Data-Center-Container
28.03.2016, 12:05 Uhr
Das mobile Rechenzentrum im Schiffscontainer
Ein schlüsselfertiges Rechenzentrum in einem kompakten Container, fertig konfiguriert und per Lastwagen angeliefert – Data-Center-Container sind flexibel und sparen Geld.
In einem mobilen Rechenzentrum von der Grösse eines Schiffscontainers findet die gesamte Technik eines Data-Centers Platz: unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV), Kühlung, Brandschutz und die Server.
Data-Center-Container werden nach den Kundenwünschen konfiguriert und innerhalb weniger Wochen angeliefert. Bei Standardkonfigurationen und je nach Anbieter ist der Container sogar schon nach ein paar Tagen einsatzbereit. Aufgestellt wird er im Innen- oder Aussenbereich. Nach dem Anschluss an das Stromnetz, das Firmennetzwerk und an die Kaltwasserversorgung für die Klimatisierung ist das mobile Container-Rechenzentrum in der Regel sofort einsatzbereit.
Vielseitige Einsatzzwecke
Auch in Zeiten von Cloud-Diensten betreiben viele Firmen ein eigenes Rechenzentrum. Einer Umfrage des Rechenzentrum-Anbieters Interxion zufolge unterhielten 2014 immerhin noch 70 Prozent der europäischen Firmen ein unternehmenseigenes Rechenzentrum.
Doch das eigene Rechenzentrum ist meist wenig flexibel: Kaum eine Firma kann zuverlässig voraussagen, wie stark die IT-Last in den kommenden Monaten und Jahren wachsen wird. Die Folge: Laut dem IT-Dienstleister Cancom sind 80 Prozent der neu errichteten Rechenzentren von vornherein überdimensioniert und damit ineffizient – oder das Rechenzentrum wird irgendwann zu klein und eine Erweiterung ist nur mit erheblichem Bau- und Kostenaufwand möglich.
Abhilfe schaffen modulare Rechenzentren in Containern. Damit lässt sich der Bedarf an Servern den Erfordernissen auch kurzfristig anpassen. Die Container lassen sich auch als Backup-Rechenzentrum nutzen oder als Ersatz, wenn es im unternehmenseigenen Rechenzentrum temporär zu Ausfällen kommt, etwa wegen eines Aus- oder Umbaus.
Data-Center-Container sind dabei keineswegs ein exotischer Nischenmarkt. Auch moderne Grossrechenzentren setzen auf die Containermodule, da mit ihnen die Rechenkapazität bequem skaliert werden kann.
Der Flugzeughersteller Airbus hat bereits vor mehreren Jahren seine Rechenkapazitäten mit Hilfe zweier Container-Rechenzentren von HP verdoppelt. Die beiden jeweils 30 Quadratmeter grossen HP Performance Optimized Datacenters (POD) stehen in den Airbus-Werken in Hamburg und Toulouse.
Die neuseeländische Stadt Christchurch setzt bei der Stromversorgung bereits seit 2011 auf einen Data-Center-Container. Der Energieversorger Orion nutzt in dem erdbebengefährdeten Gebiet einen Container des Herstellers Rittal als Backup-Rechenzentrum zur besseren Sicherung der Stromversorgung. Der Container verfügt über acht Server-Gestelle sowie ein Gestell für Netzwerktechnologie. Ein Luft-Wasser-Wärmetauscher übernimmt die Kühlung. Der Einbau im Doppelboden verschwendet dabei keinen Platz.
Vor- und Nachteile mobiler Data-Center-Container
Das sind die wichtigsten Vorteile eines mobilen Data-Center-Containers:
Überschaubare Kosten: Die Kosten für einen Data-Center- Container sind exakt planbar. Das mobile Rechenzentrum benötigt nur eine kleine Fläche und lediglich einen Strom- und einen Netzwerkanschluss. Hinzu kommt je nach Kühlmethode ein Kaltwasseranschluss. Wenn man einen Data-Center-Container mietet, dann fallen nur Kosten für die Zeit an, in der man die zusätzliche Rechenleistung tatsächlich benötigt.
Skalierbarkeit: Data-Center-Container lassen sich beliebig erweitern. Dazu werden einfach weitere Container aufgestellt. Je nach Container-Modell lassen sich Seitenwände entfernen und mehrere Container zu einem grossen mobilen Rechenzentrum zusammenfassen. Auch stapeln kann man die Container: Mit einer Belastbarkeit von bis zu 190 Tonnen lassen sich so bis zu 13 Rechenzentren übereinanderstellen.
So praktisch ein Data-Center-Container ist – Nachteile haben die mobilen Rechenzentren auch.
