Google versus EU: Neuer Druck aus Brüssel

Auch Google hat einiges zu verlieren

Als Vorbild dienen Springer dabei Verwertungsgesellschaften wie die Gema und die VG Wort. Sie ziehen bereits seit Jahrzehnten Gebühren von Herstellern ein, die zum Beispiel Fotokopierer, CD-Brenner und Speichersticks herstellen - und verteilen die Gelder an ihre Mitglieder. Mit den Verwertungsgesellschaften steht Google auf Kriegsfuss - seit Langem treten die Verhandlungen mit der Gema über die Abgeltung von Gema-geschütztem Material auf Youtube auf der Stelle. Google reagierte auf das Leistungsschutzrecht umgehend: Es forderte von ­allen Medien, deren Nachrichten in Google News indexiert werden, eine Freistellungserklärung. Springer verweigerte sich - und registrierte daraufhin nach eigenen Angaben Traffic-Einbussen von bis zu 80 Prozent auf einzelnen Verlagsangeboten. Für Springer-Chef Mathias Döpfner ein Beleg für die marktbeherrschende Stellung Googles - dies möchte er im Verlauf des Verfahrens zwischen Google und der EU als Munition einsetzen.
Der Suchmaschinengigant versucht derweil, Freunde zu gewinnen. 150 Millionen Euro investiert er derzeit in die europäische Digital News Initiative, mit der Online-Projekte von Medienhäusern ­unterstützt werden. Zu den deutschen Mitgliedern zählen alle grossen Verlage - bis auf Springer: Angesichts der riesigen Google-Gewinne empfindet Döpfner den aufgelegten Fonds als zu mickerig: "Grants nehmen wir nicht an."
Nicht nur für die Europäer geht es in diesem Spiel um viel Geld, auch Google hat einiges zu verlieren. Wenn die förmliche Untersuchung der Kommission zu ähnlichen Ergebnissen kommt wie die US-Handelskommission FTC im Jahr 2012, dann könnte Google von der EU Verhaltensmassregeln im europäischen Raum aufgezwungen bekommen. Wie wirkungsvoll die im Einzelnen sein werden, muss sich erweisen.
Microsoft wurde vor zehn Jahren von der EU-Kommission beispielsweise dazu gezwungen, sein Betriebssystem Windows XP ohne Mediaplayer und mit einer Wahlmöglichkeit für verschiedene Browser auszuliefern, um Wettbewerbern einen besseren Zugang zum Markt zu bieten. Inzwischen kommt der meistverwendete Browser weltweit von Google und heisst Chrome. Noch schmerzhafter wären Wettbewerbsstrafen, sie können bis zu zehn Prozent des Jahresgewinns eines Unternehmens betragen. Auf bis zu 6,6 Milliarden Euro könnte der Bussgeldbescheid, den Google von der EU ausgestellt bekommt, nach Schätzungen von Experten lauten - falls ­Google nicht vorher weitreichende ­Zugeständnisse macht oder Kommissarin Vestager einknickt.
Doch die 47-jährige Dänin, Mitglied der sozialliberalen Partei "Det Radikale Venstre" gilt als hartleibiger als ihr Vorgänger Joaquin Almunia. Zwar betont sie, ihre Behörde wende nur geltendes Kartellrecht an, aber eines ist ihr wichtig: "Wer im europäischen Markt aktiv sein will, muss sich auch an das europäische Wettbewerbsrecht halten."




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