Amazon droht Milliardenstrafe der EU wegen Missbrauch von Marktmacht

Möglicherweise illegale Geschäftspraktiken

Die Wettbewerbshüter der EU hatten im Juli 2019 eine Untersuchung wegen möglicherweise illegaler Geschäftspraktiken eingeleitet. Dabei gehen sie vor allem der Frage nach, ob der Konzern auf unfaire Weise mit anderen Händlern konkurriert, die seine Plattform nutzen.
Dies ist möglich, weil Amazon nicht nur selbst als Einzelhändler Waren verkauft, sondern seine Internetseite auch als Plattform für andere Händler zur Verfügung stellt.
Zu den Beschwerdepunkten schreibt die EU-Kommission nun, die Ergebnisse der Untersuchung zeigten, dass den Mitarbeitern des Einzelhandelsgeschäfts von Amazon sehr grosse Mengen nicht-öffentlicher Verkäuferdaten zur Verfügung stünden, "die direkt in die automatisierten Systeme des Geschäfts fliessen, wo sie aggregiert und genutzt werden, um Endkundenangebote und strategische Geschäftsentscheidungen von Amazon auszutarieren". Dies sei zum Nachteil der anderen Verkäufer auf dem Marktplatz.
Amazon könne so beispielsweise seine Angebote auf diejenigen Produkte einer Kategorie konzentrieren, die sich am besten verkauften und seine Angebote auf der Grundlage nicht-öffentlicher Daten konkurrierender Verkäufer anpassen.
"Daten über die Tätigkeit unabhängiger Verkäufer sollten von Amazon nicht zum eigenen Vorteil genutzt werden, wenn das Unternehmen mit diesen Verkäufern konkurriert", kommentierte die zuständige Vizepräsidentin der EU-Kommission, Margrethe Vestager. Die Wettbewerbsbedingungen auf der Amazon- Plattform müssten fair sein.

Bevorzugte Behandlung

Unabhängig von den oben genannten Vorwürfen will die Kommission weiter prüfen, ob Amazon seine marktbeherrschende Stellung missbraucht, um eigene Einzelhandelsangebote und die Angebote von Marktplatz-Verkäufern, die die Logistik- und Zustellungsdienste des Unternehmens nutzen ("Versand-durch-Amazon"), bevorzugt zu behandeln.
Dabei spielt unter anderem die Vergabe des Einkaufswagen-Feldes eine grosse Rolle. Für Verkäufer sei die Zuweisung dieses Feldes von entscheidender Bedeutung, da dort nur das Angebot des jeweiligen Verkäufers für ein gewähltes Produkt erscheine und der überwiegende Teil aller Verkäufe über dieses Feld generiert werde, erklärt die Kommission.
Überraschend kommt der harte Kurs der EU gegenüber Amazon nicht. Die europäischen Wettbewerbshüter nehmen schon seit Jahren amerikanische Technologie-Plattformen unter die Lupe. Gegen Google verhängte Vestager so in drei Verfahren Bussgelder von insgesamt 8,25 Milliarden US-Dollar. Dabei ging es unter anderem um das Smartphone-System Android und die Shopping-Suche mit Artikel-Angeboten. Seit dem Sommer prüft die Kommission zudem nach Beschwerden von Konkurrenten, ob Apple unfairen Wettbewerb in seinem App Store und beim Bezahlsystem Apple Pay betreibt.




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