Wenig Platz: Der Platz in den genormten ISO-Containern ist sehr beschränkt. Das erschwert den Administratoren die Arbeit. Der Hersteller Cancom montiert zum Beispiel deswegen die Server-Racks auf Schienen. Damit lassen sich die Server bei Wartungsarbeiten im laufenden Betrieb verschieben. Abhilfe für das Platzproblem schaffen grössere Data-Center-Container ausserhalb der ISO-Norm. Diese Container haben wiederum den Nachteil, dass deren Anlieferung komplizierter ist, da sie nicht auf einen regulären Lkw passen.
Sicherheit: Die mobilen Rechenzentren verfügen in der Regel über einen Einbruchschutz samt Alarmanlage und Videoüberwachung. Dennoch sind die Daten in einem Metallcontainer auf dem Firmengelände nicht so sicher wie innerhalb eines Gebäudes. Deswegen sind vor allem bei sensiblen Daten weitere Sicherungsmassnahmen notwendig.
Data-Center im Standard-Industriecontainer
Bei Data-Center-Containern handelt es sich meist um Standard-Industriecontainer, wie man sie zum Beispiel aus der Schifffahrt kennt und wie sie auf Lastwagen und Güterzügen durchs Land fahren.
Diese ISO-Container sind entweder 20 oder 40 Fuss lang, also rund 6 oder rund 12 Meter. Die Breite beträgt rund 2,40 Meter und die Höhe knapp 2,60 Meter. Aufgrund der Normgrössen lassen sich die Rechenzentren einfach auf einen Lastwagen laden und damit quasi fast überallhin befördern.
Der Container fasst alles, was man für den Betrieb benötigt: USV, Brandüberwachung mit Gaslöschanlage, Kühlsysteme, Zutrittssystem und Einbruchschutz sowie das Herz des Rechenzentrums – Hunderte Server samt Speicher und Netzwerk-Hardware.
Die stabilen Metallcontainer sind wetterunempfindlich und lassen sich im Freien betreiben.
Das Einzige, was ein Data-Center-Container benötigt, sind ein Stromanschluss, ein Netzwerkanschluss sowie gegebenenfalls ein Kaltwasseranschluss für die Kühlung.
Es gibt Container, die nicht einmal mehr auf einen Stromanschluss angewiesen sind. So bietet Rittal mit der Schwesterfirma Würz einen Container mit zwei Blockheizkraftwerken an, die eine redundante Stromversorgung sicherstellen. Die Kraftwerke laufen mit Erdgas, Heizöl oder umweltfreundlich mit Pflanzenöl.
Anbieter und Preisbeispiel
Es gibt auf dem Markt zahlreiche Anbieter von Data-Center-Containern – neben grossen Namen wie Dell, HP, Fujitsu und Huawei sind auch deutsche Unternehmen darunter, zum Beispiel der Schaltschrankspezialist Rittal und der IT-Dienstleister Cancom.
Bei den Preisen halten sich die Anbieter bedeckt. Sie sind Verhandlungssache und hängen von der Konfiguration und der Leistung ab. Auch die Mietdauer spielt eine Rolle.
Ein Preisbeispiel: Cancom bietet einen Standard-ISO-Container in der 20-Fuss-Grösse mit folgender Ausstattung an:
- fünf Racks mit jeweils 42 Höheneinheiten
- je Rack zwei Stromversorgungsleisten mit 16A- und SNMP-Management (Simple Network Management Protocol) zur Überwachung
- Unterbrechungsfreie Stromversorgung mit einer Leistung von 20 kW und einer Autonomiezeit von rund acht Minuten bei Volllast
- Klimaversorgung mit 20 kW mit N+1-Redundanz
- Für die Sicherheit sorgen ein Einbruchschutz nach WK-3 und eine biometrische Zugangskontrolle. Für den Brandschutz nach Brandschutzwertigkeit F90 gibt es ein Rauchansaugsystem (RAS) sowie eine Löschmittelaufstellung im Container und eine Druckentlassungsklappe.
Cancom verlangt für den Standard-ISO-Container pauschal 139.000 Euro.
Wenn sich ein Unternehmen für ein Rechenzentrum im Container interessiert, dann gilt es, möglichst viele Anbieter zu kontaktieren und Angebote sowie Referenzen anzufordern. Dabei sollte man nicht nur auf den Preis achten, sondern auch nach der Energieeffizienz der Container fragen.
Die Anbieter der Server-Container arbeiten häufig nur mit bestimmten Hardware-Herstellern zusammen. Daher ist die Wahl der Server-Ausstattung in einigen Fällen eingeschränkt.