KPI in der Webanalyse
11.12.2018, 10:11 Uhr
Bounce Rate: Die 5 häufigsten Missverständnisse und Irrtümer
Die Bounce Rate ist eine der häufigsten KPIs in der Webanalyse. Über keinen Indikator kursieren so viele Missverständnisse und Irrtümer. Patrick Benner von Artus interactive klärt auf.
Von Patrick Benner, CEO von Artus interactive
Jeder, der mit Webseiten Geld verdienen will, weiss, dass die Bounce Rate wichtig ist. Mit ihr steht und fällt die Laune einer ganzen Branche, misst sie doch die Absprungrate. So entsteht leicht das Gefühl, alle anderen Metriken in Google Analytics seien zu Beiwerk verkommen, um sie zu relativieren. Doch nach wie vor gibt es zahlreiche Irrtümer in dieser Diskussion.
Um die Bounce Rate richtig zu interpretieren und die richtigen Schlüsse aus ihr zu ziehen, sind folgende Fehlannahmen zu vermeiden:
1. Die Bounce Rate ist eine "Single Page View Session"
Die grösste Fehlannahme bezüglich der Bounce Rate findet sich in einer weit verbreiteten Definition, nach der es sich bei einem Absprung, dem Bounce, um eine Session mit nur einem einzelnen Seitenaufruf handelt.
Anders gesagt: Die Einstiegsseite sei identisch mit der Ausstiegsseite. Allerdings greift diese Definition zu kurz, denn sie unterschlägt ein wichtiges Momentum. Auch Interaktionen auf der Seite, wie zum Beispiel der Klick auf einen Download-Button oder auf ein Video, welches dann auf der gleichen Seite abgespielt wird, durchbrechen den Bounce, wenn sie von Google Analytics als Events getrackt werden.
Als treffendere Definition bietet sich daher an: Ein Bounce ist eine Session mit nur einem einzelnen Seitenaufruf, der ohne weitere getrackte Interaktion stattfindet.
Als treffendere Definition bietet sich daher an: Ein Bounce ist eine Session mit nur einem einzelnen Seitenaufruf, der ohne weitere getrackte Interaktion stattfindet.
2. Eine hohe Bounce Rate ist immer etwas Schlimmes
Handelt es sich bei der besuchten Seite beispielsweise um eine Startseite, liegt es nahe, dass der vorgefundene Inhalt für den Besucher nicht relevant war und er sich deshalb nicht weiter durch das Angebot der Website geklickt hat. Ähnlich kann es sich verhalten, wenn die Seite darauf abzielt, ein Produkt oder eine Dienstleistung zu verkaufen und der Besucher die Seite ohne die gewünschte Interaktion verlässt.
Auch wenn die negative Einstufung einer hohen Bounce Rate in den meisten Fällen korrekt sein mag, muss sie nicht zwangsläufig immer richtig sein. Einen Bounce kann auch der Besucher verursachen, der eine Information gesucht und diese auf der aufgerufenen Seite gefunden hat. Und damit zeigt sich die grösste Schwierigkeit bei der Interpretation eines Absprungs: Entweder war der Besucher sehr unzufrieden oder aber sehr zufrieden.
Auch wenn die negative Einstufung einer hohen Bounce Rate in den meisten Fällen korrekt sein mag, muss sie nicht zwangsläufig immer richtig sein. Einen Bounce kann auch der Besucher verursachen, der eine Information gesucht und diese auf der aufgerufenen Seite gefunden hat. Und damit zeigt sich die grösste Schwierigkeit bei der Interpretation eines Absprungs: Entweder war der Besucher sehr unzufrieden oder aber sehr zufrieden.
3. Die durchschnittliche Besuchsdauer einer Seite bezieht sich auch auf abgesprungene Besucher
Weiterhin muss man vorsichtig sein, die hohe Bounce Rate einer Seite mit einer hohen Time on Site zu relativieren und dabei zu denken, solange der Besucher viel Zeit auf der Seite verbracht habe, wird er auch zufrieden gewesen sein.
Denn: Die Besuchsdauer der Besucher, die einen Bounce verursacht haben, wird von Google Analytics gar nicht getrackt und somit hat das Nutzerverhalten der Bounces überhaupt keinen Einfluss auf die Metrik "Time on Page".
Denn: Die Besuchsdauer der Besucher, die einen Bounce verursacht haben, wird von Google Analytics gar nicht getrackt und somit hat das Nutzerverhalten der Bounces überhaupt keinen Einfluss auf die Metrik "Time on Page".
