Digitale Zwillinge erreichen die Fabrikhallen

Nachhaltigkeit durch virtuelle Zwillinge

Virtuelle Zwillinge werden aber auch bereits in ganz anderen Sektoren eingesetzt. So hat die Corona-Krise eindrücklich gezeigt, wie wichtig eine schnelle Entwicklung von Impfstoffen sein kann. Der britische Pharmakonzern Glaxo­SmithKline (GSK) hat sich deshalb mit Siemens und dem französischen IT-Dienstleister Atos zusammengetan, um die Herstellung neuer Vakzine mit digitalen Zwillingen zu beschleunigen. Zusammen mit den Partnern hat GSK einen ersten Proof of Concept entwickelt, der sich auf die Herstellung von Partikeln für Impfstoffzusätze konzentriert.
Nach Angaben von Matt Harrison, Head of Sciences, Digital Innovations and Business Strategy in Vaccines bei GSK, ist „durch den Einsatz von digitalen Zwillingen eine schnellere, weniger verschwenderische und kostengünstigere Entwicklung und Herstellung von Impfstoffen möglich“ geworden. Die Technik könne die Zahl der realen Experimente drastisch reduzieren. Das verhelfe wiederum Forschung und Entwicklung zu einer höheren Nachhaltigkeit, weil dafür in Zukunft weniger Materialien und Energie benötigt werden.

Eine ganze Stadt als digitaler Zwilling

Eine andere Einsatzmöglichkeit hat der schwedische Hersteller von Mobilfunktechnik Ericsson gefunden. Er nutzt die Omniverse-Plattform, um seine brandneue 5G-Technik virtuell zu testen. Dazu hat das Unternehmen einen virtuellen Zwilling der schwedischen Hauptstadt Stockholm mit allen Gebäuden erstellt, um damit die Verbreitung von Funkstrahlen zu berechnen. Die Simulation soll so wirklichkeitsgetreu sein, dass schon das Entfernen eines virtuellen Baums einen Einfluss auf die Funksignale hat. Ericsson will die Ergebnisse künftig verwenden, um die optimalen Standorte für neue 5G-Sendemasten zu finden.
Der Equipment-Hersteller Ericsson nutzt digitale Zwillinge, um optimale Standorte für 5G-Sendemasten zu finden.
Quelle: Ericsson
Ericsson hat eine virtuelle Kopie Stockholms erstellt, um darin die Ausbreitung von Funkstrahlen zu simulieren.
Quelle: Ericsson

Zwillingsmacher von AWS

Auch die Amazon-Tochter Amazon Web Services will das Erstellen digitaler Zwillinge mit dem im April dieses Jahres auf den Markt gebrachten Cloud-Dienst AWS IoT TwinMaker vereinfachen. Als Basis dienen wiederum reale Systeme wie industrielle Ausrüstungen, Produktionslinien, Gebäude und sogar ganze Fabriken. Nach Angaben von AWS bietet der Dienst alle benötigten Werkzeuge, um digitale Zwillinge mithilfe verschiedener Quellen wie Gerätesensoren, Videokameras oder Geschäftsanwendungen zu erstellen. Darüber hinaus soll es möglich sein, bereits existierende 3D-Modelle mit Daten aus der Echtwelt zu kombinieren.
Mit AWS IoT TwinMaker lassen sich reale Objekte in virtuelle Zwillinge umwandeln.
Quelle: AWS
Sobald ein neuer digitaler Zwilling erstellt ist, können Entwickler ein Plug-in für Amazon Managed Grafana verwenden. Mit diesem Cloud-Dienst lässt sich dann eine webbasierte Anwendung erzeugen, die den digitalen Zwilling auf Geräten abbildet, die die Anlagenbetreiber und ihre Wartungstechniker zur Überwachung und Inspektion der Anlagen und Industriesysteme nutzen. Amazon nennt als Beispiel den digitalen Zwilling einer Anlage zur Verarbeitung von Metallen. Dabei werden die Daten von den Sensoren der Anlage mit Echtzeitvideos der verschiedenen in Betrieb befindlichen Maschinen und ihrer tatsächlichen Wartungshistorie verknüpft. Anschliessend können die Entwickler Regeln einrichten, um zum Beispiel Alarm auszulösen, wenn Anomalien wie zu hohe Temperaturen im Ofen der Anlage auftreten.
Darauf basierend lassen sich dann frühzeitig Wartungen ansetzen, bevor der Ofen ausfällt. Zu den ersten Kunden, die AWS IoT TwinMaker laut Amazon nutzen, gehören der IoT-Plattformanbieter Carrier, der Textilhersteller Invista sowie der australische Hoch- und Tiefbaukonzern John Holland.




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