"Deckmantel eines Recyclingprogramms"
12.11.2021, 07:10 Uhr
Nike soll systematisch Neuware und Retouren zerstören
Recherchen der ARD zufolge soll Nike systematisch Neuware, die etwa als Retoure von Kunden zurückgeschickt wurde, zerstören. Laut Bundesumweltministerium verstösst Nike damit möglicherweise gegen deutsches Recht.
Amazon muss sich des Öfteren des Vorwurfs der Zerstörung von Neuwaren stellen. Jetzt steht Nike am Pranger: Recherchen der ARD, der "Zeit" und des Recherche-Startups "Flip" zufolge soll der Sportartikelhersteller systematisch Neuware, die etwa als Retoure von Kunden zurückgeschickt wurde, zerstören. Laut Bundesumweltministerium verstösst Nike damit möglicherweise gegen deutsches Recht.
Wie das Recherche-Kollektiv in einer Mitteilung schreibt, würde das Vorgehen dabei unter dem Deckmantel des Recyclingprogramms "Nike Grind" stattfinden, "mit dem der Konzern sich als besonders nachhaltig darzustellen versucht".
Nach den Recherchen werfen Mitarbeiter einer Recyclingfabrik im belgischen Herenthout neuwertige Schuhe in eine Maschine, in der die Schuhe anschliessend zerstört werden. Ferner würden den Redaktionen Belege vorliegen, dass es sich um von Kunden zurückgesandte Ware handelt.
Den Weg der Retoure
Die Recyclinghalle wird von Nike in Zusammenarbeit mit einem örtlichen Abfallentsorger betrieben. Die Reporter haben Sportschuhe direkt bei Nike auf deren deutscher Webseite bestellt und die Schuhe dann mit GPS-Trackern ausgestattet als Retoure an "Nike" zurückgeschickt. So konnten die Journalisten den Weg der Retoure verfolgen: Die Schuhe wären innerhalb kurzer Zeit in die Recyclinganlage in Herenthout gebracht und dann zerstört worden.
Rechtliches
Es ist in Deutschland verboten, gebrauchstüchtige Retouren zu vernichten. Christopher Stolzenberg, Sprecher des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, bezeichnet den Sachverhalt als möglichen Verstoss gegen das deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetz. "Gemäss der Abfallhierarchie hat die Abfallvermeidung oberste Priorität und Vorrang vor allen anderen Entsorgungsmassnahmen wie beispielsweise Recycling."
Danach müsse beim Vertrieb von Erzeugnissen dafür gesorgt werden, dass deren Gebrauchstauglichkeit erhalten bleibt und diese nicht zu Abfall werden. Die zuständige Landesbehörde müsse tätig werden, es drohe ein Bussgeld von bis 100.000 Euro. Da die Nike Deutschland GmbH in Berlin angemeldet ist, wäre die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz zuständig.
Das sagt Nike
Auf Anfrage sagt eine Nike-Sprecherin, dass zumindest Retouren, "die Anzeichen von einer möglichen Beschädigung oder Gebrauchsspuren aufweisen", zerstört und recycelt werden. Dass neue makellose Schuhe vernichtet werden, bestreitet der Konzern. Die Sprecherin schreibt: "Ungetragene und makellose Artikel werden zum Wiederverkauf in die Regale zurückgestellt."