Ende der Doppelspitze
22.04.2020, 08:39 Uhr
SAP-Co-Chefin Morgan hört auf
Ein halbes Jahr lang wurde SAP von einer Doppelspitze geführt, doch in der Corona-Krise erwies sich das Modell als untauglich. Nun soll es doch wieder ein Chef allein richten.
Mitten in der Coronavirus-Krise und nach nur einem halben Jahr an der Spitze des Softwareriesen gibt SAP Co-Chefin Jennifer Morgan ihren Posten wieder auf. Ihr Chef-Kollege Christian Klein wird den Dax Konzern künftig allein führen, wie SAP in der Nacht zum Dienstag mitteilte. Die 48-jährige Morgan habe sich mit dem Aufsichtsrat einvernehmlich darauf verständigt, das Unternehmen zum 30. April zu verlassen. "Mehr denn je verlangt die aktuelle Situation von Unternehmen schnelles, entschlossenes Handeln und eine klare, hierbei unterstützende Führungsstruktur", hiess es in einer Mitteilung.
Morgan war die erste Vorstandschefin eines Dax-Konzerns überhaupt. Sie war im Oktober 2019 zusammen mit Klein an die Spitze des grössten Softwareherstellers Europas aufgerückt, nachdem sich Vorgänger Bill McDermott überraschend zurückgezogen hatte.
Damals hatte SAP die Doppelspitze als bewährtes Modell und bestens geeignet für den Konzern dargestellt. Nun hiess es, man kehre früher als geplant zu einem alleinigen Vorstandschef zurück, um eine starke, eindeutige Führungsverantwortung sicherzustellen. "Der Grund war der Ausbruch der Krise", sagte Klein. Einen genauen Zeitplan für die Rückkehr zum Einzel-Chef-Modell habe es nicht gegeben. Zugleich stellte er klar: "Das war keine persönliche Sache." Morgan und er seien sich einig gewesen, dass die Doppelspitze aktuell nicht geeignet gewesen sei.
Deutliche Gewinne im ersten Quartal
Der 39-Jährige steht nun allein vor der Aufgabe, den Konzern durch die Corona-Krise zu führen. Trotz aller Schwierigkeiten hat SAP im ersten Quartal einen deutlichen Gewinn eingefahren. Zwischen Januar und März verdienten die Walldorfer 811 Millionen Euro. Vor einem Jahr war erstmals seit fast 17 Jahren ein Quartalsverlust in Höhe von 108 Millionen Euro angefallen, weil SAP viel Geld in einen Stellenumbau gesteckt hatte. Auch die aktienbasierte Mitarbeitervergütung fiel dieses Mal deutlich schwächer ins Gewicht, weil der Aktienkurs nicht mehr so stark zugelegt hat. Viele Mitarbeiter bei SAP bekommen mit steigenden SAP-Aktienkursen auch mehr Geld.
SAP hatte bereits vorläufige Zahlen vorgelegt und wegen der Corona-Krise seine Jahresprognose zusammenstreichen müssen. Der Umsatz war im ersten Quartal noch um 7 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro gestiegen, gegen Ende hatte der Konzern aber schon die Auswirkungen der Krise zu spüren bekommen. Eine bedeutende Zahl von Neuabschlüssen sei verschoben worden, was sich vor allem in einem erheblichen Rückgang der Erlöse aus dem Verkauf von Softwarelizenzen widergespiegelt habe, hiess es.
Finanzchef Luka Mucic zeigte sich für das Geschäft in China zwar zuversichtlich. Dort habe sich die Lage Ende März in der Vertriebspipeline schon wieder deutlich gebessert. Doch insgesamt werde sich das Umfeld im zweiten Quartal noch einmal eintrüben. Kurzarbeit plant SAP aber deswegen nicht. SAP werde in der Krise auch weiter Mitarbeiter einstellen, sagte Mucic. Allerdings nicht so schnell wie ursprünglich geplant. Im ersten Quartal zog der Free Cashflow - also der Zufluss freier Barmittel - gegenüber dem Vorjahresquartal um 9 Prozent auf 2,58 Milliarden Euro an.
Für das gesamte Jahr 2020 rechnet SAP nun mit einem Umsatz in der Grössenordnung von 27,8 bis 28,5 Milliarden Euro (VJ 27,6) und einem bereinigten Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 8,1 bis 8,7 Milliarden Euro (VJ 8,2).