die Eröffnungsrede sahen laut den Veranstaltern rund 1000 Personen.
Mehr Emotionen hätte es vermutlich an einer Präsenz-Konferenz gegeben. SAPs Schweiz-Chef Locher-Tjoa freute sich aber dennoch über das grosse Interesse der Kunden, Partner und auch das Zugeständnis der Referenten, ihre Vorträge vor laufender Kamera zu halten und ins Web zu streamen.
SAPs will sich laut Locher-Tjoa inskünftig vermehrt auch um die emotionalen Aspekte des Geschäfts kümmern. Dafür sollen die strukturierten ERP-Daten mit den unstrukturierten Experience-Daten aus den Kundeninteraktionen zusammengebracht werden. Heute gäbe es diese Verknüpfung bereits in den HR- und den Vertriebslösungen von SAP, sagte der Schweiz-Chef. Nun sollen auch ERP-Anwendungen Schnittstellen für entsprechende Tools zum Beispiel aus dem Social-Media-Bereich bekommen.

Die Neurologie und der Kaufentscheid

Über die Grundlagen der Neurologie orientierte SAPs Europa-CTO Raben in seiner Keynote. Die Unternehmen sollten verstehen, wie die Konsumenten ihre (Kauf-)Entscheide treffen, war seine Begründung für den Ausflug in die Medizin. So führte er aus, dass das menschliche Gehirn grob aus drei Teilen besteht: Das Stammhirn reguliert Selbsterhaltung (Sicherheit), das Limbische System die Emotionen und der Neokortex steuert das Bewusstsein bei. Wenn ein Kunde entscheidet, spielten immer alle drei Bereiche zusammen. Somit seien für ein positives «Kundenerlebnis» die Attribute «sicher», «vergnüglich» und «sinnvoll» essenziell. Auf der Basis dieser Grundlagen sollten die Unternehmen ihre «Kundenerlebnisse» entwerfen, sagte Raben.
Gemeinsam mit dem Kioskbetreiber Valora hat SAP den kassenlosen Laden «Avec Box» entwickelt. Beim Design spielte das «Kundenerlebnis» eine entscheidende Rolle, betonte der CTO. In den Filialen kann mithilfe der App sicher eingekauft werden. Der vor Ort erhältliche personalisierte Kaffee könnte zum Beispiel ein Vergnügen sein. Schliesslich sei die Ladenöffnung rund um die Uhr an sieben Wochentagen sinnvoll, da die Konsumenten sich nicht an vorgegebene Öffnungszeiten halten müssten. Den fehlenden menschlichen Kontakt in der «Avec Box» kommentierte Raben mit den Worten: «Das Laden-Format ist fokussiert auf die Aufwandsreduktion für die Konsumenten. Es eignet sich nur für bestimmte Warenkategorien.» Sein nächstes Auto wolle er beispielsweise nicht in einer unbedienten Box ohne Beratung kaufen. Das sei weder sicher, vergnüglich noch sinnvoll.



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