21.01.2008, 00:00 Uhr
Urheberrecht: Datenschützer pfeifen Medienindustrie zurück
Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) stellt fest, dass die Datenbearbeitung einer Schweizer Firma im Rahmen der Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen in Peer-to-Peer-Netzwerken gegen die Grundsätze des Datenschutzgesetzes verstösst. Dabei stellt der EDÖB die Legitimität der strafrechtlichen Verfolgung von Urheberrechtsverletzern keineswegs in Abrede. Es geht vielmehr um die Frage nach dem rechtlichen Rahmen, der eine Durchbrechung des Fernmeldegeheimnisses im privatrechtlichen Bereich erlauben würde. Ein solcher ist nicht gegeben. Solange das der Fall ist, hat die Firma gemäss EDÖB die Bearbeitung von Personendaten zu unterlassen.
Eine Schweizer Firma betreibt im Auftrag der Medienindustrie in so genannten Peer-to-Peer-Netzwerken Nachforschungen, um Urheberrechtsverletzungen aufzudecken, welche durch den illegalen Austausch von Musik- und Videodateien begangen werden. Mit Hilfe einer eigens dafür entwickelten Software beschafft sich die Firma heimlich die IP-Adressen der Computer, über die illegale Inhalte zum Download angeboten werden, und übermittelt sie periodisch den Rechteinhabern der fraglichen Werke ins In- und Ausland. Da diese Datenbearbeitung geeignet ist, die Persönlichkeit einer grösseren Anzahl Personen zu verletzen, hat der EDÖB den Sachverhalt näher abgeklärt. Nun legt er die Ergebnisse seiner Abklärung vor.
Liegt ein Anfangsverdacht auf eine Verletzung des Urheberrechts vor, können die Rechteinhaber ein Strafverfahren gegen Unbekannt einleiten. Im Rahmen dieses Verfahrens wird anhand der erhobenen IP-Adresse die Person identifiziert, der die Adresse zum fraglichen Zeitpunkt zugeteilt war, und abgeklärt, ob überhaupt eine Urheberrechtsverletzung vorliegt. Ist dies der Fall, kann der Urheberrechtsinhaber gegenüber dem Urheberrechtsverletzer zivilrechtliche Ansprüche geltend machen. In der Praxis nutzen die Inhaber das Strafverfahren indessen dazu, mittels Akteneinsicht die Identität des Inhabers des fraglichen Internetanschlusses zu erfahren und noch vor Abschluss des Strafverfahrens ihnen gegenüber zivilrechtliche Forderungen geltend zu machen. Das Fernmeldegeheimnis wird somit im Rahmen eines zivilrechtlichen Verfahrens durchbrochen, und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem noch nicht feststeht, ob ein strafrechtlich relevantes Verhalten tatsächlich vorliegt. Die Durchbrechung des Fernmeldegeheimnisses im privatrechtlichen Bereich ist aber im geltenden Recht nicht vorgesehen. Diese Gesetzeslücke wurde bei der letzten Urheberrechtsrevision nicht geschlossen.
Soll das Fernmeldegeheimnis auch im Zivilverfahren durchbrochen werden können, braucht es aus Sicht des EDÖB eine entsprechende Berechtigung im Urheberrechtsgesetz. Solange dies nicht der Fall ist, hat die Schweizer Firma die Bearbeitung von Personendaten zu unterlassen. Die Schweizer Firma teilt dem EDÖB innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt der Empfehlungen mit, ob sie sie akzeptiert oder nicht. Falls die Empfehlungen abgelehnt oder nicht befolgt werden, kann der EDÖB die Angelegenheit dem Bundesverwaltungsgericht zum Entscheid vorlegen. (ph) www.edoeb.admin.ch