Marktplatz Convention in Köln 29.09.2021, 15:30 Uhr

Warum der Online-Marktplatz Avocadostore keine Avocados verkauft

Heute und morgen sprechen Experten auf der Marktplatz Convention über Themen rund um das Plattform-Business. Warum der Name des eigenen Marktplatzes so gar nicht nachhaltig ist, das Shopkonzept dahinter hingegen schon, hat Mimi Sewalski von Avocadostore verraten.
Ingrid Lommer (l.), Redakteurin INTERNET WORLD, und Mimi Sewalski, Geschäftsführerin Avocadostore GmbH
(Quelle: INTERNET WORLD)
Zur Marktplatz Convention in Köln diskutieren 30 Speaker in 22 Session zu relevanten Aspekten rund um das Plattform-Business. Die Nachfrage nach Vor-Ort-Tickets war so gross, dass die Premiere des Events schon Tage zuvor ausverkauft war. Gleichzeitig werden die Inhalte auf einer eigens konzipierten Eventplattform einem weitaus grösseren Publikum digital zur Verfügung gestellt. So auch das Interview mit Mimi Sewalski. Sie ist Geschäftsführerin der Avocado Store GmbH und hat heute mit INTERNET WORLD-Redakteurin Ingrid Lommer über ihre digitale Nachhaltigkeitsplattform für Eco Fashion und Green Lifestyle gesprochen.

Eine nachhaltige Alternative für jedes konventionelle Produkte

Seit 2011 baut Sewalski die digitale Nachhaltigkeitsplattform mit über 4.000 nachhaltigen Brands kontinuierlich und erfolgreich aus. Das Konzept: Für jedes konventionelle Produkt möchte Avocadostore eine nachhaltige Alternative bieten. Ob ein Produkt für den eigenen Shop in Frage kommt, wird anhand von zehn Nachhaltigkeitskriterien entschieden. Händler bewerben sich mit ihren nachhaltigen Produkten und erklären im Nachhaltigkeitscheck, was genau sie auf der Plattform vertreiben möchten. Ein Expertenrat unterstützt Avocadostore, sollte die Nachhaltigkeit eines Produktes in Frage gestellt werden, bei der finalen Entscheidung. Anschliessend können sich die Händler beim Online-Bezahldienst Stripe registrieren und ihre Produkte online stellen. 

Avocadostore setzt auf "radikale Transparenz"

Jede Produktbeschreibung im Webstore wird von Sewalski und ihrem Team redaktionell genau unter die Lupe genommen. Das Unternehmen kommuniziere transparent und genauso gehe man auch mit Shitstorm um. "Nicht jeder muss von heute auf morgen vegan werden, sich selbst Klamotten nähen oder auf das Auto verzichten", sagt Sewalski. Sie selbst sei auch nicht vegan und der Ansicht, irgendwo müsse man einfach anfangen, nachhaltiger zu handeln.
Viele Kunden gäben zudem Feedback, wenn sie sich über die Nachhaltigkeit eines Produktes nicht sicher seien – dieses nehme man ernst. Nachhaltigkeit sei ein ständiger Lernprozess und durch radikale Transparenz erhalte man Glaubwürdigkeit. "Kein Kunde erwartet, dass man von heute auf morgen komplett nachhaltig ist", so Selwalski. Ihr Rat: Drüber reden, die nächsten Schritte ankündigen und erklären, warum z. B. grüne Server noch nicht zu realisieren sind. Greenwashing versucht Avocadostore zu verhindern, indem die Produkte so präzise wie mögliche online beschrieben und alle Details hinterfragt werden. 

Kunden entwickeln sich nachhaltig

Wen Avocadostore als Kunden zählt? Auch diese Frage beantwortet Sewalski im Interview. Seit Fridays for Future habe der Shop die 20 bis 25-jährigen als Zielgruppe gewinnen können. Viele junge Menschen würden sich inzwischen mit dem Thema auseinandersetzen und auch ihre Eltern mit an Bord holen. Der altersmässig weit gestrickte Kundenkreis bestünde zu etwa 60 Prozent aus Frauen, umfasse viele Akademiker und junge Familien. Aber auch Mitfünfziger nennt Sewalski als Randzielgruppe. Das Thema Geschenke sei für diesen Kundenstamm besonders bedeutend. 
"Unsere Kunden sind bereit, mitzuwachsen und sich zu entwickeln", sagt Sewalski. Die Avocadostorekunden kauften zwar nur zwei bis dreimal im Jahr über den Shop, dafür blieben sie dem Unternehmen über Jahre hinweg treu und retournierten weniger als herkömmliche Kunden.

Ein bisschen nachhaltiger als der Mainstream

Avocadostore habe sich zu Beginn des Business für einen eigenen Marktplatz entschieden, da das Budget fehlte, um selbst Produkte einzukaufen. Also konzipierte das Unternehmen eine eigene Plattform. Inzwischen habe man sich aus der Nische heraus entwickelt und positioniere sich ein bisschen nachhaltiger als der Mainstream, sagt Sewalski. Das Level der Nachhaltigkeit sei in den letzten Jahren sehr gestiegen und Avocadostore habe das richtige Timing getroffen. 
Um möglichst nah am Kunden zu sein, setzt der Shop auf Content – zwei bis dreimal die Woche werde ein Newsletter versendet und man bespiele die gesamte Online-Marketing-Klaviatur von Social Media bis hin zu Affiliate Marketing. Aktuelle Topics im Unternehmen sind, eine nachhaltige Verpackung zu finden. Ausserdem möchte Avocadostore die Bereiche Marketing, Content, Logistik, UX und den Händlerservice weiter ausbauen. Geplant ist auch eine eigene App.

"Wir verkaufen alles ausser Avocado"

Aber wie kommt denn nun das Wort "Avocado" in den Firmennamen? "Wir verkaufen alles ausser Avocado", sagt Sewalski. Beim Anbau von Avocados werde viel Wasser benötigt – die beliebte Frucht ist daher alles andere als nachhaltig. Als der Öko-Trend und die Bewegung hin zu veganer Ernährung vor vielen Jahren aufkamen, war dieses durchaus wichtige Detail noch nicht so augenscheinlich. Vielmehr galt die Avocado sogar als Symbolfrucht für Nachhaltigkeit, so Sewalski. Nebenher stünde sie aber auch für gute Fette und man wolle mit der Namensgebung zum Diskurs anregen. Dafür benötige es nun mal die "Funfrucht" im Namen.

Autor(in) Julia Jeworowski



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