Bundeskartellamt
12.04.2021, 13:02 Uhr
Liebherr muss Anforderungen für Händler im Online-Vertrieb lockern
Die Liebherr-Hausgeräte Vertriebs- und Service GmbH muss auf bestimmte Klauseln in ihren Vertriebsbedingungen verzichten. Diese hätten nach vorläufiger Auffassung des Bundeskartellamts zu einer Benachteiligung des Online-Handels geführt.
Liebherr vertreibt seine Haushaltsgeräte in Deutschland über die Liebherr-Hausgeräte Vertriebs- und Service GmbH. Eine bedeutende Marktposition hat Liebherr insbesondere bei Gefriergeräten und Weinkühlschränken. Die Produkte werden ganz überwiegend in einem sogenannten selektiven Vertriebssystem über autorisierte Händler verkauft. Markenhersteller wie Liebherr haben die Möglichkeit, Qualitätsanforderungen für den Vertrieb ihrer Waren aufzustellen. Dabei sollte es aber für die unterschiedlichen Vertriebskanäle mit rechten Dingen zugehen, sonst schaltet sich das Bundeskartellamt ein, wie im aktuellen Fall geschehen.
Zum Hintergrund
Anfang 2021 hat Liebherr als Hersteller einen neuen Vertriebsvertrag und im Zuge dessen auch den Liebherr-Performance-Rabatt eingeführt. Nach Beschwerden aus dem Markt untersuchte das Bundeskartellamt die Leistungskriterien, die ein Händler für den Erhalt von Rabatten erbringen muss und stellte fest: Im Online-Vertrieb der Liebherr-Hausgeräte Vertriebs- und Service GmbH gelten teilweise deutlich strengere Anforderungen als im stationären Handel, sobald Händler in den Genuss von Rabatten kommen wollen.
Dazu zählten Anforderungen an den Online Shop wie die Erreichbarkeit von Personal an Sonn- und Feiertagen zwischen 9 und 20 Uhr, die Lieferfrist für bestellte, nicht beim Händler vorrätige Ware sowie das Angebot bestimmter Zahlungsarten.
Die Entscheidung
Diese Regelungen benachteiligten nach vorläufiger Auffassung des Bundeskartellamtes neben reinen Online-Händlern insbesondere auch Multichannel-Händler, die sowohl ein Ladenlokal als auch einen Online Shop betreiben. Für diese galt, dass für den Erhalt des jeweiligen Rabattsatzes sämtliche Kriterien - sowohl online als auch offline - erfüllt werden mussten.
"Händler, die auf beiden Vertriebsschienen aktiv sind und die strengen Online-Vorgaben nicht erfüllen, laufen dabei Gefahr, den Rabatt auch im stationären Bereich einzubüssen. Solche Klauseln können dazu führen, dass die Attraktivität des Online-Verkaufs erheblich leidet oder manche Händler ihn sogar einstellen. Das ist kartellrechtlich nicht akzeptabel", erklärt dazu Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes.
Die Anforderungen machten dem Amt zufolge den preisaktiveren Online-Vertrieb wirtschaftlich unattraktiv. Das wiederum hätte den markeninternen Wettbewerb zwischen den Händlern von Liebherr-Geräten geschwächt.
Kriterien angeglichen
Liebherr erklärte sich bereit, diese Leistungskriterien an diejenigen für stationäre Verkaufsstellen anzupassen und die Erreichbarkeitszeiten wochenbezogen zu flexibilisieren. Damit seien die wettbewerbsrechtlichen Bedenken ausgeräumt.
Nach Aufforderung des Bundeskartellamtes hat Liebherr die in Rede stehenden Kriterien also angeglichen und flexibler gestaltet. "Verbraucher sollen somit auch in Zukunft von aktivem Preiswettbewerb zwischen den Händlern profitieren - und zwar online und offline", so Mundt.
Weitere Beschwerden
Die Kriterien zur Autorisierung der Händler, die Bestandteil des neuen Vertriebsvertrages sind, hat das Bundeskartellamt kartellrechtlich nicht beanstandet.
Weitere Beschwerden über die von Liebherr ab 2021 vorgenommene Reduzierung der Händlerverkaufsstellen in Deutschland um gut fünf Prozent ergaben in der kartellrechtlichen Prüfung ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine diskriminierende oder unverhältnismässige Art der Händlerauswahl. Zudem verpflichtete sich Liebherr, abgelehnten Händlern die Gründe der Auswahlentscheidung schriftlich mitzuteilen.
Im Rahmen seines Ermessens hat das Bundeskartellamt entschieden, das Verfahren einzustellen. Es wird jedoch selektive Vertriebssysteme bei Markenprodukten und insbesondere die Anforderungen an den Online-Vertrieb weiterhin "aufmerksam" beobachten.
Auch auf europäischer Ebene wird die Frage der kartellrechtlichen Bewertung von Online-Beschränkungen in selektiven Vertriebssystemen derzeit intensiv diskutiert. Dies steht im Zusammenhang mit der Überprüfung des europäischen Rechtsrahmens für solche Formen von Vereinbarungen durch die EU-Kommission.