Google Analytics misst die Besuchsdauer nur von Hit zu Hit beziehungsweise immer bis zur letzten messbaren Aktion eines Users - also bis zu einem Event oder einem Seitenaufruf. Die Zeit nach dem letzten Hit kann von Google Analytics nicht gemessen werden. Gemeint ist die Dauer, die ein Nutzer ohne weitere Interaktion vor dem Verlassen auf der Seite verbringt. Diese fliesst nicht in die Besuchszeit mit ein.
Bounces finden per Definition ohne trackbare Interaktion des Users statt und werden von Google Analytics immer mit einer Seitenbesuchsdauer von 00:00:00 ausgewiesen. Diese Zeit wird bei der Berechnung der durchschnittlichen Besuchsdauer einer Seite aller Besucher aussen vor gelassen und hat keinen Einfluss auf den Wert.
Page Impressions und Messung
4. Die Bounce Rate bezieht sich auf die gesamten Page Impressions
Falsch! Bounces werden per Definition nur für die Einstiege auf einer Seite gemessen. Die Prozentzahl, die Google Analytics für die Bounce Rate anzeigt, bezieht sich daher eben auch nur auf die Einstiege und nicht auf die gesamten Page Impressions. Trotzdem sehen in der täglichen Arbeit immer wieder ausgewiesene Experten Handlungsbedarf, weil beispielsweise die Bounce Rate auf einer Warenkorb-Seite extrem hoch sei. Was sie dabei vergessen: Eine Shopping-Basket-Seite ist in der Regel keine Einstiegsseite.
Mit anderen Worten: Verzeichnet der Shopping-Basket - wie im Beispiel zu sehen - eine Bounce Rate von 34,1 Prozent, bezieht sich dieser Wert nicht auf die 20.128 Page Impressions, sondern lediglich auf die 1.320 Einstiege. Ergo sind nur rund 450 User abgesprungen. Vielleicht trägt zu diesem häufigen Missverständnis auch bei, dass es im Deutschen kein richtiges Wort für "Bounce" gibt und "Absprung" nur eine unzureichende Übersetzung ist, da sie eben genau den Einstieg nicht umfasst.
Mit anderen Worten: Verzeichnet der Shopping-Basket - wie im Beispiel zu sehen - eine Bounce Rate von 34,1 Prozent, bezieht sich dieser Wert nicht auf die 20.128 Page Impressions, sondern lediglich auf die 1.320 Einstiege. Ergo sind nur rund 450 User abgesprungen. Vielleicht trägt zu diesem häufigen Missverständnis auch bei, dass es im Deutschen kein richtiges Wort für "Bounce" gibt und "Absprung" nur eine unzureichende Übersetzung ist, da sie eben genau den Einstieg nicht umfasst.
5. Die Messung der Bounces kann man nicht beeinflussen
Oh doch, das kann man, und zwar mit unterschiedlichen Events, die in Google Analytics getrackt werden, zum Beispiel dem Scroll-Verhalten der Besucher. Interessiert sich der Nutzer für den Inhalt der Seite und scrollt und hat man Google Analytics so konfiguriert, dass das Scroll-Verhalten getrackt wird, so wird sein Besuch auch dann nicht als Bounce gemessen, wenn er die Seite danach verlässt.
Es ist beispielsweise auch möglich, zeitgesteuerte Events an Google Analytics zu übergeben. Das erlaubt, die unterschiedliche Tiefe des Interesses zu messen. So kann nach fünf Sekunden ein Event "Interest" an Google Analytics geschickt werden und nach 20 Sekunden ein Event "Engaged". Beide Methoden verhindern, dass Besucher, die den Inhalt konsumieren, als Bounce gewertet werden. Und gleichzeitig erlauben sie darüber hinaus, unterschiedliche Tiefen des Engagements mit den Inhalten zu messen.
Kurzum: Richtig verstanden und genutzt, ist die Bounce Rate einer der wichtigsten KPIs für die Website-Analyse. Mit einfachen Mitteln kann die Messung durch simple Events erweitert werden und damit Aufschluss über die Qualität eines Website-Besuches geben.
Kurzum: Richtig verstanden und genutzt, ist die Bounce Rate einer der wichtigsten KPIs für die Website-Analyse. Mit einfachen Mitteln kann die Messung durch simple Events erweitert werden und damit Aufschluss über die Qualität eines Website-Besuches geben.